Kapitel 5

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Die Bahnfahrt verlief gut. Als ich zuhause ankam, begrüßten mich die Mädchen freundlich und umarmten mich. Es war ein gutes Gefühl hier Willkommen zu sein. Seit ich den Mädchen die Sache mit Ju erzählt habe, hatte ich das Gefühl, dass alles angespannt wäre. Aber das verflog schnell als Liv zu mir kam. ,,Na und geht es deinen Eltern gut?" fragte sie mich neugierig. ,,Ja." lächelte ich sie an. ,,Das ist schön." sagte Paula. Ich schaute sie an und fing an zu lachen. Sie lachte kurz mit, dann verschwand sie in ihrem Zimmer. ,,Ich mach mir ein Kakao. Willst du auch?" fragte mich Liv. Ich nickte und ging, während Liv den Kakao machte, ins Bad um mich bisschen frisch zu machen. Ich schminkte mich neu und trug Creme auf. Ich zog mich um und glättete meine Haare. ,,Jule? Wie siehst du denn aus? Wo gehst du denn hin?" schmunzelte sie mir zu. Ich wollte es eigentlich nicht sagen aber Liv ist meine beste Freundin. ,,Ju möchte mich sehen." sagte ich leise grinsend zu ihr. ,,Echt jetzt?" erwiderte sie verblüfft. Ich nickte als Antwort und schnappte mir die Tasse die Liv in der Hand hielt. ,,Wenn du mit dem zusammen kommst dann schreie ich." warnte sie mich aufgeregt und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. ,,Sags nicht so laut." zischte ich ihr zu, weil ich nicht wollte, dass die anderen Mädchen es erfuhren. Sie hob entschuldigend ihre Hände hoch. Ich trank mein Kakao und sah auf die Uhr. Es war schon kurz vor Mitternacht. ,,Ich muss los." sagte ich zu ihr und drückte die leere Tasse in ihre Hand. ,,Du wirst mir alles erzählen!" legte sie fest. Ich nickte nur noch, nahm meine Tasche und verschwand aus der Tür. 

So schnell ich konnte lief ich zum Dom. Es war schon 10 nach und ich bekam schon ein schlechtes Gewissen. Es war recht kühl. Bei der Eile habe ich tatsächlich meine Jacke vergessen. Etwas aus der Puste rannte ich zur Bank. Als ich dann endlich dort ankam, sah ich mich um. Kein Ju. Ich setzte mich hin um mich ein bisschen zu beruhigen. Ich hatte schon immer eine sehr miese Ausdauer gehabt. Die Ausdauer zu verbessern war einer von meinen vielen Zielen, die ich nie fertig kriegen würde. Als ich mich ein wenig beruhigte, schaute ich mich wieder um. Der Platz war wie leer gefegt. Es wehte ein bisschen Wind und das war auch schon alles. Ich sah auf mein Handy: 0:23 

War er etwa schon nach den 15 Minuten gegangen oder war er überhaupt hier? Ich war spät dran ja aber wo ist er? Ich wartete weiterhin und starrte auf die Bodenplatten. Ist Ju etwas dazwischen gekommen? Ist ihm was passiert? Vielleicht hatte er ja einen Unfall und kam jetzt nicht mehr weiter. Wenn er sich verletzt hätte? Okay nein ich musste an etwas anderes denken, sonst mache ich mir zu viele Sorgen. Vielleicht könnte ich ihm entgegen laufen. Warte mal. Wie sollte ich das anstellen? Ich hab doch keine Ahnung aus welcher Richtung er kommt. Seufzend überlegte ich weiter. Mittlerweile war es halb 1 und der Wind wurde immer kühler. Da ich nur ein T-Shirt trug war es ganz schön kalt. Ju hatte doch gesagt heute an diesem Platz oder nicht? Ich ging im Kopf nochmal genau unser letztes Treffen durch. Ja ich war mir ziemlich sicher. Heute hier um Mitternacht hatte er gesagt. Wo war er verdammt? Ich stand auf und ging in die Mitte des Platzes. Dann starrte ich zum Dom hinauf und war in Gedanken versunken. Ich bekam vom Wind Gänsehaut. Ich starrte wieder auf die Platten. Dann kam mir eine Idee. Ich holte mein Handy raus und schaute auf Twitter, Snapchat etc. was er zuletzt gemacht hat. Oder ob er mir per Direct etwas geschrieben hatte.  Aber er hatte heute noch gar nichts gepostet. Okay Fehlanzeige. Wieder ging ich zur Bank. Jetzt kam mir der Gedanke, dass es ihm wohl nicht wichtig war. Es war jetzt 0:40. Meine Hoffnung das er noch kam wurde mit jeder Sekunde kleiner. Er hatte mich vergessen. Sonst hätte er doch irgendwas auf Twitter oder so geschrieben. Ich brauche seine Nummer. Er würde mich wahrscheinlich gar nicht sehen vor lauter Nachrichten. Trotzdem schrieb ich ihm. ,,Ju? Wo bist du? Ich warte schon seit Ewigkeiten." 
Gesendet. Ich wartete 5 Minuten. Keine Antwort. Wieder wartete ich. Als es dann kurz vor 1 war, gab ich auf. Er würde nicht mehr kommen. Mit hängendem Kopf und übelster Gänsehaut am ganzen Körper ging ich nach Hause. Mir kamen die Tränen. Ju treffen? Nein. Es sollte wahrscheinlich ein Scherz gewesen sein. Tatsächlich hab ich mir mit ihm etwas vorgestellt. Wie blöd kann man sein und sich auf sowas einlassen? Zuhause angekommen schrieb ich Ju noch einige Nachrichten. Ich war extrem sauer aber auch enttäuscht. Mir liefen Tränen über die Wangen.

*Ju's Sicht*

Ich war bei den Apes und wir drehten ein Video. Seit langem drehten sie mal wieder eine Folge Let's Draw und sie haben mich gefragt, ob ich mitmachen würde. Da ich in Moment lange Einzelvideos gemacht habe, sagte ich zu. Diese Folge war Chaos. Nicht wie Chaos-Let's Draw. Aber laut. Nach dem Dreh ging ich heim.

 Ich musste noch die Endcart drehen von Hey Ju. Es hat mal wieder ewig gedauert, bis ich zufrieden war. Das Video sollte Morgen online kommen und ich habe noch nicht angefangen zu schneiden. Es wird eine lange Nacht. Ich machte mir etwas zu essen und setzte mich an meinem PC. Ich versuchte dieses Video so gut zu schneiden, wie noch nie. Dann legte ich eine kurze Pause ein und ging auf Twitter. Mehrere Nachrichten poppten auf und ich überflog die Nachrichten. Ich sah mir Tweets von Fans an, likte ein paar und wechselte dann zu Facebook. Auch da machte ich dasselbe und antwortete auf Nachrichten. Ich hatte schon längst den Überblick verloren. Aber ich versuchte trotzdem so gut es ging, vielen zu antworten. Die Reaktion war so ziemlich gleich. Trotzdem überwältigt mich das jedesmal und musste dabei grinsen. Dann fing ich an weiter zu schneiden. Wieder nach einer Stunde ging ich auf Twitter. Ich ging in die Direkt-nachrichten. Ich konnte die Namen teilweise gar nicht lesen, weil immer wieder neue Nachrichten ankamen. Aber dann sprang mir ein Name sofort ins Auge. Jule. Oh nein. Jule. Ich schaute auf die Uhr. 1 Uhr. Nein. Das Treffen!!! Ich schlug mir gegen die Stirn. Vor lauter Schneiden... Scheiße, wieso passiert sowas immer mir?  Sie hatte mir über 100 Nachrichten geschickt. Schnell las ich mir alle durch. Es waren unter anderem richtige Vorwürfe. Ich bekam so ein schlechtes Gewissen wie noch nie in meinem ganzen Leben. Wie konnte ich Jule vergessen? Wie fühlt sie sich jetzt? Als ich ihre letzte Nachricht las, brach es mir fast das Herz. "Wieso hast du mich überhaupt vom Lkw weg gezogen?" Ich atmete tief durch und schlug mich selbst. Noch bevor Vince oder Joon in mein Zimmer kamen, stand ich schon auf und verließ ohne etwas mitzunehmen das Haus.

 Ich rannte wie noch nie zum Dom. Dafür das es Nacht war, war Köln ganz schön belebt. Aber als ich dann am Dom ankam, war es wie ausgestorben. Ich lief ohne zu stoppen zur Bank. Ich sah kein Mensch. Jule war gegangen. Frustriert kickte ich gegen den Mülleimer, welcher scheppernd auf die Bodenplatten fiel. Ich schaute auf die Uhr: 1:06. Wie lange hat sie auf mich gewartet? Ich hab gemütlich geschnitten und sie hat hier draußen in der Kälte gewartet. Ich bekam nur noch mehr ein schlechtes Gewissen. Ich schlug mehrmals gegen eine Straßenlaterne Es passiert mir immer wieder. Jedes Mädchen verpasse ich. Jedesmal habe ich die Zeit vor lauter Schneiden vergessen. Und jedes verdammte Mal fragte ich mich, wieso ich ein so scheiß Perfektionist bin. Jule darf ich nicht verlieren. Nicht sie. Meine Hände waren schon wund geschlagen von der Laterne. Ich hörte auf und starrte den Mond an. ,,Fly me to the moon." sang ich ganz leise um mich nicht ganz so mies zu fühlen. Es wurde nur noch schlimmer. Mit Frust lief ich wieder nach Hause. Ich musste sie anrufen. Hätte ich doch bloß ihre Nummer verdammt. Ich hatte keine andere Wahl als ihr nur zu schreiben. Hoffentlich wird sie mir antworten. Jule. Jule. Jule. Mir geht der Name nicht aus dem Kopf. Jule. Jule. Jule. Wieso habe ich sie vergessen?  

Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt