SEVEN

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♫ Gavin DeGraw - She Sets The City On Fire

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Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, was genau Harry unter 'hässlich' versteht. Meine Definition von 'hässlich' erfasst jedenfalls vor allem oder vielmehr ausschließlich meine Homewear, die meinen täglichen Faultiermodus im Zuge einer Produktqualitätsprüfung garantiert illegal machen würde.

Ich zucke innerlich mit den Schultern und beschließe, das Schicksal herauszufordern. Mut zur Hässlichkeit war noch nie wirklich mein Problem. Es braucht dementsprechend nicht einmal fünf Minuten, bis ich im Chaos meines Kleiderschrankmonstrums fündig werde.

Ergebnis: Eine ausgewaschene Jeans, die im Schritt eingerissen gewesen ist, bis ich den Riss vergangenes Jahr leienhaft zugenäht habe - dementsprechend scheiße sieht das Ergebnis aus - und ein löchriges, verblichenes weißes T-Shirt, mit gelblichen Stellen an den Achseln und tödlichen Rotweinflecken, die selbst Mum nach einem ganztägigen Waschmarathon nicht beseitigen konnte.

Ich muss gestehen, mein kleines Fleckenproblem existierte nicht erst seit gestern, sondern bereits ein ganzes halbes Jahr. Solange hatte ich Mum schon nicht mehr gesehen.

Und ich selbst bin leider auch nicht gerade das, was man annähernd als  Waschexpertin bezeichnen könnte. Meine Qualitäten beschränken sich lediglich darauf, einfach alles achtlos in die Maschine zu stopfen, wahllos ein Programm auszuwählen, irgendein gerade so herumstehendes Waschmittel, das der Vorgänger im Waschsalon vergessen hat, einzufüllen und dann zu hoffen, dass nicht gerade das Lieblingsteil einläuft.

Im Handumdrehen schlüpfe ich nun in diese zwei Prachtexemplare meines Kleiderfundus und kombiniere dazu ohne großes Herumgeeiere meine ausgelatschten, froschgrünen Converse. Ha!

Der Blick in meinen Spiegel stimmt mich sichtlich zufrieden. Einfach unübertrefflich hässlich, perfekt für einen Tag im Dreck. Welche Sorte Dreck, das auch immer sein mag, ich finde jedenfalls, ich könnte nicht besser vorbereitet sein. Gewappnet für fast jede erdenkliche Schandtat.

Als es klingelt, angele ich mir meinen Rucksack vom Boden, schnappe mir den Schlüssel im Flur und ziehe keine Minute später die Wohnungstür voller innerem Tatendrang hinter mir zu.

Harry begrüßt mich unten vor dem Haus mit einem undeutbaren, schiefen Lächeln. Bei seinem Anblick ziehe ich misstrauisch die Augenbrauen hoch. Der Kerl ist mir in dieser Verfassung nicht wirklich geheuer. Als würde er etwas im Schilde führen. Gut, touché, ich sollte besser still sein, schließlich spiele ich inoffiziell - noch inoffiziell - auch nur mit ihm.

"Hast du heute morgen einen Clown gefrühstückt oder wieso bist du wieder in nervtötend bester Laune?", lasse ich als Begrüßung verlauten. "Den Stoff, den du genommen hast hätte ich jedenfalls auch gern."

Um Harrys Lippen spielt ein amüsiertes Lächeln. "Das muss wohl an deinem Anblick liegen, schätze ich."

"Was denn?", verteidige ich mich mit einem kleinen Schmunzeln um die Mundwinkel. "Du wolltest hässlich, hier hast du hässlich."

Zur Veranschaulichung drehe ich mich einmal lachend um die eigene Achse.

"Ich meinte damit, zieh dir etwas an, das dreckig werden kann", erklärt er sich und mustert mich dann von Kopf bis Fuß. "Aber ich sehe du hast meine Worte definitiv todernst genommen. Die Bezeichnung hässlich ist fast schon ein Kompliment", schlussfolgert er. "Aber...", fährt er weiter fort und hebt beschwichtigend die Hand, "...du siehst nichtsdestotrotz sexy aus."

Ich sehe ihn ungläubig an. "In diesem Dress?"

Harry zuckt daraufhin entschuldigend die Achseln und fährt sich grinsend durch die ungebändigte Dschungelminiaturausgabe auf seinem Kopf. Mhmhm. Er ist unleugbar heiß. Ich bezweifele, dass ich ihm widerstehen könnte, wenn er sich jetzt spontan dazu entschließen würde, über mich herzufallen. Verdammt.

20 Dates ▪ H.S. [SLOW UPDATES]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt