Regel Nummer 9: Halte dich fern von Rebellen Sympathisanten.
Regel Nummer 10: Jegliche Rebellen Aktivitäten sowie ihre Pläne und die Namen der beteiligten Personen, sind umgehend den Wächtern zu melden.
Nach ungefähr zwei Kilometern hörte ich auf zu weinen. Ich weiß nicht genau, ob es daran lag das ich so erschöpft war oder das jetzt der verspätete Schock einsetzte, jedenfalls fing ich an, die Umgebung klarer wahrzunehmen.
Wir fuhren über eine, in völlige Dunkelheit gehüllte Landstraße. Zu beiden Seiten der Straße sah ich im dämmrigen Scheinwerferlicht des Motorrads, dichte Wälder und Sträucher. Hier und da entdeckte ich einige, schiefstehende Straßenlaternen und alle paar Meter lagen Leitpfosten am Straßenrand.
Hier war seit Jahren niemand mehr durchgefahren. Die Straße war so kaputt, dass das Motorrad die ganze Zeit über holperte und langsam wurde mir schlecht. Ich fragte mich, wann der unbekannte Typ endlich anhalten würde.
,,Gleich da vorn ist ein gut geschütztes Versteck", rief er über das Brummen des Motors hinweg, als hätte er meine Gedanken gelesen. ,,Wir bleiben ein paar Stunden aber vor Sonnenaufgang müssen wir wieder los."
Ich erwiderte nichts, stimmte ihm jedoch stumm zu und krallte meine Finger in seine Lederjacke, als er abbog und das Motorrad leicht zur Seite kippte.
Wir ratterten über eine Wiese, nah am Wald. Aus der Ferne erkannte ich die Umrisse einer kleinen Hütte, die den Anschein machte, als würde sie jeden Moment in sich zusammen stürzen. Moos bedeckte das morsche Holz und Efeu hatte sich an den Seiten, bis zum Dach hinauf hoch gerankt. Ich war sicher, dass das ein gutes Versteck war. Wer würde denn freiwillig, fast drei Kilometer vom nächsten Sektor entfernt, in diese abrissbereite Hütte hinein gehen? Abgesehen von uns natürlich...
Das Brummen des Motorrads verstummte und ich stieg sofort von der Maschine. Motorrad fahren war eindeutig nicht mein Ding.
,,Ich bin Elijah", sagte der Fremde, stieg ebenfalls ab und hielt mir die Hand hin, als wollte er, dass ich sie schüttel. ,,Der An-"
,,Anführer der Rebellen. Unterwelt", unterbrach ich ihn, als ich mich an den Absender der Karte erinnerte und ignorierte seine ausgestereckte Hand. Wie hatte Kessy diesen Code entziffern können? Jetzt würde ich es niemals erfahren...
,,Das mit deiner Freundin tut mir leid", meinte er, ließ die Hand sinken und sah mich mitleidig an.
Ich betrachtete ihn etwas genauer. Der Scheinwerfer des Motorrads strahlte immernoch ein schwaches, orangenes Licht aus, sodass ich feststellen konnte, dass er eindeutig jünger war, als ich mir den Anführer der Rebellen vorgestellt hatte. Zwanzig, oder höchstens zweiundzwanzig.
Er hatte kurze, blonde Haare und hellblaue Augen. Die schwarze Lederjacke spannte sich über seine muskulösen Arme und ich sah den Kragen eines kaminroten Shirts unter seiner Jacke.
,,Du bist Medyson Denva, oder?", erkundigte er sich freundlich und lächelte leicht. Ich blickte weiterhin ausdruckslos zu ihm auf, die Arme vor der Brust verschränkt und fragte mich, ob er erwartete das ich sein Lächeln erwiderte. Wenn ja, dann erfüllte ich seine Erwartung nicht.
,,Meddy", verbesserte ich ihn und nickte dann zu dem Motorrad hinüber. ,,Willst du die Scheinwerfer nicht aus machen? Wir wollen doch nicht auffallen."
,,Keine Angst", beruhigte er mich und folgte meinem Blick. ,,Hier kommt keiner hin."
,,Welch eine Überraschung", murmelte ich und sah zu der alten Hütte hinüber. So etwas wie Luxus, hatte ich zwar nie gekannt aber mein Haus in Sektor 7 war wenigstens sauber und stabil gewesen. Komisch, dass ich jetzt, wo ich endlich frei war mein Haus vermisste. Ja, es war anstrengend gewesen von morgens bis abends auf den Feldern zu arbeiten aber ich war in Sicherheit gewesen, ich hatte Kessy gehabt, die mir immer zugehört hatte, wenn ich mich mal wieder über die Herrscher beschwert hatte. Kessy... Ich konnte einfach nicht glauben, dass sie nicht mehr da war.
,,Wieso wir?", fragte ich plötzlich in die Stille hinein und erwiderte seinen verwirrten Blick, immernoch ausdruckslos. ,,Ich meine, wieso haben wir die Karte bekommen."
Er seufzte, stämmte die Hände in die Hüfte und blickte, scheinbar nervös zu Boden.
,,Es ist... Kompliziert", meinte er dann aber ich ließ mich nicht abschütteln. Kessy war wegen dieser bescheuerten Karte gestorben. Mit es ist kompliziert, gab ich mich bestimmt nicht zufrieden.
,,Dann erklärs mir", erwiderte ich trocken. ,,Wir haben Zeit."
Abermals seufzend, ließ er sich in das Gras fallen und bedeutete mir, mich neben ihn zu setzten. Ich befolgte seinen Ratschlag, froh, dass er scheinbar doch nicht in die Hütte hinein wollte, und nahm neben ihm Platz, während er in die Ferne sah und anfing, mir alles zu erklären.
,,Wir haben im Hauptquartier eine Liste von ehemaligen Rebellenmitgliedern", fing er an, zupfte einen Grashalm aus dem Boden und wickelte ihn um seinen Zeigefinger. ,,Von einigen dieser Mitglieder wissen wir, dass sie Kinder haben und einige wenige Namen dieser Kinder, stehen ebenfalls auf der Liste."
Für einen Moment blieb mir die Luft weg. Er redete über meine Eltern. Meine Eltern, die ich seit beinahe vierzehn Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ich konnte mich kaum noch an sie erinnern ich wusste nur, das sie kurz nach meinem fünften Geburtstag plötzlich verschwunden waren und ich alleine in Haus 9 leben musste. Hatten sie mich etwa für diese Rebellen verlassen? Der Gedanke war so schmerzhaft, dass ich ihn sofort wieder verwarf. Sie hatten bestimmt ihre Gründe gehabt. Wichtigere Gründe...
,,Und unsere Namen standen da drauf?", fragte ich verwundert.
Elijah nickte, dann fing er wider an zu sprechen während er wahllos Gras heraus riss.
,,Nur wissen wir nie wirklich, wie diese Kinder ticken", meinte er. ,,Sie könnten anders als ihre Eltern sein. Vielleicht sind sie Ratten oder ihnen gefällt das System. Deswegen schleusen wir Spione in jedem Sektor, in dem eines dieser Kinder ist, ein. Einer dieser Spione, Dean, hat gehört wie du und Kessy über die neuen Regeln gesprochen habt. Er ist zurück ins Hauptquartier gefahren und hat mich benachrichtigt. Später habe ich mich dann selbst in Sektor 7 eingeschlichen und habe die Karte auf Kessys Bett gelegt. Ich habe gesehen wie sie in dein Haus gegangen ist und gewartet bis ihr heraus kommt aber ihr kamt nicht und dann hab ich gedacht..."
,,Du dachtest wir wollen nicht", stellte ich fest, den Blick auf die Straße gegenüber gerichtet aber aus dem Augenwinkel sah ich, dass er nickte.
,,Ich wollte gerade verschwinden als ich die Sirenen hörte", meinte er und den Rest musste er mir nicht erzählen. Ich sah alles noch genauso vor mir, wie vor ein paar Stunden. Der Deckel, der von der Tonne gefallen war, als Kessy sich hinstellen wollte. Die Scheinwerfer, die Sirene, die Schüsse und Kessys leblosen Körper am Boden...
,,Hätte ich gewusst, dass ihr doch abhauen wollt, dann wäre ich in der Nähe geblieben und hätte euch sofort geholfen" sagte er und sein Tonfall klang entschuldigend, als wäre es seine Schuld, dass Kessy gestorben war aber ich machte ihm keine Vorwürfe. Es war meine Schuld. Ich hätte mich nicht auf diese Sache einlassen sollen. Ich hätte ihr sagen sollen, dass das Quatsch war. Ich hätte ihr diese ganze Sache einfach Ausreden sollen. Aber jetzt war es zu spät...
,,Können wir weiter fahren?", fragte ich ihn leise. Ich war zwar nicht begeistert von der Vorstellung wieder auf das Motorrad steigen zu müssen, aber ich wollte auch nicht in dieser Stille dasitzen und meinen negativen Gedanken lauschen.
,,Ja", antwortete er, stand auf und zog mich ebenfalls auf die Beine.
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Graue Welt - Falle niemals auf
Научная фантастикаVor fünfzig Jahren eroberten Außerirdische unseren Planeten. Sie kamen mit riesigen Raumschiffen, ganzen Flotten, aus dem Weltraum und unterwarfen die Menschheit, die wegen den Kriegen und all den Nöten die herannahende Gefahr nicht kommen sah. Die...