4. Kapitel

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John war unendlich froh darüber, dass Sherlock ihn auf sein Gestarre nicht angesprochen hatte, nachdem er in ihr Zimmer zurückgekehrt war. Außerdem war er froh, dass Sherlock sich umgezogen hatte und im Pyjama im Bett lag.

Aber John wollte wissen, warum Sherlock diese Klamotten getragen hatte.

In der nächsten Woche fiel am Dienstag sein Wahlpflichtfach aus, weil sein Sportlehrer sich kurz vorher einen Zeh gebrochen hatte.

Etwas ärgerlich machte er sich deshalb wieder auf den Weg zurück in sein Zimmer. Er hatte sich unnötig umgezogen und sich unnötig beeilt. Zudem wäre er viel zu früh dagewesen.

Als er um die Ecke bog und schon das Oberstufengebäude sehen konnte, bemerkte er, wie jemand dieses verließ. Es war Sherlock und er ging zu einem Gebäude, in dem John bisher nicht drin gewesen war, wovon er aber wusste, dass dort andere Wahlpflichtfächer stattfanden.

Er biss sich auf die Lippe. Sherlock trug wieder diese Jogginghose und das weiße T-Shirt. Es musste also mit seinem Wahlpflichtfach zusammenhängen.

Neugierig folgte John Sherlock. Welchen Kurs hatte er gewählt, für den er diese Klamotten brauchte?

John hatte bereits einen Verdacht, aber er wollte sichergehen. Mit genügend Abstand ging er hinter Sherlock her und sah gerade noch wie er einen Raum betrat.

Zu welchem Kurs gehörte er?

"Oh, hallo John."

Er zuckte zusammen und drehte sich um. Er fühlte sich ertappt, aber vor ihm stand nur Molly Hooper.

Sie war zwei Klassen unter ihnen und stand offensichtlich auf Sherlock. Spionierte sie ihm etwa auch nach? Aber das tue ich ja gar nicht, dachte John.

"Molly. Hi. Wie geht's?", fragte er.

"Mir geht's gut. Was ist mit deinem Wahlpflichtfach?"

"Ausgefallen. Mr Bricks hat sich einen Zeh gebrochen. Ähm, was ist mit deinem?" John fiel ein, dass er gar nicht wusste, welchen Kurs sie gewählt hatte.

"Ich bin grad auf dem Weg dahin."

"Molly, wir fangen jetzt gleich an. Bist du soweit?"

John drehte sich erneut um. Aus einem Raum, eine Tür weiter, kam eine Frau, von der er glaubte, dass sie Mrs Reed hieß.

"Ich komme sofort. Bye", sagte sie zu John gewand.

"Tschüss."

"Was ist mit dir?", fragte die Frau freundlich.

"Mein Kurs ist ausgefallen."

"Ah, wegen Mr Bricks, richtig?" Er nickte. "Möchtest du bei uns mitmachen?"

"Welchen Kurs haben Sie?"

"Ich leite das Tanzen."

"Oh, tut mir leid. Ich glaube, das wäre nicht so gut."

"Du kannst auch einfach nur zugucken. Wir haben genügend Platz."

John überlegte. Er hatte nicht sehr viele Hausaufgaben, nur Chemie, und dafür bräuchte er Sherlocks Hilfe. Also nickte er und folgte Mrs Reed in den Raum.

Molly winkte ihm begeistert zu und band ihre braunen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen.

Er setzte sich in die hinterste Ecke und war ein bisschen erstaunt, dass sich fast genauso viele Jungs wie Mädchen in dem Raum befanden.

Mrs Reed redete noch mit ein paar Leuten und dann ging noch mal die Tür auf. Zwei Mädchen kamen herein, gefolgt von - Sherlock???

John sah ihn mit großen Augen an und ihm fiel auf, dass die anderen Jungen ungefähr das gleiche trugen wie Sherlock.

Sherlock hatte sich also fürs Tanzen als Extrakurs entschieden. John fragte sich, warum er ihm das nicht erzählt hatte. War es ihm peinlich? Aber immerhin war er ja nicht der einzige Junge. Doch John musste zugeben, dass er damit nicht gerechnet hatte.

Er hätte nie gedacht, dass Sherlock sich fürs Tanzen interessierte. Er mochte Wissenschaft, Mathe, Chemie und interessierte sich für sehr makabre Dinge und für Experimente. Tanzen passte irgendwie nicht zu ihm.

Nach zwanzig Minuten musste John diese Aussage allerdings revidieren. Tanzen passte zu Sherlock.

Er war froh, dass Sherlock ihn bisher nicht gesehen hatte. Er wusste nicht, ob er dann abhauen sollte oder nicht. Aber so konnte er Sherlock in Ruhe beobachten und es war einfach der Wahnsinn mit welcher Eleganz er sich bewegte.

John wusste, dass das, was er hier machte, nicht gut war. Eigentlich hätte er Sherlock gar nicht folgen dürfen. Er würde seine Neugier ja verfluchen, wenn er nicht so beschäftigt damit wäre, Sherlock unauffällig zu betrachten.

Er sollte gehen. Er sollte aufhören. Er sollte in Ruhe darüber nachdenken, was er hier eigentlich machte.

Aber er wusste es bereits. Er wusste, was hier geschah, auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte.

Irgendwann würde Sherlock ihn sehen. Und dann? Was würde er dann machen, dann sagen? Wie würde er es erklären?

Dass er nicht gehen konnte? Dass er seinen Blick nicht von Sherlock abwenden konnte?

Es lag nicht nur an seinem Körper. Klar, das T-Shirt betonte sehr seinen Oberkörper und auch wenn Sherlock sehr dünn war, so konnte man doch sehr deutlich die feinen Muskeln unter seiner Haut erkennen. Es war toll, wie er sich bewegte.

Aber es lag an dem Ausdruck in seinem Gesicht, dass John nicht wegsehen konnte. Er sah so entspannt und friedlich aus, fast als ob er mit sich selbst im Reinen wäre. Ein kleines, stilles Lächeln lag auf seinen Lippen und seine Wangen waren leicht errötet von der Anstrengung. Und seine Augen, die ständig die Farbe wechselten, je nachdem wie das Licht fiel, die strahlten wie John es bisher nicht gesehen hatte.

Er war wunderschön.

Und John machte sich endlich bewusst, dass er gerade dabei war, sich in den süßen, tanzenden Jungen vor ihm zu verlieben.

Er lächelte und schüttelte leicht den Kopf. Er musste darüber nachdenken, später, wenn er im Bett lag, und darüber, was es bedeutete.

Doch jetzt wollte er diesen Moment genießen, wenn er in Ruhe Sherlock bewundern konnte.

Aber dann war der Moment vorbei, Mrs. Reed sagte, dass sie eine kleine Pause machen würden, und Sherlock drehte sich um.

Ihre Blicke trafen sich und das freudige Strahlen in seinen Augen verschwand, als er John erst ungläubig und dann voller Wut anstarrte.

It's Always You - Teen!lock & Johnlock (German)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt