Ride

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Eine weitere Ferienwoche verging schleichend und noch immer wusste ich nichts mit mir anzufangen. Mittlerweile begann ich sogar schon die Schule zu vermissen. So hätte man wenigstens einen Grund morgens aufzustehen und man fühlte sich nicht vollkommen nutzlos.
Umso mehr freute ich mich auf die bevorstehende Nachhilfestunde. Das würde diesem ereignislosen Tag ein wenig Sinn verleihen. Das einzige was mir Bauchschmerzen bereitete war die Tatsache dass ich keinen blassen Schimmer davon hatte was mich danach erwarten würde.

Ich war etwas früh dran und stieg eine Station eher aus, um die Zeit auszufüllen. Vieleicht auch um mich ein bisschen abzulenken. Also beschloss ich eine Weile durch die Straßen zu bummeln. Ich zwengte mich mühsam aus dem überfüllten U-Bahn Tunnel, hinaus auf die Straßen von Seoul.

Die Einkaufsstraßen waren bis in die letzten Ecken vollgestopft mit unzähligen Läden, grellen Anzeigetafeln, Essensständen und Karaoke Bars.
Man könnte meinen in so einer pulsierenden Stadt wäre es so gut wie unmöglich sich zu langweilen. Aber nach all den Jahren hatte ich einfach keine Lust mehr. Ich würde gerne auf den ganzen Schnick-Schnack verzichten, auf all die bunten Verpackungen, Lichter und Fassaden, hinter denen sich nicht viel versteckt. Ich würde auf das alles verzichten und in einer kleineren Stadt leben, denn diese Großstadt war mittlerweile eintönig geworden.
Es bleiben nunmal nur Verpackungen, Lichter und Fassaden. Nichts weiter.

Ich bog in eine Seitenstraße ein, blieb vor einem Diner stehen und legte den Kopf in den Nacken, in der Hoffnung ein Stückchen blauen Himmel entdecken zu können. Es war ein sonniger Tag, wovon man in diesem Meer aus Gebäuden und Menschen nur etwas mitbekam, wenn man die Augen vom grauen Asphalt löst und seinen Hals streckt.

Ich senkte meinen Blick wieder, wobei mit ein Zettel ins Auge fiel, der an der Fensterfront des kleinen Diners befestigt war. Ich kam einen Schritt näher. "Aushilfe als Bedienung gesucht.", murmelte ich vor mich hin.
"Flexible Arbeitszeiten. Ferienjob."

Ohne zu zögern zückte ich mein Handy heraus und machte ein Foto von der Anzeige

~~~

"Danke für die Hilfe Mina. Ich glaube so langsam kriege ich es hin."
Eine Stunde später, nachdem ich Jae die "If-clauses" gefühlte acht Mal erklärt hatte, waren wir endlich fertig. Und obwohl es anstrengend war durchgehend in ein ahnungsloses Gesicht zu schauen, wenn man ihm eine neue Aufgabe unter die Nase schob, war es doch ganz schön gewesen. Bevor seine Mutter zu einem Meeting verschwunden war, hatte sie mir noch schnell einen Briefumschlag mit Geld zugesteckt und uns beide mit Keksen versorgt.

Bevor ich mir die Tasche über die Schulter warf und mich von Jae verabschiedete, schaute ich noch einmal auf meine Uhr. 17:30, genau um diese Zeit war ich auch das letzte mal aus der Wohnung gegangen.

Sehun wird mich doch nicht wirklich abholen? Wahrscheinlich hatte er längst vergessen, dass wir überhaupt je geredet haben. Er hat sich einfach nur vertan.

Ich verließ das Gebäude um mich auf den Weg nach Hause zu machen. Doch anstatt weiterzugehen zögerte ich und blieb am Bordstein stehen.
Die Straßen waren laut und zu jeder Zeit voll befahren. Vergeblich versuchte ich mir einen Überblick von dieser Hektik zu verschaffen. Das Hupen der genervten Autofahrern verschmolz zu einem allgemeinen Dröhnen und von dem Gestank der Abgase eines vorbeischnellenden Lasters wurde mir schwindelig.

Plötzlich kam ich mir lächerlich vor, wie ich am Straßenrand stand und mich umschaute. Als würde ich wirklich denken er käme wegen eines durchschnittlichen Mädchens wieder. So sind Idols nunmal, dachte ich mir. Warum hatte ich auch etwas anderes erwartet.

Ich schüttelte den Kopf um diese Gedanken wieder loszuwerden und drehte mich auf der Ferse um, um weiterzugehen.
Leider beachtete ich dabei das Auto, das hinter mir hielt, nicht und machte gerade meinem ersten Schritt, als jemand die Tür aufriss.
Eine kräftige Hand umfasste meinen Arm, sodass ich rückwärts stolperte und auf einem Autositz landete.

"Tür zu!", rief Sehun.
"Was?" Es war so schnell passiert, dass mein Kopf nicht hinterher kam. Weil ich ihn nur anstarrte ohne mich zu rühren, griff er über mich hinweg und schloss die Tür.
"Was soll denn das?!", sagte ich panisch als der Fahrer des Vans ohne Einwilligung losfuhr. Sehun saß auf neben mir auf der Rückbank und fuhr sich durch die braunen Haare. "Du willst doch nicht, dass wir erwischt werden.", sagte er und hob spielerisch einen Mudwinkel. "Was schaust du so überrascht, ich hab mich doch angekündigt."
Das war also doch ernst gemeint.

Er beugte sich nach vorne und tippte dem Mann im Anzug auf die Schulter.
"Wenn Sie einen Block weiter fahren und dann rechts abbiegen, können sie einfach in einer Sackgasse halten."
Der Mann nickte zustimmend und befolgte seiner Anweisung.

Als wir in einer engen, leeren Straße stehen blieben, verließ der Fahrer den Van.
"Gib uns ungefähr 10 Minuten, dann bringen wir sie wieder nach Hause", sagte Sehun noch, bevor die Fahrertür schließ. 

Ganz im Gegensatz zu der Außentemperatur, war es hier dank der Klimaanlage angenehm frisch. Trotzdem merkte ich wie die Hitze langsam in mir hochkroch.
Ich drehte den Kopf zur Seite und sah Sehun direkt in die Augen.
"Schon eigenartig.", sagte ich und kniff die Augen prüfend zusammen.
"Ich hab weder den Fernseher angeschaltet, noch eine Zeitschrift aufgeschlagen, aber trotzdem sehe ich dich genau vor mir."
Er merkte nicht wie ich meine Hände im Schoß zusammenfaltete weil sie begannen leicht zu schwitzen.

"Gut, also...wie ich letztes Mal schon gesagt habe, ich brauche deine Hilfe.", fing er an. "Ich weiß, ich kenne dich nicht und ich bin die Sache ein bisschen komisch angegangen. Aber ich weiß nicht auf welche Weise das hier nicht komisch sein kann.", er sah kurz aus der verdunkelten Scheibe auf die leere Straße und musste schmunzeln.
"Lass mich erklären warum ich dich brauche. Ich muss SM Entertainment verlassen. Besser gesagt ich will."
"Warum willst du SM verlassen? Ich dachte ihr werdet extrem gut bezahlt."
"Darum geht es hier nicht. Jedenfalls wollen sie mich wegen dem Vertrag nicht gehen lassen. Bei mir ist es etwas komplizierter als bei Luhan, Kris und Tao. Ich bin verpflichtet.", er hielt inne. Es sah aus als ob er sich sammeln musste. "Das einzige was die dazu bringen würde mich gehen zu lassen, oder in diesem Fall mich rauszuwerfen wäre...nunja wäre ein Skandal."
Sehun klang nicht länger so selbstbewusst wie zu Beginn. Seine Augen waren schon fast flehend. Er redete als hätte er Angst mich zu verscheuchen.
"Und wozu besprichst du das mit mir? Tut mir leid aber ich verstehe nicht in wie fern ich in der Lage bin dir zu helfen. Warum vertraust du gerade mir so etwas an?" Es gibt unzählig viele andere Menschen in dieser Stadt.
"Du siehst vertrauenswürdig aus.", antwortete er. "Ich brauche jemanden der vorgibt meine Freundin zu sein. Einen Fan. Das wird uns strengstens verboten. Allgemein sind Beziehungen schlecht für das Image."
"Ich bin noch nicht einmal ein Fan."
"Ich weiß." Er musste lachen. 
"Desswegen ja. Du redest mit mir als wäre ich dein Nachbar. Das gefällt mir. Das macht es nicht so kompliziert."

"Du möchtest also Schlagzeilen machen indem wir so tun als wären wir zusammen?"
"Richtig"
"Wie kommst du darauf, dass ich das einfach so mitmache?"
"Ich werde dich bezahlen, wenn wir es schaffen. Du kannst es dir überlegen, ich kann dich ja nicht zwingen." Er kramte einen Papierschnipsel aus seiner Hosentasche und streckte ihn mir entgegen.
"Was ist das?", fragte ich und griff zögernd danach.
"Schreib mir wenn du dich entschieden hast."

"Wir werden sehen.", sagte ich. Dabei hatte ich mich schon längst entschieden.
Ich ließ den Schnipsel vorsichtig in meine Tasche fallen. "Ich bin übrigens Mina."

Ahh ich hocke hier an meinem Schreibtisch mit ner Tasse Tee und meinem Schreibblock. Was braucht man mehr? Wow dieses Kapitel ist ja lang geworden, was ist passiert?

Genießt die Ferien! ~Jacky

Artificial Love  [EXO Fanfic, Sehun]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt