2. Kapitel

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POV Jera
Die Sonne war schon untergegangen, als ich die bepackte Tasche auf meinen Rücken gab und den ersten Schritt der Reise aus der Tür machte. Ich hatte mich noch von Tante Poppy, die sich zusammenreißen müsste, um nicht zu weinen, herzlichst verabschiedet und meinem Onkel einen Zettel hinterlassen. Das Wetter war angenehm, noch etwas kühl, da es noch Frühjahr war.

Meine Kleidung hatte ich natürlich auch angepasst. Ich trug eine dunkelbraune Hose, die ein wenig übers Knie ging, ein weißes Hemd mit schwarzen senkrechten Streifen, die Ärmel zum Ellenbogen hoch gekrempelt. Das hellblaue Sako hatte ich über die Tasche gelegt.

Noch einmal atmete ich tief durch und machte mich endlich auf den Weg. Innerlich freute ich mich wie ein kleines Kind, dass ich mich auf ein Abenteuer eingelassen habe, doch je näher ich Beutelsend kam, fragte ich mich immer mehr, ob es denn eine gute Idee war, Gandalf zu zustimmen. ,,Du bist ein Narr, Jeresina Tuk!", dachte ich mir und bekam ein schlechtes Gewissen. ,,Gehst auf eine Reise, mit der junge Hobbitfrauen nichts zutun haben!"
War nur gut, dass ich keine Selbstgespräche führte, denn sonst hätte Frau Weißblume, die ich freundlich grüßte, mich sehr verwirrt angesehen.

Erst nach einigen Minuten bemerkte ich, wie still es um mich herum war. Zuvor hatte ich nur meine Gedanken schreien gehört, doch jetzt blieb ich stehen, um die Ruhe zu genießen. Ich sah dem Fluss zu, wie er gemütlich dahin plätscherte und versank in Erinnerungen.

Stapf..stapf..stapf

Ich kam wieder in die Realität zurück und suchte mich nach den Störenfried um und fand eine dunkle Gestalt langsam auf mich zu gehen. Ein Hobbit war es jedenfalls nicht, denn beim Gehen machten wir nicht solch lauten Geräusche. Für einen Elben oder Menschen war die Gestalt zu klein und die Schultern etwas zu breit. Sie kam geradewegs auf mich zu, wollte nicht ausweichen, mich nicht ignorieren.

An dieser Stelle musste ich anmerken, dass der Himmel schon zur Gänze schwarz gefärbt und die vielen Sterne und der Halbmond zu sehen waren. Deswegen konnte ich die Person nicht wirklich erkennen, bis sie mir nun gegenüber stand.

,,Entschuldigung, dürfte ich Euch etwas fragen?", sagte der Unbekannte leise, nachdem wir uns für einen Moment angestarrt hatten. Er faltete die Karte in seiner Hand zusammen und legte die Kapuze zurück und ich  erkannte nun sein Gesicht, welches nur einem Zwergen gehören konnte. Seine Augen hatten ein wunderschönes Blau, so dunkel wie die Nacht und sie leuchteten etwas im schwachen Mondlicht. Um seinen schmalen Mund hatte er einen kurzen dunklen Bart, der für Zwerge eigentlich länger sein sollte. Er trug seine Haare offen, die von grauen Strähnen geprägt waren, bis auf den zwei geflochtenen Zöpfen vor den Ohren.

,,Natürlich, was möchtet Ihr wissen?", lächelte ich und sah auf sein Wegverzeichnis.

,,Könntet Ihr mir bitte erklären, wo Beutelsend liegt?", er breitet die Landkarte aus und gab sie mir. Es war ihm anscheinend etwas peinlich, denn er wollte mir nicht ins Gesicht blicken.

,,Was hat er bei Bilbo vor?" Ich sah ihn fragend an und er bemerkte sogar meinen Blick. ,,Mir ist bewusst, dass ich es lassen sollte, solche Fragen zu stellen, aber ich würde gerne wissen, welche Pläne Ihr bei Herrn Beutlin habt?", fragte ich unsicher.
Zum ersten Mal schaute er mir vollends in die Augen. Danach fiel ihm mein Gepäck auf. Sofort fügte ich hinzu: ,,Denn ich war auf dem Weg zu ihm und wollte nur wissen, was er mit Euch zutun hat." Die kleine Denkfalte an seiner Stirn verschwand und er zog seine Augenbrauen etwas nach oben, dann fiel sein Blick auf meine Füße.
,,Dann müsst Ihr der zweite Halbling sein", meinte der Zwerg und beobachtete mich. Ich wurde etwas nervös und begann mit den Fingern an meinem Ärmel zu spielen. ,,Kommt, gehen wir gemeinsam."

Sein sanftes Lächeln ließ mich ein bisschen besser fühlen und nach den ersten paar Schritten blieb er stehen und hielt mir seine Hand entgegen. ,,Es tut mir leid, ich hatte mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Thorin Eichenschild und wie heißt Ihr?"

,,Himmel, sei mir gnädig! Ich redete mit Thorin Eichenschild höchstpersönlich! ", ich konnte für kurze Zeit an nichts anderes denken. Er, der König des Königreichs Erebor, Sohn von Thrain, sprach mit mir, einem Hobbitmädchen, welches noch nie in Kontakt mit Adeligen gewesen war, als würden wir uns länger als fünf Minuten gegenüber stehen.

,,Ich heiße Jeresina. Jeresina Tuk", brachte ich doch noch hervor, musste aufpassen, nicht vor ihm auszurasten und schüttelte zögerlich seine Hand. Wieder lächelte er und ich schmunzelte. Gemeinsam gingen wir bis zu der großen runden Tür, die zu Beutelsend gehörte und Thorin klopfte laut an.

13 Zwerge, ein Zauberer und zwei HobbitsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt