Sommerfeuer und Herbstmelancholie

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"Ich weiß was du letzten Sommer getan hast. Du auch, oder?"
"So?", fragte ich die leise, unterbewusste Stimme in meinem Kopf amüsiert.
"Und was bitte weißt du?", fahre ich neugierig fort.
Ich höre das herzliche Lachen meiner eigenen Gedanken während mir die tiefstehende Sonne in die Augen fährt und meine merkwürdig grüne Iris zum Leuchten bringt.
"Alles", flüstert sie.
Und dann stößt sie die Schleuse weit auf.

I'm reaching out wide
Trying to catch myself before I fall
Too little too late
Can you save me ? ...

Meine Mundwinkel verziehen sich glücklich bei all den Erinnerungen, die hier in dieser Ewigkeit über mich hinein brechen.
Hier oben, unter dem zart blauen Herbsthimmel als ich auf dem Berg an der Brüstung des barocken Geländers stehe.
Ein Blatt löst sich im sanften Wind und segelt träumerisch hinab zu meinen Füßen, formt weiter emsig den weichen, raschelnden Teppich aus wunderschönen Farben.
Unten im Tal glitzert der Fluss, ich kann sein nun eher sturmgraues Band durch die kahlen Wipfel der Bäume funkeln sehen.
Es ist wie eine stumme Einladung, beinahe wie eine neckische Aufforderung an mich es noch einmal zu tun.
Das eisige Wasser zu berühren, die funkelnden Tropfen auf meiner Haut zu spüren, das Gefühl des elektrisierenden Lebens in mir erneut pulsieren zu lassen.

All I can give you is memories
Carry them with you and I'll never leave
I'll lay my head down ...

Doch heute bin ich allein, nur meine Stimme ist hier bei mir.
Ich wandle allein durch den verwunschenen Park des alten Schlosses, niemand hält meine Hand oder bringt mich mit seiner peinlich süßen Art zum Lachen.
Und doch sind die Erinnerungen so wach, sie sind so warm, so köstlich, so träumend.
Ich weiß noch alles, jede kleinste Detail an diesen einen Tag hat sich in meinem Verstand verankert.
Auf der Suche nach den alten Feuern laufe ich über Licht und Schatten, beinahe verlassen Glückstränen meine Augenwinkel als ich das nun trockene Flussbett des kleinen Bachs endlich erreiche.
Ich weiß nicht ob es Magie ist, die meine Schritte schlussendlich hierher gelenkt hat, oder ob es deine Stimme war, die ich noch so klar in meinen Ohren höre als ob du jetzt neben mir stündest.
Ich möchte die Augen verdrehen bei deinen dummen Kommentare, gleichzeitig wünsche ich mir nichts sehnlicher als deine starken Oberarme um meine Taille und meine Wange die sich an deine muskulöse Brust schmiegt.
Damals... wie das schon klingt.
Hier, jetzt, in diesem Augenblick, ewig, Traum, Erinnerung. Du.

Ich kannte dich, ich kannte dich sogar schon recht lange, wenn man es mit meinen anderen verkorksten Beziehungen in Relation setzt.

Wir haben uns immerhin damals einmal die Woche gesehen, haben zusammen Trompete in der letzten Reihe gespielt und mit unseren lauten und so schrecklich flachen, sarkastischen Witzen den ganzen Rest der Band erfolgreich von der Probe abgehalten.
Ich glaube immer noch dass sie mich dafür hassen. Niemand könnte dich je verurteilen.
Solch versunkene Erinnerungen, Schätze auf dem Grund unseres geheimnisvollen Schweigens.
Dann war da diese Party, in diesem stickigen, pulsierenden Club und deine Lippen die auf einmal auf meinen lagen.
Du sagtest dir gefalle das Glitzern in meinen Augen, es würde mich besonders machen.
Meine Mutter hat mich vor dir gewarnt, sie sagte du seist kein guter Umgang für mich und ehrlich gesagt hatte ich Angst vor dir.

Ich wusste nicht wann es anfing, aber irgendwann habe ich begonnen für dich zu schwärmen und mich in diese Nacht zurück zu träumen.
Ich wollte dich wieder fühlen, feuriger denn je.

Zugegeben ich hatte Panik vor diesem Treffen nach den Sommerferien und du magst dir nicht einmal im Entferntesten ausmalen wie enttäuscht ich war als du mich um eine Stunde versetzt hast.
Es hat weh getan, ich kann mir das bis heute nicht erklären.
Und dann warst du da, hast mich in deinem schrecklich lächerlichen grünen Auto entführt.
Wir fuhren zu dir, ließen dieses beschränkte Gefährt einfach in deiner Einfahrt stehen und liefen Hand in Hand an diesem ewigen Fluss entlang hinab zum Schloss.
Wer waren wir? Zwei weitere verlorene Seelen in der großen weiten Welt auf dem Weg ins Paradies?

Tempestatis ~ Empire of my ownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt