Jill
"Wer schneller den Hasen erlegt hat, darf ihn haben, der Verlierer muss sich heute mit Beeren zufrieden geben, Deal?"
Jamara legte ihren Kopf schief und sah mich herausfordernd an.
"Tu nicht so, als hätte ich keine Chance. Immerhin habe ich letzte Woche gewonnen!", rieb ich ihr schmunzelnd unter die Nase.
Die Wölfin bellte auf, was mich zum Lachen brachte. Wir begaben uns in Startposition, Jamara am feuchten, verwachsenen Boden und ich kletterte geschwind auf einen der unzähligen Bäume.
Leise begann ich zu zählen: "Eins, zwei,...drei!", und bei drei rannten wir los. Jamara sprintete elegant nach vorne, während ich mit Schwung von Baum zu Baum sprang. Der Wind fuhr durch meine Haare, meine Muskulatur spannte sich mit jedem Schritt und jedem Sprung mehr an. Ich konnte meinen gesamten Körper arbeiten spüren. Ich war mindestens genauso schnell wie Jamara auf ihren vier Pfoten, nur sah es bei mir weitaus unanmutiger aus, als bei der weißhaarigen Wölfin.
Ich richtete meinen Blick von Jamara ab und wieder auf das Geschehen vor mir. Meine Augen erblickten den gesuchten Hasen, hundert Meter entfernt von hier. Ich roch seine Präsenz, hörte sein Kiefer das Gras beißen.
Jamara hatte ausgeprägte Sinne, aber gegen meine, die ich meiner Elfenabstammung zu verdanken hatte, waren sie nichts. Ich hatte also eine halbe Minute Vorsprung.
Ich legte einen Gang zu, grinste vor mich hin und fokusierte meinen Blick auf das Opfer. Jamara hatte ihn nun ebenfalls bemerkt, das hieß ich musste mich beeilen. Während ich dem Hasen immer näher kam, zog ich mein dünnes Messer aus dem Gürtel und setzte zum Wurf an. Mein Herz fing an zu klopfen, mein Magen freute sich bereits auf dieses Festmahl. Heute würde ich keine Beeren essen, heute konnte ich meinen Hunger ordentlich stillen. Ich landete geräuschlos am letzten Baum vor der Lichtung und verengte meine Augen zu Schlitzen, zielte auf den Hasen und schoss. Schoss mit aller Kraft auf das Lebewesen und traf es genau ins Auge. Perfekt. Ich sprang von dem Baum und landete im weichen Gras. Freuend hopste ich auf meine Beute zu. Nun kam auch Jamara an der Lichtung an und erblickte den erlegten Hasen.
"Zu langsam, Mädchen!", schertzte ich und warf mein Messer mit einer Hand lässig in die Luft, um es nachher wieder fangen aufzufangen. Das alles tat ich natürlich nur, um Jamara zu necken, welche nur den Kopf schüttelte. Ich viel in schallendes Lachen, Jamara heulte auf, was so viel wie Gekichere bedeutete.
Doch plötzlich verstummten wir beide, dann sahen wir uns gegenseitig an und ohne etwas zu sagen, rannten wir zurück in den Schutz der Bäume.
"Jemand ist hier, hier in unserem Wald", flüsterte ich mehr zu mir, als zu der Wölfin. Diese sah mich aber nur mit ihrem Ach-was-du-nicht-sagst-Blick an. Wir verweilten einige Minuten hinter den Büschen, als auch schon Gestalten auf die Lichtung traten.
Ich schrak zurück: "Seit wann betreten königliche Truppen den Wald?" Jamara gab keinen Mucks von sich, sie hatte wohl selber keinen Schimmer.
Sie näherten sich dem toten Hasen. Den einen kannte ich doch, das war der leitende Wächter der Stadt! Er bückte sich, tastete an der Wunde des Opfers und betrachtete dann das frische Blut auf seinen Fingern.
Da traf es mich wie ein Blitz: Sie waren auf der Suche nach mir!
Das war zwar nichts neues, aber niemals hatte es der Könug so dringlich mich zu fangen, dass er seine Truppen in den verwunschenen Wald schickte.
Ich wurde aus meinem Gedankenstrudel gerissen, als der General zu seinem Gefolge rief: "Sucht sie, teilt euch auf! Dieses Miststück war vor nicht all zu langer Zeit hier!"
"Jamara, lauf!", flüsterte ich und gemeinsam sprinteten wir zu meiner Hütte.
Dort angekommen begann es gerade zu regnen, das hatte mir gerade noch gefehlt.
"Wir sind hier nicht mehr sicher, wir müssen tiefer in den Wald, hier finden sie uns leicht!"
Ich hatte Panik. Panik, dass mein Leben mit einem einzigen Schwerthieb dieser Soldaten beendet werden konnte.
"Sieh mich nicht so an, paranoid zu werden ist in dieser Situation ganz normal!", keiffte ich Jamara an, die mich nun entgeistert anstarrte. Sie wusste dass ich recht hatte.
Ich nahm einen tiefen Atemzug, ehe ich auf meinen Tisch zu eilte, ihn beiseite Schob und eine der Holzdielen aus dem Boden riss. Unter jener hatte ich, für solche Fälle, eine Tasche, gefüllt mit überlebenswichtigen Sachen wie zwei Messern, einer Flasche Wasser, einem Brotlaib und einem Seil, sowie einige Münzen gelagert.
Zuletzt hing ich mir einen selbstgebastelten Bogen und Köcher voller Pfeile um. Ich handelte so schnell und hektisch, dass ich bei einer Drehung unabsichtlich die kleine Schatulle auf der Komode hinunterstieß. Ich drehte mich um, beobachtete den am Boden herumliegenden Schmuck. Vereinzelt zwischen den Haarbändern und den Splittern der zerbochenen Schatulle lag sie. Die Kette, die ich seit ich denken kann besaß. Ich betrachtete sie eine Weile, ehe ich sie mir schnappte und ummachte. Dann schritt ich zum Ausgang meiner Hütte, warf einen Blick zurück und ich wusste, dass ich mich verabschieden musste, heute, jetzt, für immer. Wenn der König die Soldaten schon in den Wald schickt, dann lässt er mich mit Sicherheit so lange suchen, bis ich beseitigt wurde. Als ich da so stand, hörte ich mein Herz schlagen. Schneller als normal. Ich fühlte mich leer und schwach. Ich musste alles zurücklassen, nur wegen diesem Vollidioten von Herrscher. Mein Leben lag in diesem Baumhaus. Ich schloss die Augen, spielte Erinnerungen ab, ehe ich seufzte und von der Terasse sprang."Komm Jamara, verschwinden wir"
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THE STORY OF HELLISH FIRE
FantasíaJill ist eine wilde, geschickte und junge Elfe, die in den endlosen Wäldern von Giungla, einem unbedeutenden Planeten der Galaxie Adrogan beheimatet ist. Eines Tages jedoch wird sie von einer Gruppe magischer Wesen aufgesucht und ihr wird ein Angebo...