3. Kapitel

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Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als sich endlich die Haustür öffnete und Liam herein kam. Als er mich sah kam er sofort zu mir und hockte sich vor mich hin.
Er strich mir die Tränen von den Wangen und streichelte mir dann über die Wange.
"Was ist passiert?", fragte er besorgt. "Ich bin adoptiert", brachte ich hervor. Bei meinen Worten erstarrte er und sah mich ungläubig an.
Anscheinend wusste er nicht so recht was er darauf antworten sollte.
Er strich mir eine Haarsträhne aus dem Haar. "Aber wieso weinst du? Es wird sich nichts ändern, wir sind eine Familie Elena", sagte er beruhigend. Dann stand er auf, setzte sich neben mich, zog mich an sich und legte einen Arm um mich.

In seinen Armen vergaß ich für den Moment die drohende Gefahr, aus der Gesellschaft ausgegliedert zu werden. Ich atmete seinen Duft ein und mich durchfuhr eine wohltuende Wärme.
Dann legte er eine Hand unter mein Kinn, so dass ich ihn ansehen musste. "Erzähl mir was passiert ist", bat er mich liebevoll.
Ich erzählte ihm von dem Auftauchen der Schutzmänner und unserem Gespräch. So ausführlich wie möglich versuchte ich ihm alles zu erklären. Nachdem ich ihm alles erzählt hatte schwieg er eine Weile.
Ihm war wohl wie mir aufgefallen dass die Schutzmänner kein Wort darüber verloren hatten was passieren würde wenn der Präsident entschied mich nicht zu einem vollwertigen Mitglied der Gesellschaft zu machen.
Doch wir konnten es uns beide denken. Sie würden mich in die graue Zone abschieben.

"Ich werde nicht zulassen dass dir jemand wehtut. Dir wird nichts passieren solange ich an deiner Seite bin", sagte er und küsste mich auf die Stirn.
Da ertönte das Signal für einen eingehenden Anruf in der Kontrollzentrale.
Die Zentrale überwachte unser gesamtes Leben. Essen, Schlaf in besonderen Fällen auch Gedanken.
Widerwillig stand ich auf und nahm den Anruf entgegen. Auf dem Bildschirm der Zentrale erschien das Gesicht eines Schutzmannes.
"Guten Abend Elena. Entschuldige die erneute Störung"
Ein Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht des Mannes ab als er sah wie Liam schützend hinter mich trat und mir eine Hand auf die Schulter legte.

"Schön sie zu sehen Liam. Sie können während des Gesprächs anwesend sein, die Informationen sind nicht vertraulich. Ich habe nur die Aufgabe Elena mitzuteilen dass es ihr gestattet ist trotz der Unstimmigkeit vorerst Kontakt zu Ian zu halten. Um eure Paarung nicht zu beeinträchtigen bis über dein Schicksal entschieden ist."
Dann wurde der Bildschirm wieder schwarz und ich lehnte mich gegen Liam.

"Freust du dich denn nicht?", fragte er leise an meinem Ohr. Kaum merklich, so dass es die Zentrale nicht einfangen konnte, schüttelte ich den Kopf.
Ich spürte wie sich seine Lippen an meinem Ohr wieder öffneten um etwas zu sagen, doch da öffnete sich die Haustür.

Meine Mutter kam herein.
"Es tut mir so leid Elena", sagte sie mit zitternder Stimme und umarmte mich sanft. "Ist schon gut Mum", sagte ich beruhigend.
"Ich musste nach der Arbeit mit auf die Wache und die Schutzmänner haben mir alles erklärt. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen dass dein Vater die Papiere nicht richtig ausgefüllt hat. Aber die Gesellschaft macht ja keine Fehler, also werden sie recht haben.
Wenn du möchtest können wir morgen in Ruhe über alles reden, jetzt möchte ich einfach nur noch schlafen, ich fühle mich nicht gut"
Nach ihren Worten verschwand sie in ihrem Schlafzimmer.

Da klopfte es erneut an der Tür. Liam öffnete sie. Davor stand Melanie.
Er hatte sie vor zwei Jahren bei seinem Ball auserwählt.
Sie war klein und zierlich. Ihre langen blonden Haare fielen ihr glatt über die Schultern und ihre blauen Augen strahlten Liam an.
"Ich hab dich vermisst", sagte sie lächelnd und wollte ihn küssen, doch er wandte seinen Kopf ab, so dass ihre Lippen nur auf seiner Wange landeten. Verwundert sah sie ihn an, aber sagte nichts. "Tut mir leid..es ist gerade ziemlich unpassend. Ich ruf dich morgen an", sagte er kalt und ohne eine Antwort abzuwarten schloss er wieder die Tür.
Ich war verwundert wie abweisend er sie behandelt hatte.
"Was ist denn los?", fragte ich, doch er winkte nur ab und zog mich wieder nah an sich.
"Wir müssen morgen beide früh raus..vielleicht sollten wir schlafen gehen", sagte er so nah an meinem Gesicht dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte.
Sein Blick fiel auf meine Lippen und er biss sich auf die Unterlippe. Er zog mein Gesicht näher zu sich. Ich spürte seinen warmen Atem auf meinen Lippen. Mein Herz schlug viel zu schnell und mein Körper wurde ganz warm. Doch dann schob er mich von sich und wich meinem Blick aus. "Gute Nacht Elena", sagte er leise und verschwand in seinem Zimmer.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich sah ihm nach. Es war verboten so zu fühlen. Auch wenn er nicht mein Bruder war. Die Gesellschaft hatte uns unsere Partner vorgeschrieben. Es war gegen das System eine Beziehung mit jemand anderen als seinen ausgewählten Partner zu haben.
Aber Gefühle konnte man nicht vorschreiben oder kontrollieren.

Die BestimmungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt