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Ich freute mich seit Weihnachten auf dieses Treffen, da wir uns sonst nur über Skype gesehen hatten und jetzt sagte sie einfach ab. «Ja, aber mein Professor hat die Klausur verschoben, weil er meinte er würde gerne eine Übungsstunde mehr haben», antwortete Alina. Sie klang auch nicht sehr begeistert über diese Situation. «Wann kommst du dann?». Diese Worte verließen wie von selbst meinen sehr trocken gewordenen Mund. «Ich bin mir nicht sicher. So schnell wie eben möglich, aber nächste Woche geht auf jeden Fall nicht. Vielleicht kann ich übernächste Woche kommen, aber versprechen kann ich nichts», antwortete meine Schwester zerknirscht. «Aber Felix, bitte sei nicht zu traurig, ja? Ich weiß, dass du nur deine Fassade aufrechterhalten willst und eigentlich kurz davor bist zu weinen. Also...» «Ich bin nicht kurz davor zu weinen! Wenn du nicht kommst ist das dein Problem nicht meins», schrie wütend in mein Handy und legte ohne zu zögern auf. Ich war so unglaublich wütend. Schnell machte ich mich auf den Weg zurück zu dem Haus meiner Eltern. Ich ging rasch durch den Flur, doch ich war nicht schnell genug. «Felix, erzähl mir doch einmal von deinem Trainingsfortschritt beim FC», forderte mich mein Onkel auf, mit ihm zu reden. Ich drehte mich nur zornig um. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich drückte meine Zähne so fest wie möglich aufeinander, um nicht direkt los zu brüllen. «Rede doch mit meinem Vater! Lass dir von ihm eine Jahreskarte für die Heimspiele des 1.FC geben! Und tu nicht auf interessiert, wenn du es nicht bist, denn ich weiß, dass du nur meine Beziehungen ausnutzen willst. Also verpiss dich zu meinem Vater und schmier dem Honig um seine Fresse, denn bei mir klappt das nicht», schrie ich wutentbrannt und lief einfach in mein Zimmer, ohne das verblüffte Gesicht meines Onkels auch nur ein einziges Mal zu beachten. Um meine Wut etwas raus zu lassen, knallte ich meine Tür so feste zu, dass man durch das ganze Haus einen lauten Knall hören konnte. Sobald ich in meinem Zimmer ankam und alleine war verpuffte meine Wut sofort wieder und wandelte sich in Enttäuschung und Trauer um. Tränen verließen meine Augen. Sehr viele Tropfen des salzigen Wassers fanden ihren Weg über meine Wangen auf mein Hemd. Unterdrückte Schluchzer brachten meinen Körper zum Beben. Warum konnte nicht einmal alles gut laufen? Warum konnte ich mich nicht einmal vernünftig verhalten? Der Selbsthass fraß mich von Innen auf. Ich machte einfach alles kaputt. Warum war ich so wie ich war? Warum konnte ich nicht einfach jemand anderes sein? Jemand, der seine Gefühle zeigen kann und nicht so eine scheiß Angst hat, nicht gemocht zu werden. Ich hasste mich so sehr für das, was ich war.

Für immer? | RewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt