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«Komm wir gehen raus», sprach er enthusiastisch. Ich schaute ihn nur gequält an. «Och, komm schon Felix», bettelte er weiter. «Können wir nicht hierbleiben und irgendwas anderes machen?» Hannes sah mich nur an. «Was ist mit dir passiert?», sprach er schließlich gebrochen. «Warum bist du so anders? Früher wärst du mit einem Lachen im Gesicht aufgesprungen und raus gerannt. Du wärst nicht zuhalten gewesen. Und jetzt? Wenn du kein Training hast, verkriechst du dich in deinem Zimmer und machst mit niemandem etwas. Egal wie oft ich hier bin, um dich mit zu schleppen, du kommst nie raus. Du bist 14, fast 15, warum lebst du nicht so?» Während seiner Rede fingen Tränen an über meine Wangen zu laufen. Er hatte Recht. «Felix, das wollte ich nicht», flüsterte mein bester Freund bestürzt. Ich schüttelte nur meinen Kopf. Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. «Hannes, ich... irgendwas... irgendwer fehlt», beantwortete ich schluchzend seine Frage. «Wer? Eine Freundin? Die Mädchen stehen doch alle auf dich, da findest du doch auf jeden Fall eine.» Ich widersprach ihm nicht, auch wenn er nicht Recht hatte. Der Junge fehlte, kein Mädchen. «Warum weint Felix?», ertönte die hohe Stimme meiner kleinen Schwester Maren. Sie kam von der Tür auf mich zu gelaufen und breitete ihre kleinen Ärmchen aus. Ich nahm sie hoch und setzte sie auf meinen Schoß in den Erker. «Felix vermisst nur jemanden», flüsterte ich der Kleinen zu. «Das nennt man Liebe», fügte Hannes lachend hinzu. Dafür erntete er einen vernichteten Blick von mir. «Sollen wir Mario Kart spielen?», schlug Hannes vor. Zustimmend nickte ich. Der Junge lief vor nach unten in unser Wohnzimmer. Mit Maren an meiner Hand folgte ich ihm langsam. Ich ließ mich auf das lange Ende der Eck-couch fallen und machte es mir bequem. «Was ist mit mir?», fragte meine Schwester entrüstet, während Hannes die Kontroller in unseren Schränken suchte. Ich rutschte ein Stück zum Inneren der Couch und klopfte auf den frei gewordenen Platz. Die fröhlich lächelnde Maren hüpfte auf das Sofa. Ihren kleinen Körper ließ sie neben mir nieder, ihren Kopf bettete sie auf meiner Brust. «Die Kontroller liegen auf dem Tisch», beschleunigte ich Hannes' Suche. Er kommentierte das mit einem „Oh", nachdem auch er die Fernbedienungen entdeckt hatte. Eine warf er mir zu und mit der anderen pflanzte er sich auf die andere Seite der Couch.
Während wir spielten vergingen Stunden, wir lachten viel und irgendwann schlief meine kleine Prinzessin an mich gekuschelt ein. Ich stellte mir vor, wie ich an ihrer Stelle lag, der Unbekannte an meiner.
Warum verschwendete ich so viele Gedanken an ihn? Ich kannte ihn doch noch nicht einmal.

Für immer? | RewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt