Analyse - Die Säulen der Macht

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Wie funktionieren Sorgen? Wie helfen sie? Wenn sie mir nicht helfen würden, würde ich sie lassen, oder? Warum haben die »falschen Freunde« so ein leichtes Spiel?

Ich denke, dass jeder von uns mit charakterlichen Veranlagungen (Temperamenten) geboren wird. Selbst Kinder, die unter gleichen Bedingungen in derselben Familie aufwachsen, können sich hier sehr unterschiedlich entwickeln. Der maßgebliche Teil für unser Fühlen und Denken beruht jedoch auf Erfahrungen, die wir gemacht haben (siehe oben) und wie wir diese verarbeitet haben. Charakterliche Veranlagungen können evtl. Tendenzen begünstigen, aber sie sind nicht die Ursache des »Sich-Sorgens«. Die Art und Weise, wie die »falschen Freunde« zu uns sprechen - auch das »sich-Sorgen-machen«, haben wir »gelernt«.

Es gibt verschiedene Faktoren, die uns zu einer leichten Beute der »falschen Freunde« machen. Im Kern steht ein Gedankengebäude, das uns halbbewusst ist und Erfahrungen, die direkt oder indirekt unsere schlechten Gedanken (oft nur scheinbar!) bestätigen. Dieses Gedankengebäude hat verschiedene tragende Säulen.

In der Gesamtheit steht für dich als »Sorger« fest: Es macht alles Sinn - das »Sich-Sorgen«, die Beurteilungen, die dir »gezeigten Fakten«. Werfen wir einen unkommentierten Blick auf diese Säulen - deine inneren Überzeugungen. Nicht alle müssen bei dir vorhanden sein - ein paar reichen schon aus, um dich zum »Sorger« zu machen:

1. Sorgen helfen dir, deine Probleme zu lösen.
»Deine Sorgen zeigen dir, was falsch läuft! Wenn du lange genug grübelst, wird es dir gelingen deine Probleme zu lösen! Du hast ja auch schon erlebt, dass das klappt!«

2. Sorgen schützen dich vor Enttäuschungen!

»Wenn ich mich auf das Schlimme gedanklich vorbereite, ist es leichter zu ertragen, als wenn ich überrascht werde oder gar Hoffnungen platzen.«

3. Sorgen bereiten dich auf »gefährliche« Situationen vor, mit denen du sonst nicht umgehen könntest.
»Die Welt ist voller Gefahren, voller möglicher Verletzungen! Jeglicher Hinweis auf Ablehnung, mehrdeutige Informationen, usw. müssen als ernste Bedrohung eingestuft werden. Sei vorsichtig! Eine erneute Verletzung würdest du nicht überleben! Bereite dich auf alles vor... Was wäre wenn ...?«

4. Sich zu sorgen zeugt von Verantwortung!
»Es ist vernünftig alle möglichen Probleme zu erwägen, um rechtzeitig Wege zu suchen, um ein Unglück zu verhindern. Das machen die Ärzte bei der Vorsorgeuntersuchung ja auch! Das ist wahre Verantwortung!«

5. Sorgen helfen dir, Kontrolle zu gewinnen und Schlimmeres zu verhindern!
»Lass nicht zu, dass Dinge außer Kontrolle geraten! Du musst die Sachen durchschauen und überlegen, was schief gehen kann - BEVOR etwas schief geht und eine Katastrophe droht! Je mehr du dich sorgst, desto mehr Unheil kannst du verhindern!«

6. Sorgen helfen dir, mit starken Gefühlen umzugehen.
»Lieber zu viel nachgedacht, als ein schlimmes Gefühl erleben zu müssen! Das Nachdenken hilft auch gegen die Angst!«

7. Es liegt in deiner Natur, sich Sorgen zu machen!
»Du kannst gar nicht anders! Du warst schon immer eher so ein nachdenklicher, tiefsinniger Typ! Sich zu sorgen entspricht deiner angeborenen Mentalität! Alles andere wäre falsch für dich!«

8. Es gibt gute Gründe sich zu sorgen!
»Wenn du Angst empfindest, dann hat das seinen Grund, also musst du dich sorgen. Und nur weil manche Befürchtungen in der Vergangenheit nicht eingetreten sind, bedeutet dies nicht, dass sie nicht zukünftig geschehen könnten. Um vorbereitet zu sein, muss du dich schon jetzt damit auseinandersetzen! Es ist sicherlich besser lange nachzudenken, als voreilige Schritte zu unternehmen!«

9. Du bist machtlos und das gibt dir Anlass zur Sorge!
»Du kannst nichts ausrichten - bist hilflos! Du kommst auf keine vernünftige Lösung und steckst in der Klemme. Wie soll das nur weiter gehen? Was wird dir das Leben noch antun? Und wie soll man sich da nicht sorgen?«

>>> Und wie viele dieser Säulen stehen in deinem Gedankengebäude? <<<

Du hast vielleicht schon beim Lesen bemerkt, dass einige Säulen nicht zu deinem Gebäude gehören - das sie dir falsch vorkommen. Ein »chronischer Sorger« würde vermutlich allen neun Aussagen sofort zustimmen. Tatsächlich sind sie alle falsch - giftig für dich!

Das Gift der »falschen Freunde«
Ein großes Problem mit den »falschen Freunden« ist, dass sie Wahrheit mit Unwahrheit mischen. Dadurch, dass manche Teile wahr sind, akzeptieren wir auch den ganzen Rest. Unsere Überzeugung, den »falschen Freunden« vertrauen zu müssen, wird zusätzlich durch verschiedene Mechanismen (siehe »Irrwege der Sorger«, nächstes Kapitel) verstärkt. Diese werde ich später beschreiben.

Wenn du nicht mehr auf deine »falschen Freunde« hören und ihren Bann brechen willst, dann musst du aktiv kämpfen ... Dann aber richtig! Kämpfe nicht an der falschen Front!

Deine falschen Freunde (Psychologie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt