Angriff - Abrissarbeiten 3

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4. Säule: Sich zu sorgen zeugt von Verantwortung!

Das Zauberwort »Verantwortung« ... ja, ja ... »Du musst dich sorgen! Du bist für das böse Ergebnis verantwortlich, wenn du dir nicht genügend Mühe gibst, um das Unglück zu erkennen und zu verhindern.«

Nun mal langsam, ihr »falschen Freunde«! Natürlich ist man dafür verantwortlich Dinge ernst zu nehmen, nicht leichtsinnig zu sein! Im Idealfall schätzen wir die erkannte »Gefahr« richtig ein, suchen nach Lösungen und handeln (nach besten Gewissen). Wenn uns das nicht gelingt, dann suchen wir Hilfe. ABER wir sind nicht verantwortlich für jegliches böse Ergebnis, denn wir


- können nicht alles wissen
- können nicht alle Gefahren rechtzeitig erkennen
- können nicht alle Probleme lösen*

- können uns irren, im Glauben das Richtige zu tun...

* (auch weil wir uns nicht beliebig in das Leben anderer Leute einmischen dürfen... Das ist besonders für manche Eltern hart: Jene, die sich um Ihre Kinder sorgen »müssen«, die es als ihre Verantwortung sehen sich einmischen zu »müssen« - soweit, bis sie ihre Kinder um den Verstand bringen und die Beziehung zu ihnen zerrüttet wird.)

Wir sind einfach nur Menschen - mit Schwächen und Fehlern. Das soll nicht heißen, dass das schön ist und alles entschuldigt. Nein! Natürlich ist es ätzend! Aber wir müssen akzeptieren, dass wir NICHT perfekt sind. Dafür haben wir einander, dass wir uns gegenseitig helfen ... uns auch vergeben, für unsere Irrtümer und unser Versagen. Und um uns zutrösten und aufzurichten, damit wir weiter laufen können!

Die »falschen Freunde« nutzen das Wort »Verantwortung«, um uns einen Perfektionismus einzureden, den niemand erfüllen kann. Bei jedem Scheitern sagen sie: »Du bist schuld! Hast dir wieder nicht genügend Mühe gegeben!« - Egal, ob man tatsächlich etwas ausrichten konnte (begabt/fähig/trainiert/stark genug war) oder nicht. Gerade Eltern leiden stark darunter, wenn ihre Kinder andere (oder schlechte) Wege gehen. »Was habe ich nur falsch gemacht? Ich hätte mir mehr Mühe geben müssen...« - Nein, unsere Kinder und Mitmenschen haben nämlich einen freien Willen, ihre eigene Verantwortung und können sich auch für »schlechte Wege« entscheiden. Eltern tragen nicht die Verantwortung für alles, was ihre Kinder machen.

Falsch verstandene Verantwortung führt zur Freiheitsberaubung: Uns selbst macht sie zu unglückliche Perfektionisten - unser Partner und unsere Kinder drehen irgendwann durch. Auch wenn wir meinen uns »verantwortungsvoll« um sie zu kümmern: Sie teilen nicht unsere übertriebenen Sorgen, sie empfinden unsere »Schutzbemühungen« als Einschränkungen - unser Verlangen »Kontrolle« behalten zu wollen, kann zum ernsthaften Beziehungsproblem entarten!

5. Säule: Sorgen helfen dir, Kontrolle zu gewinnen und Schlimmeres zu verhindern!

Die fünfte Säule... - alles unter Kontrolle? Um es auf den Punkt zu bringen: Das Sorgen gibt dir die Illusion der Kontrolle! Und nein: Unser Sorgen wird gar nichts verhindern! Nur Sorgen macht nur eins: krank! Unser Handeln kann Dinge verhindern - aber auch nicht immer! Unglücklicherweise haben »Sorger« oft wenig Vertrauen in ihr Problemlösevermögen: »Ich bin so eine Niete und komm einfach auf keine vernünftige Lösung - und das macht mir Sorgen!«, jammern sie. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass sie genauso in der Lage sind, Probleme zu lösen, wie andere Menschen auch. Sie sind wirklich überrascht, wenn es ihnen doch gelingt. »Nur Glück gehabt! Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn!«, flüstern die »falschen Freunde«. Die viele »Sorger« kommen aber nicht so weit: Sie suchen stets nach der perfekten Lösung, prüfen, ob sie etwas übersehen haben und haben Angst etwas (falsch) zu machen ... und bleiben am Ende stecken - in ihren Sorgen.

Manche »Sorger« entwickeln sich sogar zum »Kontrollfreak« - im Irrglauben alles kontrollieren und sich perfekt vor Unglücken und Verletzungen schützen zu können.

»Aber, aber... ich muss doch alle Möglichkeiten durchdenken, um mich vorzubereiten und Böses zu verhindern! Ich brauche Kontrolle! Ich muss mich schütz-«

STOPP! Hast du schon vergessen? Du kannst nicht alles durchdenken und alles verhindern! Wenn du willst, kannst du endlosen Gedankenrunden »Was wäre, wenn...« drehen... - vollkommende Sicherheit gewinnst du dadurch auch nicht.

Bedenke: Je gewaltiger dein Schreckensszenario wird, desto unwahrscheinlicher wird es, dass es eintritt: Je mehr unwahrscheinliche Faktoren gleichzeitig eintreten müssen, um eine Schreckensszenario zu bilden, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit für dieses Ereignis (Stichwort: Wahrscheinlichkeitsrechnung/Pfadmultiplikationsregel - wenn ihr Nachhilfe braucht).

6. Säule: Sorgen helfen dir, mit starken Gefühlen umzugehen.

Die 6. Säule ist etwas »strange« - zumindest für mich. Ich weiß nicht, ob ich die »Sorger« hier richtig verstehe. Offenbar sind »starke Gefühle« für manche »an sich« furchteinflößend. Droht ein Kontrollverlust? Glauben sie, dass sie diese Gefühle, z. B. Trauer über den Tod, nicht überleben können? Ist es möglich, sich durch Sorgen von den anderen (noch schlimmeren) Gedanken, z. B. was mache ich, wenn mein Partner stirbt, abzulenken? Das »Unerträgliche«, »Undenkbare« mit tausend anderen Gedanken zu verdecken? Können sich »chronische Sorger« gegen noch stärkere Gefühle »desensibilisieren«, indem sie sich ständig mit Problemen und Katastrophen innerlich auseinandersetzen? Werden sie dann »abgestumpft« und weniger stark bewegt, wenn sie die schlimmen Bilder in den Nachrichten sehen?

Okay, ihr »falschen Freunde« - diesmal seid ihr mir zu fremd, dass ich euch verstehen und durchschauen kann... Aber ich bin davon überzeugt, dass es bessere Wege gibt, um etwas gegen Angst oder andere starke Gefühle zu tun, als sich zu sorgen. - Ohne dabei krank zu werden!

Deine falschen Freunde (Psychologie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt