Musternd ließ der Silberhaarige seinen Blick über die knochige Behausung des Schmieds wandern, die einst einen riesigen Körper zusammenhielt. Es handelte sich um ein monströses Skelett eines Onis oder Yokais, nur teilweise bedeckt von lederartigen Hautfetzen, die einst den schon halb in der Erde versunkenen Brustkorb fest umspannten. Das diese spärliche Überdachung kaum einen Sturm überstehen wird, war nahezu lächerlich offensichtlich. Abschätzend hob er eine elegant geschwungene Braue.
Nicht, dass es ihn tangieren würde.~
Misstrauisch beäugte Mõ-Mõ den hochgewachsenen Daiyokai.
Auch Totosai brachte das zum grübeln, denn sonst schenkte das alte Rindvieh seinen Besuchern kaum mehr Beachtung als den Rußflecken unter seinen Fingernägeln. Angestrengt durchwühlte er jeden Teil seines altersschwachen Gehirns, doch vergeblich. Grummelnd richtete er seinen Blick erneut in die Richtung des Unbekannten. Sein Blick glitt in die Leere und überrascht kniff er die Augen zusammen. Sein Kopf flog suchend herum.
Eine Halluzination?~
Sesshomaru hatte sich derweil direkt hinter dem Schmied positioniert und schnaubte leise. Dieser alte Greis hatte nicht einmal bemerkt, dass er sich Zutritt verschafft hat? Dieses senile Etwas soll sein stumpfes Schwert in eine mächtige Waffe umschmieden?
Wäre der Yokai nicht einer der loyalsten Untertanen seines verehrten Vaters gewesen, würde er ihm nicht einmal einen Löffel anvertrauen.
Doch oft genug hatte das Können des Alten seinen Nutzen erwiesen.
"Hn."
Schreiend fuhr der Schmied herum.
"Was zur Hölle...?!"
Plötzlich klärte sich sein Blick und er bekam eine derartigen Schreck, das seine Glubschaugen auf Tellergröße heranwuchsen. Er kannte den Bengel, jawohl! Doch sein Temperament verdrängte seine Erkenntnis vorerst.
"Eine Frechheit in mein gemütliches Heim einzudringen und dann auch noch so leise, ein Vergehen! Solche Mistkerle sollten sich nicht Yokai schimpfen dürfen! Ausrotten müsste man sowas! Ich sollte dich in den Fuji werfen und noch ein bisschen Schießpulver hinterherschmeißen! Wenn dein Vater..."
Moment. Sein Vater war doch noch gleich...
Und zum 2. Mal an diesem Abend war der Alte einem Herzinfarkt nahe. Nur das dieser hier mit glühend roten Augen vor ihm stand und mit Sicherheit nicht diesen vegleichsweise angenehmen Tod bringen würde.
Sesshomaru hatte derweil genug gehört. Er hätte den Schmied auf der Stelle in Fetzen reißen können, doch dann müsste er sich einen neuen Schmied suchen. Kurz wog er ab, entschied sich jedoch dagegen. Trotzdem spiegelte sich in dem Blutrot seiner Augen die eiskalte Drohung.
Ruhig beugte er sich vor und blickte dem Alten von oben herab ins Gesicht. Mit Genugtuung bemerkte er, wie Totosai nahezu versteinerte als er seinen kalten Blick auffing.
"Da gibt es nur einen kleinen Unterschied." hauchte er so leise, sodass der Nebel seine Worte fast verschluckte.
"Ich bin ein Daiyokai, kein wiederlicher Mischling."
Totosai erwachte aus seiner Starre und verbeugte sich schleunigst so tief wie es sein wunder Rücken erlaubte.
"Vergebt mir, Sesshomaru-sama."
Kaum sichtbar nickte er.
Und im selben Augenblick wurde er wieder der vorlaute Yokai den der Herr des Westens kannte.
"Was wollt Ihr? Ich habe Urlaub!" maulte er. "Arbeit lauf ich komme..."
Stirnrunzelnd musterte er den Mann, als überlege er ihn doch zu bestrafen, ehe er den Grund seines Auftauchens preisgab.
"Tensaiga soll eine Waffe werden. Ein Fangzahn der Lebewesen vom Tod befreit nützt mir nicht."
Stumm streckte Totosai seine schwieligen Hände aus und nahm das Schwert entgegen. Überrascht schoss sein Blick zu dem Silberhaarigen, doch dieser war bereits verschwunden.
Der Lord des Westens hatte zwar behauptet, Tensaiga nützt ihm nicht und dennoch war die Bindung zwischen den Beiden für ihn unübersehbar.
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Silberfrost
RandomDu wirst des Schicksals steilen Pfad beschreiten müssen, ob du willst oder nicht. Japan, Sengoku-Jidai.