Musashi

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Ruhig und äußerst konzentriert saß die alte Kaede an der kleinen Feuerstelle in der Mitte ihrer bescheidenen Behausung. Viel zu oft hatte man ihr angeboten eine größere Hütte in der Mitte des kleinen Dorfes anzunehmen, doch sie war alt und stur und hatte noch nie die unmittelbare Nähe der anderen Dorfbewohner gesucht. Selbst als sie einst die Künste des Mikodaseins erlernte, mit all ihren gefährlich schön schillernden Facetten und schwarz gähnenden Abgründen, hatte sie bereits diese Hütte ihr Eigen genannt und würde es bis aufs Blut verteidigen. Es brachte viele Vorteile mit sich, ein klein wenig isoliert zu leben. Ein Knistern unterbrach ihren Gedankengang, als ein kleiner Zweig der glühenden Hitze nachgab und schließlich brach. Orangerote Funken stoben auf, als er auf den rußschwarzen Grund der Feuerstelle fiel und sich der Gewalt der Elemente unterwarf. Leise seufzend schloss die Greisin ihre Augen und legte ihre Stirn in Falten. Vor wenigen Stunden hatte sie mit ihrer treuen Stute Hana noch diesen steilen Abgang erklimmen müssen, der ihre Behausung vom Dorf trennt, als plötzlich ein lebloser Körper mitten auf dem engen Wildpfad ihnen den Weg versperrte. Umso erstaunter war sie, als sie sah um wen es sich handelte.
Als sie vor einiger Zeit in das Nebenzimmer gesehen hatte, zuckte die Nase ihrer Besucherin leicht und ihre Augen wanderten unruhig unter ihren Lidern, als wolle sie erwachen und doch öffnete sie ihre Seelenspiegel nicht.

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Ein leiser Hauch durchzogen von erster Winterkälte zog seine unsichtbaren Bahnen. Sanft und nahezu unbemerkt trug er eine chiffrierte Botschaft mit sich und bot überirdisch schön dem Tanz von Wind und Wetter die Stirn.
Denn dieser Hauch, von Weitem kaum vom Rest des drohenden Gewitters zu unterscheiden, bot bei näherer Betrachtung ein bizarres Gemisch aus Blütenblättern und Pollen noch nicht erblühter Blumen.
Er flog, Winden und peitschenden Ästen ausweichend, zielgerichtet in die kleine Dachlücke einer Hütte und in ein Zimmer, das in den frühen Morgenstunden einen herrlichen Ausblick auf die aufgehende Sonne bieten würde. Der sanfte Hauch fand seinen Weg in das Zimmer einer tief schlafenden weiblichen Person. Begraben unter Unmengen von Decken erschien der zierliche Körper der Schwarzhaarigen nahezu verwundbar. Spielend umflog er ihr feines Gesicht und verharrte, ehe er endgültig durch die Dachlücke verschwand.
Im selben Moment schlug die Frau ihre Augen auf.

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"Rin! Komm sofort da RAUS! Immer diese dämlichen Blumenwiesen! Wie wäre es wenn du Ah-Uhns Rücken statt dessen so interessant finden würdest? Dann müssten wir Sesshomaru-sama nicht ewig hinterherhängen müssen!Ich hab es satt dir immer hinterherrennen zu müssen wie ein verdammter Babysitter-"
Traurig blinzelte das kleine Menschenmädchen dem Krötenyokai entgegen. Immer musste Jaken schimpfen. Ständig hielt er ihr vor wie viel angenehmer es doch war als er und ihr Meister ohne sie durch die Welt zogen. Sie mochte nunmal weite duftende Blumenwiesen mit dieser wunderschönen Farbenpracht, die sich in ein Blütenmeer verwandelte wenn der Wind sie sanft umspielte.
Ihr kleiner Mund verzog sich zu einer Schnute als sie auf ihre Hände blickte. Jakens Tirade hörte sie nur noch mit einem halben Ohr zu, er wiederholte sich eh wieder und immer wieder. Eigentlich meinte er es ja nicht böse, doch trotz dieses Wissens merkte sie, wie ihre Augenwinkel anfingen zu brennen.

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Sesshomaru schritt angemessenen Schrittes an einem Meer aus Blumen vorbei. Regnisierend schloss er die Augen. Rin würde bestimmt bleiben wollen, schließlich hatte sie noch nie Blumen im Winter blühen sehen. Die Blumen die hier erblühten, zogen ihre Kraft aus der Hitze des angrenzenden Vulkans um den Temperaturen zu trotzen und trotz ihrer Vergänglichkeit, war ihre Schönheit umso fesselnder. Er betrachtete sie für einen kurzen Moment mit einem gleichgültigen Blick, ehe ihm der Geruch von Salzwasser entgegenschlug und er auf den Absatz kehrt machte. Jaken mochte Recht haben, doch es war seine Entscheidung die das Menschenmädchen dazu veranlasste ihm zu folgen. Das müsste er diesem Kröterich wohl nochmal hinter die Ohren schreiben.
Ein Gemisch von Blüten und Pollen umspielte seine Statur und plötzlich trug der Wind einen Duft heran, der die Nacht verändern sollte.

SilberfrostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt