17 Jahre vorher / 1730
Niemand in London konnte sich an die Geburt Paul Southernwinds erinnern. Man erzählte sich, er wäre von seiner Mutter gleich nach seiner Geburt ausgesetzt worden, da sie nicht richtig für ihn hätte sorgen können. Jedenfalls wurde er an einem nebeligen Donnerstag von dem Bauer Jacobs auf dem Marktplatz gefunden, der ihn kurzerhand mit nachhause nahm und ihm den Namen Paul Southernwind gab, da er ihn direkt vor St. Paul gefunden hatte, zu dieser Zeit ein kräftiger Südwind herrschte und Bauer Jacobs der Meinung war, dass ein kleiner Junge sowohl einen anständigen Vornamen, als auch einen anständigen Nachnamen haben solle.
"Wir müssen ihn aufnehmen, Mary!",
sagte er energisch zu seiner Frau.
"Der Junge hat niemanden mehr!"
Bäuerin Jacobs war eine herbe und kühle Frau, aber sie war nicht unmenschlich. Und als sie den kleinen Paul in den Armen ihres Mannes ansah, war es um sie geschehen.
" Natürlich nehmen wir ihn auf!",
sagte Mary und nahm ihm das Baby sofort energisch - wie es eben ihre Art war- aus dem Arm.
"Der Kleine braucht erstmal was Anständiges zu essen!",
wetterte sie - schon auf dem Weg in die Küche. Der Bauer schmunzelte. Paul würde von seiner neuen Mutter vergöttert werden, das war jetzt schon absehbar.
Die Jacobs hatten sich schon immer Kinder gewünscht und so waren sie unglaublich glücklich über ihren neuen Familienzuwachs. Nach ein paar Monaten wusste der kleine Paul bereits, dass es sehr schmerzhaft für ihn war, die Katzen am Schwanz zu ziehen und sich mit einem lauten "Buuuh!" auf den Hund zu stürzen. Er lernte ein Pferd von einer Kuh zu unterscheiden und langsam aber sicher lernte er auch zu sprechen.
Das Leben auf dem Hof war schön, aber auch hart. Als Paul 6 Jahre alt war, musste er bereits beim Ernten und Melken helfen. In die Schule konnte er nicht gehen, seine Pflegeeltern hatten nicht genug Geld um ihn dort hin zu schicken und sie brauchten ihn als Hilfe auf dem Hof.
Er war jedoch nicht der einzige Junge, dem es so erging. Alle Jungen von benachbarten Bauernhöfen gingen ebenfalls nicht zur Schule und so hatte Paul bald eine große Menge Freunde, mit denen er herumzog.Sobald er es verstehen konnte, hatte ihm Bauer Jacobs erklärt, dass seine richtige Mutter eine arme Frau gewesen war und er deshalb ein Findelkind war.
Paul hatte es akzeptiert und forderte seinen Pflegevater immer wieder dazu auf, ihm zu erzählen wie er ihn gefunden hatte, denn er liebte diese Geschichte.
Aber manchmal, in dunklen Nächten, sehnte er sich trotzdem nach seiner richtigen Mutter, die er nie hatte kennenlernen dürfen und die ihm nur manchmal im Traum erschien.Als Paul 10 Jahre alt wurde (Sein Geburtsdatum war geschätzt worden, vermutlich war er an dem Tag seines Fundes einen Tag alt gewesen), fand gleichzeitig der 30. Geburtstag von Königin Katharine, der Königin von England statt.
"Schau Vater, da ist sie!", rief Paul aufgeregt und zog seinen Vater an der Jacke. Die Familie war in die Stadt gelaufen um der Geburtstagsprozession der Königin beizuwohnen.
"Schrei doch nicht so, Paul! Ich sehe sie doch auch.", versetzte Bauer Jacobs und beobachtete die dunkelhaarige junge Frau in der Kutsche.
"Sie ist sehr schön, nicht wahr? ",
fragte er seinen Sohn, was ihm einen vernichtenden Schlag seiner Frau einbrachte, der ihn fast zu Boden gehen ließ.Paul Southernwind beachtete die beiden nicht. Er bewunderte still die junge Katharine, die huldvoll winkend an ihnen vorbeifuhr. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu und er lächelte sie schüchtern an, was sie erwiderte.
"Die Königin ist gar nicht so böse, wie ihr immer gesagt habt!" ,
rief Paul laut aus.
Mary Jacobs riss die Augen auf und drückte ihrem Pflegesohn die Hand auf den Mund."Sag sowas nie wieder, hörst du?!",
zischte sie ihn an.
"Die Königin ist eine wundervolle und gütige Frau, die wir verehren!"
"Aber neulich habt ihr gesagt, dass...",
heulte Paul verwirrt.
"Nichts! Nichts haben wir gesagt!",
setzte sein Vater nach und sah sich unruhig um.
"Wir gehen jetzt, kommt!",
sagte er, packte den kleinen Jungen an der Hand und zog ihn nach Hause. Seine Frau folgte ihm kopfschüttelnd.
"Hör zu Kleiner!",
sagte Bauer Jacobs, als sie Zuhause waren.
"Das was du gehört hast, hast du falsch verstanden. Wir sind die treuesten Untergebenen der Königin und das kann jeder wissen! "
"Aber warum...".
"Wir wollten nur nicht, dass man einen schlechten Eindruck von uns hat.",
erklärte der Bauer.
"Und wenn wir abends Gespräche führen, werden sie in Zukunft nicht mehr belauscht. ",
fügte seine Mutter mit erhobenem Zeigefinger hinzu.
"Okay!",
sagte Paul, der das alles noch nicht so wirklich verstand.
"Darf ich jetzt raus gehen? "
Seine Pflegeeltern nickten erleichtert, Paul ging nach draußen, um mit seinem besten Freund einen Ball hin und her zu schießen und vergaß dieses Gespräch.
Bis zu seinem 15. Geburtstag.~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Anmerkung der Autorin:Da die Geschichte in London spielt, werden alle Namen auf Englisch ausgesprochen - sonst klingen sie nicht so toll :)
Und wenn ich Pauls Mutter und Vater erwähne, meine ich das Ehepaar Jacobs und nicht seine richtigen Eltern. Sonst müsste ich immer "Pflegeeltern" schreiben...
Love, Anniesroses♡
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Der Spion
Ficção Histórica"Hast du gute Nachrichten?", fragte ihre schneidende Stimme. Er begann zu zittern "Nein, Majestät! " "Wie schade für dich. " Ihr Lachen war unerträglich. "Dann wirst du bestraft werden!" Er schluckte. Er hatte sich mit der Königin angelegt. Das würd...