TEIL 2

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Die nächsten Tage waren verrückt, denn für Theodore zeigte sich, dass ein Leben im Rudel anders verhielt als sein vorheriges. Wo früher die einzige Verpflichtung die Schule war, und das er Sonntags zu Mittag am Esstisch sitzt, ist nun eine Verantwortung für sein Rudel und seinen Stamm.

Bei den nächtlichen Trainingseinheiten lernte er, seine Verwandlung zu kontrollieren, also gezielt und schnell sein inneres Feuer auf den ganzen Körper auszubreiten. Ted, der ihn bei seinen Trainings leitete, erklärte, dass es mit der Zeit weniger schmerzhaft sein würde, und eine reine Übungssache sei.

Je öfter Theo sich nun verwandelte, desto besser wurde auch seine Sinneswahrnehmung. Das Grün des Waldes, war für ihn jetzt mehr als nur ein verschwommenes Grün, das sich überall befand. Es war nun fassbar, überwältigend. Tausende Farbtöne die den ganzen Wald beherrschteren. Die Gerüche, der süße Duft der Veilchen, der erdige der grasenden Wapitis, der besinnliche der Tannen, wurden nun nicht mehr von dem herben des Mooses überdeckt. Überall drangen nun die Geräusche der Spechte und Sinnvögel zu ihm. Jede Brise des Windes wurde nun zu einem Spender des Friedens. Während der Wind sanft durch sein Fell strich und die Gerüche des Waldes an seine Nase trug, wurden seine Instinkte geweckt und spornten ihn dazu an, immer schnell durch den Wald zu rennen, immer mehr Facetten zu entdecken.

So wurde das Laufen zu einer seine Lieblingsbeschäftigungen, und er verbrachte seine Nächte damit, das Revier zu erkunden. Doch trotz der vielen Stunden, in denen er durch die Gegend gelaufen war, und der Tatsache das er schon seit ganzes Leben dort gelebt hat, konnte er dank der enormen Größe des Reviers noch nicht alles ablaufen, er war jedoch optimistisch, dass er nicht mehr lange brauchen würde.

Mitglied des Rudels zu sein erwies sich als nicht zu unterschätzender Zeitaufwand. Jeden Tag verbrachte er seine ganzen Nächte damit ein zweites Leben zu führen. Noch war dies auch kein Problem, da er nicht in die Schule ging, denn dank seiner hohen Körpertemperatur dachten seine Eltern, dass er einfach einen schweren Virus hatte, der langanhaltendes Fieber auslöste. So konnte er seine Tage verschlafen, und nur zum Essen aufstehen, und seine Nächte seinem Wolfsdasein widmen.

Dennoch wusste er ganz genau, dass er schon bald wieder in die Schule müsste, denn er kam nicht darum herum, seinen Abschluss zu machen und sich später einen Job zu suchen. Jahrelang hatte er geplant, eines Tages die Uni zu besuchen und dann Vulkanologe zu werden, doch die Vorstellung das Rudel, den Stamm und sein Revier zu verlassen kam ihn mit einem Mal unmöglich vor. Seine Pläne lösten sich im nichts auf, und er hatte nur noch ein Jahr Zeit, sich zu überlegen, was er mit seinem Leben anfangen könnte. Würde er nicht die ganze Nacht wie ein Irrer durch die Wälder laufen, würde ihn das mit Sicherheit um den Schlaf bringen.

Was ihn noch um den Schlaf bringen würde, ist die Tatsache wie blind er durch die Gegend gelaufen war. Viele Mitglieder des Rudels kannte er bereits, manche mehr, manche weniger. Einige gingen sogar an die gleiche Schule wie er. Wie konnte er nicht bemerken, dass sie mit ihren muskulösen Körpern, der unmenschlich hohen Körpertemperatur und der braun-gebrannter Haut praktisch vor seinen Augen herumgetanzt sind? Jetzt wo er selber ein Teil des Rudels ist, kommt ihn das alles so offensichtlich vor, dass er sich wirklich fragte, wie er nicht misstrauisch sein konnte. Auf Außenstehende mussten sie wirklich sonderbar wirken.

Das er heute die restlichen Mitglieder des Rudels kennenlernen würde machte ihn irgendwie nervös, denn er hatte das Gefühl, dass heute etwas passieren würde, etwas großes, etwas einschneidendes. Er sollte nicht in Wolfsform auftauchen, und da er als Mensch kommen würde zog er sich so schick wie möglich an, denn durch den Wachstumsschub der letzten Tage passte seine Kleidung nicht mehr richtig. Also zog er sich einen eher formelleren Pulli an, der jedoch trotzdem noch als Freizeitkleidung durchging.

Nachdem er sich fertig gemacht hatte, aß er noch eine Kleinigkeit, und sagte dann, das er nun ins Bett gehen würde. Er ging in seine Scheune zurück, legte sich ins Bett und wartete darauf, dass seine Mutter nach ihm sehen würde. Durch seine geschärften Sinne konnte er schon hören, wie sie durch die Haustüre ging, und versuchte möglichst gleichmäßig zu atmen, damit die Scharade nicht aufflog. Seine Mutter öffnete die Türe, sah kurz hinein und schloss sie dann möglichst leise.

Er wartete noch darauf, das im Haus das Licht ausging, dankte Leise Gott dafür, dass er die Scheune vor einem Jahr renoviert hatte, und dadurch nun unbemerkt ein und aus gehen konnte und machte sich auf den Weg zum Stammeshaus, oder Anabolika Heim, wie er es insgeheim gern nannte.

Leise öffnete er die Türe, schlich sich hinaus und lief in den Wald, da er so sicher sein konnte, dass wirklich niemand auf seine Spur kam.

Im Anabolika-Heim angekommen, bemerkte er, dass schon ein Haufen Leute auf ihn warteten. Nachdem Ted 'Hallo Welpe' gerufen hatte, konnte er sicher sein das nun jeder ihn ansah. Er begrüßte die Gruppe und setzte sich auf die bequeme Eck-Couch die sich im hinteren Teil des Hauses befand. Dort waren auch schon Quinn und Quill, die mit Holly redeten. Auch Jenna, die im Supermarkt vom alten Denny arbeitete, war mit von der Partie, doch sie schien ihr Arbeitskollege Silvio mehr zu interessieren, als die Gespräche am Tisch, so saß sie ein wenig zu eng bei Silvio und starrte ihn an, als würde er eine verbotene Frucht sein. Doch Silvio schien sie nicht zu bemerkten, und unterhielt sich mit den Zwillingen über Fußball.

Theo setzte sich zu Ihnen und stieg ins Gespräch mit ein und bemerkte somit nichtmal, dass sich jemand neben ihn gesetzt hat.Erst als dieser jemand Quill laut widersprach, bemerkte er sie. Sasha ging mit ihm in die Klasse, er kannte sie schon seit sie im Sandkasten miteinander gespielt haben. Sie war schon immer eine Freundin gewesen.

Er war ziemlich erfreut, dass er eine gute Freundin im Rudel hatte, also drehte er sich um, richtete sich auf und plötzlich hörte die Welt auf sich zu drehen, denn tiefblauen Seen die Sasha's Augen darstellten, schienen seine Welt mit einem Blick in Brand zu setzen, explodieren zu lassen und gleichzeitig neu zusammenzusetzen. Theo konnte förmlich spüren wie ihn nun nicht mehr die Erde anzog, sondern sie. Mit einem Mal wurde ihm klar, das der Sinn seines Lebens darin bestand sie zu beschützen, sie glücklich zu machen ihr zu geben was sie brauchte. Er wusste, dass er nie wieder etwas Schöneres sehen würde als sie.

Sasha war ab diesem Augenblick das einzige für das er Leben würde, sein Leben, sein Herz und seine Seele lag von nun an in ihren Händen. Und er konnte sich an keinen Augenblick in seinen Leben erinnern, indem er glücklicher und vollständiger war als in diesem.

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Diesen Part widme ich jenny_konrad, denn als ich ihre Storys gelesen habe, haben diese mich so mitgerissen, dass ich die Motivation gefunden habe selbst zu schreiben.

Schrei des Wolfes | Theodore und Sasha #platinaward2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt