Adeline
Das Heu roch angenehmen in meiner Nase. Selbst unter meinen Fingerspitzen fühlt es sich total vertraut an. Und irgendwie machte mich diese Tatsache glücklich.
Es war bereits der vierte Monat, in dem Ethan sich zu mir schlich. Hierher, in die Scheune, in der das Heu für die Tiere gelagert wurde.
Ich war Adeline Gúston, Tochter des Königs William und Prinzessen des Reiches Maristion, neunzehn Jahre alt und, ja, unsterblich in einen Bürgerlichen verliebt. Meine Mutter war damals, als ich noch ziemlich jung gewesen war, bei einem unglücklichen Kutschenunfall gestorben. Zurück war mein Vater mit mir und meinem Bruder geblieben. Von dem Augenblick, in dem meine Mutter den letzten Atemzug genommen hatte, hatte sich mein Vater mit aller väterlichen Fürsorglichkeit um mich gekümmert. Es war erschreckend, wenn ich heute so darüber nachdachte, wie viel Zeit er geopfert hatte, damit ich damals nicht an meine Mutter denken musste, damit ich glücklich sein konnte und nicht Trauer litt, so wie er es tat. Charles, mein Bruder, der neun Jahre älter war als ich, benötigte damals nicht diese Aufmerksamkeit, Trubel – wie er es umschrieb. Aber manchmal dachte ich wirklich daran, dass ihm diese Verbindung geholfen hätte.
Nun, ich war jung und hatte alle Zeit der Welt, um mein wertvolles Prinzessinnenleben in vollen Zügen zu genießen. Mein Vater bereitete meinen Bruder auf seine Thronfolge vor und ich hatte wie so häufig nichts zu tun. Und war es denn falsch sich mit einem Untertanen einzulassen? Meiner Ansicht nach ja nicht und es war nicht so, dass ich für Ethan nichts empfand. Nein, im Gegenteil, ich liebte ihn, aber ich wusste, dass sich das, diese Verbindung zwischen uns, einem Stalljungen und einer Prinzessin, niemals bewähren würde. Es war einfach ausgeschlossen, dass er und ich ... verheiratet sein könnten.
Bei dem Wort Heirat graute es mir. Ich war neunzehn und heiratsfähig. Als würden wir Prinzessinnen nur darauf warten jemand völlig Fremden zu heiraten und an einen unbekannten, neuen Ort gebracht werde. Genau.
Diese Tatsache ging mir total gegen den Strich. Ich hatte keine Lust irgendeinen verkorksten Prinzen aus dem Süden zu heiraten.
Wir, also die Königsfamilien Gúston und Andine, waren die einzigen Königshäuser im hohen Norden. Die Bezeichnung ›hoher Norden‹ war vielleicht nicht passend, denn so kalt und verschneit war es in unserer Region nicht. Bekanntschaft mit der Familie Andine hatte ich noch nie gemacht und ich hatte auch keinen bewegenden Grund dazu, denn ich wusste, dass unter ihnen ein Prinz weilte, der ungefähr in meinem Alter war. Und würde mein Vater nur die Chance auf ein Bündnis wittern, würde er sie sofort ergreifen. Und darauf konnte ich sicherlich verzichten.
Das getrocknete Gras raschelte vertraut und ließ mich schmunzeln. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als Ethan um die Ecke kam. Wie immer ging er souverän, fast königlich, während sich auf seinem makellosen, kantigen Gesicht ein breites Grinsen legte. Seine schwarzen Haare waren wie so oft zerzaust und unterstrichen die hohen Wangenknochen und die schlammbraunen Augen.
Mein Blick wanderte von seinem Gesicht auf seine Hand, mit der er sich durch das Haar strich, bis zu seinem Arm, wo der Stoff des Hemdes sichtlich spannte. Und ehe ich etwas sagen konnte, hatte Ethan schon seine Hände um meine Hüfte gelegt und mich an sich gezogen. Ein warmer Schauer lief mir den Rücken hinunter, als mein Gesicht an seiner Brust lag, die sich im Takt hob und senkte.
»Da ist ja meine Prinzessin«, meinte er zufrieden und brummte, was mir wieder einen Schauer über den Rücken jagte.
Ich rückte näher an ihn, versuchte jeglichen Raum zwischen uns zu verdrängen, und meinte: »Ich habe dich vermisst.«
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Wolfstriologie
Werewolf1. Wolfsduft 2. Wolfsliebe 3.Wolfsglück Nur eine Begegnung reißt die junge Adeline Gúston, Prinzessin des Reiches Maristion, aus ihrem geplanten Leben. Ethan, der junge Mann, den sie liebt, ist nicht der, der er vorgibt zu sein. Tief in ihm ruht etw...