6. Kapitel

87 10 1
                                    


Adeline

Ich zwang mich ruhig und beständig zu atmen, während Ann neben mir schwärmte, wie toll und gut aussehend dieser Prinz doch sei. Mein Puls raste, obwohl er schon seit Minuten gegangen war. Meine Haut, meine Hand, kribbelte, als hätte ich mich verbrannt, und ich hatte es schwer, zu schlucken. Ich hatte das Gefühl, als würde ich mich jeden Moment auf den Boden schmeißen und dort wie ein Kind weinen. Und tatsächlich hatte ich darüber nachgedacht dieses Drama vorzuspielen, nur um nach oben in mein Gemach zu kommen, die Stimmen und Leute auszublenden, und mich schließlich selbst zu bemitleiden.

»Ann«, sagte ich seufzend und sie hörte auf zu reden. »Es genügt.« Ich nahm mir das zweite Glas Wein, das mir diesmal ein Bediensteter serviert hatte, und trank einen kräftigen Schluck. Zu hören, wie toll dieser Prinz, dieses eigentliche Tier, doch sei, war das allerletzte, was ich an diesem so oder so schon ruinierten Abend wollte.

Sie verschränkte die Arme und meinte: »Tja, vielleicht hätte ich vorhin nicht so viel reden sollen, dann wäre wirklich ein Prinz Oberhässlich hier hereinspaziert und nicht jemand, den die ganze Bevölkerung anhimmeln würde.«

»Warte, jetzt übertreibst du«, meinte ich und machte ein gespielt fassungsloses Gesicht.

»Ich und übertreiben? Pah, das ist überhaupt nicht möglich.« Sie lachte auf und rutschte ein Stück zu mir.

»Nein, natürlich nicht«, meinte ich ironisch und nippte ein weiteres Mal am Glas. »Sag, du begleitest mich doch an den Hof meines Ehemannes, wenn ich geheiratet habe, oder nicht?«, fragte ich Ann nach einer Weile, die dem bunten Treiben auf der Tanzfläche zuschaute.

Sie lachte und schupste mich ein Stück an. »Aber natürlich werde ich mitkommen. Immer. Als würde ich dich allein irgendwo hinziehen lassen. Und wenn du zu Prinz Ethan an den Hof kommst, oh, glaub mir, dann werde ich dich sogar zwingen mich mitzunehmen.«

Ich musste auch lachen. »Danke, Ann.«

»Für was?« Fragend betrachtete sie mein Gesicht.

»Einfach für alles.«

Ihr Lächeln wurde breiter und herzlicher, als sie mich in den Arm nahm und drückte. Sie roch vertraut nach Vanille und ich schlang die Arme um ihren Körper und zog sie an mich. Ann war das, was ich in solchen Situationen brauchte, in denen ich verzweifelt war und nicht mehr weiter wusste. Sie war mein halbes Herz und unterstützte mich auf jede erdenkliche Weise. Und dafür war ich ihr sehr verbunden.

»Adeline?« Ich entließ Ann und blickte zu der Person empor, die vor mir stand. Vater.

Ann stand auf, machte einen Knicks und verschwand hinter Vater. Sie zwinkerte mir zu und lächelte einmal, um mir zu sagen, dass ich das schon mache. Dass ich es schaffe, egal, was es sei.

»Ja, Vater?« Ich wollte aufstehen, aber er sagte mir mit einer einfachen Handbewegung, dass dies nicht nötig sei.

Der König richtete seinen vornehmen, königlichen Anzug und setzte sich dann zu mir auf die Chaiselongue. Er stützte die Hände auf die Knie und sah mich eindringlich an. »Wie ist Prinz Ethan. Gefällt er dir?«

Mein Herz zog sich zusammen und ich biss mir auf die Unterlippe. Nur nichts Falsches sagen, sagte ich mir und schluckte stark. »Ich weiß nicht, Vater, auf was du hinausmöchtest«, wich ich seiner Frage aus.

Er nickte bedacht und meinte: »Ich möchte von dir wissen, Adeline, ob der Prinz von Anglaiys eine Wahl für dich wäre. Immerhin haben wir gute Verbindungen zu der Familie Andine und der Prinz scheint mir auch ein Gentleman zu sein.« Vater lachte kurz auf.

WolfstriologieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt