Grönecke

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~ Kris' Sicht ~

"Wohin sollen die unbeschrifteten Kisten?", fragte Arne, als er gerade einen Umzugskarton aus dem LKW hievte und er gerade so 'drüber hinweg sehen konnte.
"Äh, stell die am besten einfach ins Wohnzimmer", schlug ich vor. "Johannes, kannst du mir mal gerade mit dem Regal hier helfen?" Kaum hatte ich meine Bitte ausgesprochen, sprang der Sänger auch schon auf die Ladefläche, salutierte und antwortete mit einem festen "Aye, aye, Sir!", woraufhin ich nur die Augen verdrehte und auflachte. Wir trugen das schwere Regal aus dem LKW und stellten es vorerst auf dem Bordstein ab.

"Ich fass' es nicht, dass ihr wirklich ernst macht und zusammenzieht", grinste Jo und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die hochstehende Mittagssonne strahlte eine enorme Hitze aus und somit war das Wetter eigentlich viel zu heiß für einen Umzug.
"Naja, ist ja nicht so, dass wir nicht schonmal in einer WG zusammengewohnt haben." - "Wow, du vergleichst unsere alte, ranzige Studentenbutze von früher mit Johannes tatsächlich mit unserer ersten gemeinsamen Wohnung mit Dachterrasse, Whirlpool und ganz viel Zeit zu zweit... Da kommt mal wieder der richtige Romantiker in dir durch", hörte ich Niels ironisch schmunzeln, ehe seine Arme sich von hinten um meine Mitte schlangen und er mir einen Kuss auf die Wange drückte.
"Ich spar mir die Romantik lieber auf", bemerkte ich lachend, drehte meinen Kopf zu Niels und hauchte meine Lippen kurz auf seine. Er zog erwartungsvoll die Augenbrauen hoch und sein linker Mundwinkel wanderte schelmisch nach oben: "Ach ja? Für was denn? Ich bin lange genug mit dir zusammen, um zu wissen, dass du das Bett damit nicht meinen kannst." - "Okay, das war mein Stichwort", machte Johannes sich wieder bemerkbar und hob seine Hände schützend in die Luft, "Ich will nicht wissen, welchen Typ von Sex ihr bevorzugt, also... Ich mach' mich einfach mal wieder an die Arbeit." Er deutete auf den LKW, kletterte wieder auf die Ladefläche und verließ diese kurz darauf mit einem weiteren Umzugskarton, den er nach oben in Niels' und meine Wohnung trug.

Ich drehte mich in den Armen meines Freundes und platzierte meine auf dessen Schultern: "Ich spar mir die Romantik einfach nur für den richtigen Zeitpunkt auf", erklärte ich nun lächelnd und Niels schüttelte breit grinsend mit dem Kopf: "Ist doch alles gut; ich habe dich Kitsch-Allergiker so kennengelernt." - "Trotzdem habe ich auch andere Seiten." Natürlich wusste ich, wie Niels es meinte, aber dennoch hatte ich das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen. Ich war nunmal eher der lockere, witzige Typ, der eher durch kleine unauffällige Gesten bezeugte, wie sehr er Niels liebte, währenddessen er Profi darin war, mich zu verwöhnen und schnulzige Worte zu finden, die seine Gefühle für mich beschrieben, doch das hieß lange noch nicht, dass ich nicht auch romantisch sein konnte.
"Das weiß ich doch", beruhigte Niels mich sanft und gab mir einen Kuss auf die Lippen, "Ich wollte damit doch nur sagen, dass ich keinen großen Kitsch von dir erwarte - das ist nunmal eher mein Job." Ich atmete schwer aus, doch ehe ich etwas hätte erwidern können, traten Arne und Jakob aus der Haustür und erinnerten uns neckisch daran, dass wir vielleicht auch mal anfangen könnten, bei unserem eigenen Umzug mitzuhelfen.

"Okay Jungs, danke für eure Hilfe. Den Rest schaffen wir wohl alleine." Es war bereits zwanzig Uhr. Den gesamten Tag hatten wir damit verbracht, Kartons aus dem LKW nach oben in den vierten Stock zu schaffen, Möbel aufzubauen und zu rücken. Wir hatten uns Pizzen kommen lassen und saßen mit sechs Mann im Wohnzimmer, in dem sich reihenweise die Kartons nur so stapelten. Zwischenzeitlich waren heute Nachmittag auch noch Niels' Eltern und mein Bruder da, die ebenfalls mit angepackt hatten, und jetzt, wo das Gröbste fertig war und die Pizzen aufgegessen waren, waren auch unsere Freunde entlassen.
"Falls ihr noch Hilfe braucht, meldet euch", bot Chris noch an und stellte seinen leeren Pizzakarton auf dem Tisch vor ihm ab.
"Machen wir." Niels lächelte den Bassisten dankend an, ehe wir diesen, Johannes, Arne und Jakob noch zur Tür brachten, uns nochmal einzeln für ihre viele Hilfe bedankten und sie umarmten.

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