Johaniels

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Niels' Sicht

Ich grinste bis über beide Ohren, als ich Kris von meinem Vorhaben erzählte. Ich konnte die Umsetzung kaum abwarten, wollte mir aber zunächst die Meinung meines besten Freundes einholen.

Dieser schien aber bei weitem nicht so begeistert, wie ich es mir vorgestellt habe.

Ich hätte mit einer überstürzten Umarmung gerechnet, mit Zuspruch und einem „Ich freu' mich ja so für dich!".

Stattdessen schürzte er nur die Lippen und sah besorgt drein: „Hast du's schon Johannes gesagt?"

Ich sackte in mich zusammen, von meiner Freude war augenblicklich nichts mehr zu spüren.

„Dein Ernst jetzt?", fuhr ich Kris beleidigt an, lehnte mich auf der Bank zurück und verschränkte die Arme vor meiner Brust.

Er sah entschuldigend in sein Bierglas vor ihm, richtete dann aber seinen Blick wieder auf mich: „Tut mir leid. Aber mit ihm solltest du vielleicht auch drüber reden, bevor du ernst machst."

„Weißt du was, Kris?", zischte ich, kramte wutentbrannt mein Portemonnaie aus meiner Hose, um etwas Geld auf den Tisch zu knallen, „Wenn das alles ist, was du dazu zu sagen hast, hätte ich mir das hier auch sparen können. Ich dachte, du freust dich für mich!"

Ich stand auf und zog mir während des Gehens meines Jacke an. Kurz bevor ich den Ausgang der Kneipe erreichte, hörte ich Kris mir noch etwas hinterherrufen: „Mann, Niels, natürlich freue ich mich!"

Dennoch hatte ich keine Lust, mich weiter mit ihm zu unterhalten. Natürlich hatte ich vor, auch noch mit Johannes zu reden und es ehrte Kris, dass er ebenfalls an ihn und sein Befinden dachte, aber in diesem Moment hätte ich mir einfach nur gewünscht, dass mein bester Freund mir alles Glück der Welt wünschen würde, bevor es dann irgendwann später um die ernsten Dinge ginge.

Um mir Kris' Moralpredigt bei unserer nächsten Begegnung zu sparen, machte ich mich direkt auf den Weg zu unserem Bandleader. Ich nahm mir weder ein Taxi, noch steuerte ich auf die U-Bahn zu; ich musste zu Fuß gehen, damit ich den Kopf etwas frei bekam und nicht in einem so mies gelaunten Zustand bei Jo aufkreuzte.

-

Eine gute halbe Stunden später stand ich also vor der entsprechenden Haustür. Ich atmete einmal tief durch, drückte auf die Klingel und einige Sekunden später, ertönte die mir all zu bekannte Stimme von Johannes aus der Gegensprechanlage: „Hallo?"

„Hey", entgegnete ich, „Ich bin's. Niels."

Beim Summen der Tür, stieß ich diese auf und nahm jeweils zwei Stufen auf einmal, um in den zweiten Stock zu gelangen; Johannes stand mit verdutztem Gesichtsausdruck, in Jogginghose und Pullover im Türrahmen und machte mir Platz, damit ich in seine Wohnung konnte.

„Also, falls das jetzt so 'ne Rückeroberungsnummer werden sollte–", begann er in einem ironischen Tonfall, doch ich unterbrach ihn hastig, damit er es nachher nicht bereuen würde;

„Nein, keine Sorge."

Ich befürchtete, Enttäuschung in seinen Augen aufblitzen zu sehen, doch er murmelte lediglich „Na, dann ist ja gut", bevor er sich ein Lächeln aufzwang und mir mit einer einladenden Geste zu verstehen gab, dass ich ins Wohnzimmer gehen soll.

Während ich mich so auf sein Sofa fallen ließ, spürte ich die Anspannung in mir aufsteigen. Auch wenn ich fairerweise vorhatte, Johannes über meinen Plan zu informieren, hätte ich es sicherlich noch einige Tage lang vor mich hergeschoben, um mit erstens die richtigen Worte zurecht zu legen, und zweitens einer möglichen Konfliktsituation möglichst lange aus dem Weg zu gehen.

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