Dreizehn

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Mir war der Mund aufgeklappt. Das konnte doch nicht wahr sein! Bitte lieber Gott, lass das nicht wahr sein! Es war das erste mal in meinem Leben, dass ich zu Gott betete, doch jetzt brauchte ich ihn.

"Aber...", begann ich zu stottern. "Aber was?", fragte Tom. Er war ungewohnt angespannt. So kannte ich ihn gar nicht. Kannte ich ihn denn wirklich? Meinen Tom? Anscheinend nicht!

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich angefangen hatte zu weinen, doch jetzt wischte ich mir meine Tränen von der Wange.

"Ich hab ein Jahr nach dir gesucht!" Ich versuchte so kalt wie möglich zu klingen, hielt Blickkontakt mit ihm aufrecht. "Das war ein verschenktes Jahr!", mit diesen Worten drehte ich mich um und ging zurück zu meinem Koffer, den ich in meinem Elan ganz vergessen hatte. Nicht heulen, nicht heulen, nicht heulen, ging es mir die ganze Zeit durch den Kopf, doch ich konnte doch nichts gegen meine Gefühle machen!

Doch was hatte ich eigentlich erwartet? Das er mir in die Arme springt und sagt, dass er mich vermisst hat und das er mich von ganzen Herzen liebt? - Ja, irgendwie schon!

Doch ich wollte nicht, dass es so zu Ende gehen würde. Wenn Tom mich wirklich nicht mehr lieben würde, dann hätte er mich doch eben nicht vor diesem Typen gerettet...ich meine, das war doch keine Geste aus reiner Höflichkeit!

Ich hatte meinen Koffer endlich erreicht. Doch sollte ich jetzt einfach wieder gehen? Nein das konnte ich nicht machen ich musste Tom wenigstens warnen. - Vor Sam.

Mensch was mach ich eigentlich! Warum ließ ich mich einfach so von ihm abwimmeln. Er hat gelogen, sonst hätte er mich eben nicht gerettet. Mit meinem Koffer lief ich also wieder zu der Stelle, an der ich mit ihm gesprochen habe. Er war schon weg. Das war ja wieder klar gewesen, aber ich wusste wie er sich nannte: Trümper.

Warum eigentlich? Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass Tom einen Doppelnachnamen hat. Aber vielleicht hat er mir dies auch extra nicht erzählt. Könnte ja sein.

Es war ziemlich leicht gewesen das Haus von Tom zu finden. Eine Familie Trümper kannte hier im Dorf nämlich fast jeder. Eine sehr nette, alte Frau beschrieb mir den Weg zum Haus.

Nun stand ich also vor diesem Haus. Klein, mit Garten, gegenüber von Feldern. Auf dem Klingelschild stand in sauberer Druckschrift geschrieben: Trümper. Ich war also wirklich richtig.

Ganze fünf Minuten rang ich mit mir selber, ob ich den Klingelknopf drücken sollte, oder lieber nicht, doch meine Entscheidung stand fest. Mutig drückte ich also den Knopf und eine schöne Melodie erklang im inneren des kleinen Hauses. Mit zitterigen Beinen blieb ich vor der Holztür stehen.

Es dauerte etwas bis jemand die Tür öffnete. Was für ein Glück ich hatte. Es war Tom. Er guckte mich mit seinen braunen Augen an. Ich musste etwas sagen. Nur was? Ich hatte so eine Angst, dass er die Tür vielleicht wieder zumachen würde, wenn ich nichts sagen würde. Ich setzte also zum sprechen an. "Tom, ich...", doch er unterbrach mich. "Geh nach Hause Layla, bitte." Er war dabei die Tür zuzumachen. Schnell stellte ich meinen Fuß in die Tür. Man tat das weh! In den Filmen sah das alles viel einfacher aus...

"Ich lass mich nicht schon wieder von dir wegschicken. Ich bin verdammt noch mal nicht um sonst diesen Weg gefahren. Ich lasse mich nicht mehr, weder von dir noch von Florian oder sonst irgendwen, drehen und wenden, so wie es ihm passt. Ich bin kein Spielball! Und ich verlange von dir, dass du mir jetzt ein einziges Mal zuhörst, Tom, denn das bist du mir schuldig!" Das hatte anscheinend gesessen, den der Druck der auf der Tür lag wurde weniger. Toms Blick war finster und auch etwas unheimlich, aber seine Stimme brach, als er ein 'okay' murmelte.

Ich hatte es geschafft. Tom gab mir eine Chance und so sprudelte es nur so aus mir heraus. "Seid dem du weg bist ist nichts besser geworden. Eher viel schlimmer. Klar Florian hat mich in Ruhe gelassen, aber...aber..." Ich machte eine Pause, guckte Tom ins Gesicht um seine Reaktion abzuwarten. "Sam ist da!" Tom verspannte sich, kniff die Augen zu. "Sie sucht nach dir, vielleicht ist sie sogar schon auf den Weg hierher."

Toms Augen weiteten sich. Ich hatte noch nie so viel Angst in seinen Augen gesehen! Warum hatte er nur so viel Angst vor Sam? Klar, sie war nicht unbedingt die freundlichste, aber das war Florian auch nicht.

"Und du bist nur gekommen um mir das zu sagen?", fragte Tom etwas verblüfft. "Nicht nur. Natürlich wollte ich dich warnen, aber ich wollte dich generell einfach nur finden."

Tom öffnete die Haustür, doch ich nahm meinen Fuß trotzdem nicht weg. "Und wie lange bist du jetzt noch hier?" "Mit heute noch vier Tage.", sagte ich ruhig.

Tom seufzte laut auf, doch dann schien er ernsthaft über etwas nachzudenken und zu überlegen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis er wieder zum sprechen ansetzte. "Du wirst hier keine Unterkunft finden. Dies hier ist ein Dorf ." Hatte er jetzt so lange nachgedacht um mir das zu sagen?! Ich nickte drehte mich um. "Ich war noch nicht fertig!" Da war er wieder. Der alte Tom, der, der sich nicht einschüchtern ließ. Ich drehte mich also wieder zu ihm um. Er hatte den Weg zur Tür frei gemacht. "Komm rein."

Graffiti IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt