Part 1/1

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,,Wie lange noch?" Meine Stimme ertönt im Saal. Ich stelle die Frage, die mich am meisten beschäftigt.
Wie oft habe ich mich das schon gefragt? Wie oft nur in den vergangenen dreiundzwanzig Jahren.
Viel zu oft. Wie immer erhalte ich keine Antwort. Wie gerne ich eine hätte. Ich brauche eine Antwort. Aber die Person mir gegenüber antwortet nicht. Die Person vor mir sieht mich mit diesen kalten grünen Augen an. Viele Menschen waren dran schuld und haben mein Leben zerstört, aber die Person vor mir, hat mich Zerstört.
Ich rede so, als sei mein Leben je leicht gewesen, aber ich weiß doch genau, das Wort "Leicht" passt nicht zu mir, nicht zu meinem Leben. Ich würde ja gerne sagen, mit zehn Jahren wurde es schwierig, aber das kann ich nicht, denn schon als ich geboren wurde, war mir mein Unglück geschrieben. Gerade würde ich gerne Weinen, aber das funkioniert nicht, meine Tränen wurden schon alle verfließt, meine Augen sind jetzt trocken.

Erinnerungen blitzen auf. Selbst wenn ich die Augen zukneife, verwinden sie nicht. Ich will schreien. Aber der Kloß sitzt fest in meinem Hals. So fest wie damals. Als ich nicht loslassen konnte. Doch schon bald bezahlte ich den Preis dafür und ich habe sehr teuer bezahlt. Ich wurde zerbrochen. Die Scheiben kriegt man nicht mehr zusammen. Denn überall blieb ein Teil von mir. Bis es mich garnicht mehr gab. Ich existiere nur noch als das hässliche magere Mädchen mit diesen Erinnerungen.

Bis zu meinem zehnten Lebensjahr war es doch typisch mit Gewalt aufzuwachsen, aber die innere Gewalt hatte ich nie kennengelernt, ich spürte sie erst später.
Ich hasse meinen Vater. Ich hasse meine Mutter. Die Menschen. Aber noch mehr hasse ich die Person mit den grünen Augen und braune locken. Er ist grauenvoll. Ich hasse ihn. Und liebe ihn. Nein, ich hasse mich selbst.
Ich bin an allem schuld. Das hat mir doch selbst mein Vater immer gesagt. Ich hasse mich. Das hat er mir auch immer gesagt. Mein Vater hasst mich. Meine Mutter hasst mich. Die Menschen. Und Er. Er hasst mich auch. Der Junge mit den grünen Augen und braunen Locken.
Er wusste von allem. Er hat alles gesehen. Ich hasse die Nachbarn. Ich hasse ihn. Er war schon immer mein Nachbar gewesen. Meine Liebe. Meine Hölle. Meine größte demütigung.

Ich erinnere mich noch genau wie mich schon als Kind, die anderen Kinder angeschaut haben. Ihre Blicke brennen hinter mir und verfolgen mich immer. Für immer. Ich war sie doch. Die Fette. Die hässliche. Die dumme. Die an allem schuld ist.
Wie viel kann man schon in einem Rucksack tragen wenn es voll ist? Ich weiß es nicht. Ich weiß aber das ich viele schulden trage, das sogar ein Rucksack platzen würde.

Alles was ich wollte war doch nur zeigen, das ich ein Mensch bin. Bedürfnisse habe. Das recht auf Bildung habe. Ich habe mir oft vorgestellt, wie es wohl ist eine Schule zubesuchen. Ich war doch auch nur ein Mädchen mit träumen. Aber die Träume gibt es nicht mehr. Genau so wie das Mädchen. Ich glaube dieses Mädchen gab es sogar garnicht.

Man sagte mir, ich solle sterben, mich nicht blicken lassen. Aber keiner wusste das ich längst tod gewesen bin. Keiner hat je geahnt, das ich längst Suizid begangen habe, aber nicht mein Körper sondern meine Seele getötet habe.

,,Du bist nicht so wie wir. Du gehörst nicht zu uns." Sagten sie mir. Ich habe gedacht, es sei Okey anders zusein. Wieso also, hat es hier nicht gepasst?

Menschen sind lügner. Sie sagten doch, man kann alles werden was man möchte. Also, warum konnte ich nie Frei sein? Frei werden.

Nein, es reicht. Ich will kein mitleid, ich will ein Weg hier raus haben, aber das Problem ist, es gibt kein Weg.
Jegliche Brücken für einen ausweg wurden zerstört, wie ich zerstört wurde. Sie sagten mir, ich sei gestört. Wo ist schon der Unterschied zwischen gestört und zerstört? Sie erkannten ihn nie. Aber er hat mir doch versprochen mich raus zuholen. Der Junge mit den grünen Augen und braunen Locken hat mich auch angelogen.

Sie haben mich alle verlassen. Ich bin ganz allein. Niemand braucht mich und ich brauche auch niemanden. Ich bin nutzlos, schwach und dumm.
Ich bin eine Mörderin.
Ja, ich habe ihn getötet, aber hat es doch verdient. Ich war und bin naiv, als ich dachte, mein Leben mit zehn neustarten zukönnen in dem ich meinen Vater ermodere. Sie sagten, ich sei nicht normal. Sie hatten recht. Ich bin nicht normal. Er wusste es. Der Junge mit den grünen Augen und braune Locken wusste es. Aber Er hat mir schöne Augen gemacht.
Meine Mutter hat mich als erstes verlassen. Ich war komisch, eigenartig, unnormal, unheimlich, gestört, behindert, gruselig? Sie hat mich verlassen.

Vielleicht brauchte ich nur jemanden, nur eine Person, nur eine Person die mich in die Arme nimmt mir zuhört. Eine Person die mir sagt: ,,Du bist okey, du bist besonders, alles wurd gut." Vielleicht das mir jemand sagt: ,,Ich liebe dich und stehe immer hinter dir, egal was passiert."
Menschen brauchen doch sowas. Ich bin doch auch nur ein Mensch. Ich habe sowas auch gebraucht.

Sie sagten: ,,Du bist Fett." Ich ließ mich verhungern und nahm ab.
Sie sagten: ,,Deine Haare sind zu lang." Ich schneidete alles ab.
Sie sagten: ,,Die Haarfarbe ist hässlich." Ich habe sie gefärbt.
Dann sagten sie: ,,Du bist zu dünn, deine Haare sind zu kurz und deine Haarfarbe bleibt hässlich, denn du bist innerlich hässlich." Und da, spürte ich die Schmerzen die ein Menschen nur haben kann.

Aber jetzt weiß ich, ich hätte mich nie ändern sollen. Ich sollte so bleiben wie ich bin. Ich sollte nicht aufgeben sondern lernen wie man kämpft. Ich sollte was aus mir machen, es war nie zuspät ein Leben neu zustarten. Aber wen sage ich das? Ich bin schwach. Ich bin anders, für sowas bin ich nicht geeignet.

Sie haben mir weh getan. Den Schmerz spüre ich bis heute noch.
Aber das war nicht alles. Er hat mich am meisten verletzt. Er wusste von allem. Er hat es mir angetan. Der Junge mit den grünen Augen und braunen Locken.
Er war an jener Nacht da, als ich die Zimmer meines Vaters angezündet habe.
Aber Vater hat es doch verdient. Vater hat mich doch so oft geschlagen. Vater war böse.
Er war auch böse. Der junge mit den braunen locken und den grünen Augen. Mich hat er innerlich geschlagen.
Er hat mir vieles angetan.
Sie sagten ich sei verrückt.
Sie wollten nicht das ich glücklich werde.
Sie wollten nicht das ich mit der Liebe meines Lebens kontakt habe. Mit ihm.
Aber er hat mich ausgenutzt.

Man sagte: ,,Renne nicht zu dem zurück, was dich brechen ließ. Aber ich war so dumm und habe nie gehört."

Ich bin immer wieder zu ihn zurück gerannt. Und er brach mich jedes mal mehr, bis ich komplett gebrochen war und nichts mehr von mir gab.
Aber die Person vor mir mit den grünen Augen hat es mir am meisten angetan. Sogar mehr als Er. Der Junhe mit den locken und grünen Augen war halb so schlimm wie die Person vor mir.

Einmal sagte er: ,,Die Zeit ist kostbar, ambesten solle ich die nutzen. Also verschwinde. Du bist nutzlos."
An diesem Tag verschwand ich auch. Aber ich kam zurück.

Er sagte: ,,Dir könnte es vielleicht eines Tages gut gehen, wenn du das bekommst, was du brauchst und dich danach sehnst, mich!" Natürlich ohne zuvergessen ,,Aber mich kriegst du nicht. Niemals in eine Million Jahre." Hinzufügen.

Der letzte Tag an den ich ihn zuletzt sah bevor er mich komplett verließ sagte er: ,,Ich bin stolz auf meine Leistung, die ich geleistet habe. Sieh dich nur an. Guck wo du gelandet bist. Erbärmlich, nh? Sieh zu das du Land gewinnst, wobei du nichts, niemals-jemals was gewinnen wirst. Ich werde dir auch nicht sagen warum. Denn du musst dich nur mal im Spiegel ansehen, dann erhälst du eine Antwort. Lebe in der Hölle, Slut."
Das war der Tag an dem ich mich einsperrte und niemals mehr raus ging.

Er war es. Ich hasse ihn. Das war meine Geschichte. Das war mein Leben. Ich hasse die Menschen. Ich hasse Vater, Mutter, Ihn und die Person vor mir.
Das wurde aus mir.
,,Wie lange noch?!" Schreie ich die Person vor mir an. ,,Wie lange noch, muss ich so Leben. Du solltest dem allen eine Ende setzten."
Ich sollte einsehen, das ich wirklich verrückt bin. Ich war nie normal gewesen. Das hier ist ein Buch, meine Geschichte wurde in einem Unglück verfasst.
Der wichtigste Teil meines Lebens ist: Ich sollte es ein sehen. Es gab ihn nie und ihn wird es nie geben. Der Junge mit den braunen locken und grünen Augen.

Die Wut übergibt mich und ich hole aus. Meine Faust landet auf die Person vor mir. Und ich fühle die Erleichterung. Jetzt ist das Spiegel zerbrochen. Jetzt muss ich mich nicht mehr sehen.


















Danke fürs vorbeischauen

He 》H.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt