Kapitel 3

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Ehrfürchtig blieb Marie vor der Tür zu Lucians Arbeitszimmer stehen. Sie wollte gerade klopfen, als sich die Tür nach außen hin öffnete und der Prinz vor ihr stand. Ein wenig unsicher lächelnd blickte sie zu ihm auf. "Hast du eine Minute Lucian? Ich muss mit dir über die Hochzeit sprechen."

Für einen Moment blitzte Ärger in den Augen des Prinzen auf, ehe er schmunzelte. "Sicher, komm rein, dann können wir reden.", erklärte er, dreht sich auf der Stelle um und betrat sein Arbeitszimmer.

Ein Kamin, in dem ein kleines Feuer brannte, unzählige Schränke und Regale voller Unterlagen und Pergament, ein Fenster mit einem massiven Schreibtisch davor. Mehr beherbergte Lucians Arbeitszimmer nicht und wirkte auf Marie nunmehr einschüchternd als einladend. Lucian ließ sich auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch sinken, während Marie vor diesem stehen blieb. Für sie war keine Sitzgelegenheit in Sicht.

"Also, worüber genau willst du sprechen, Prinzessin?"

"Ich habe Fragen zum Ablauf der Hochzeit und den Vorbereitungen, Lucian."

"Ich höre", bestätigte der Prinz und stützt einen Ellbogen auf dem Tisch ab. Zwei Finger hatte er nachdenklich ans Kinn gelegt.

"Wird mir ein Kleid bereitgestellt oder darf ich mein eigenes tragen?"

"Es steht ausreichend Auswahl zur Verfügung, aber du kannst dein eigenes Hochzeitskleid tragen, wenn du eines bei dir hast."

"Wo wird die Hochzeit stattfinden?"

"In zwei Tagen im Pavillon in der Gartenanlage, 12 Uhr mittags."

"Welche Gäste kommen?"

"König und Königin unserer Reiche, einige Adlige, sowie ausgewählte Gäste der einzelnen Höfe. Damit zweihundertsiebzehn Gäste."

Marie schluckte. Soviel Gäste? Natürlich hatte sie mit einer großen Hochzeit gerechnet, aber so groß..?

Lucian hatte während der Befragung keine Miene verzogen und Maries Fragen distanziert beantwortet, als würde ihn all das nicht betreffen.

"Gibt es noch etwas das ich wissen muss, Lucian?", fragte die Prinzessin nach.

"Es wird keine Hochzeitsnacht geben." Lucians Stimme zeigte keinerlei Regung, wohingegen Marie aus allen Wolken fiel.

"Was meinst du damit?" Ihre Stimme hatte begonnen zu Zittern. Unsicherheit überschwemmte die Siebzehnjährige.

"Du hast richtig gehört, Marie." Der junge Herrscher des Shiane-Königreichs erhob sich. "Unsere Ehe ist rein politischer Natur. Ich habe kein Interesse an Frauen wie dir. Du bist die Vorzeigebraut. Zwischen uns wird es keine Beziehung geben. Du wirst dich nicht in mein Regierungsgeschäft oder meine Rudelangelegenheiten einmischen. Du magst meine Frau werden, Marie, aber meine Geliebte oder gar meine Luna wirst du nie sein."

Maries Mund stand offen. Eine einzelne Träne floss ihre Wange hinunter. "Ich habe verstanden", gab die Prinzessin tonlos von sich, stand auf und verließ Lucians Arbeitszimmer.


Marie war auf direktem Weg zurück in ihr Zimmer gegangen. Hatte sie weitere Tränen auf dem Weg unterdrückt, flossen sie ungehemmt, sobald sie die Tür hinter sich schloss. Leisen Schrittes lief Marie zu ihrem Bett und ließ sich in die weichen Laken fallen.

Ewigkeiten vergingen, während Marie eingerollt auf ihrem Bett lag und sich der strahlend weiße Stoff des Kissens wegen all der Tränen verdunkelte.

Tief im Inneren hatte Marie es gewusst. Ihr Vater hatte nur das Volk schützen wollen. Lucian wollte sein Ansehen gegen die Öffentlichkeit wahren. Der Vertrag würde erfüllt werden und Marie würde allein zurückbleiben. Daran war nichts zu ändern.

Marie hatte heute noch nichts gegessen. Dem Frühstück waren die unterhaltsamen Gespräche mit Nina und das Einrichten im Zimmer im Weg gewesen. Und nach diesem Gespräch war Marie aller Appetit vergangen.

Leise seufzend erhob sich das Mädchen und wischte sich über die Augen. Alle Tränen waren geflossen und Marie fühlte sich leer. Dennoch stand sie auf und ging hinüber zum Fenster. Es musste weitergehen. Das war nicht ihr Ende! Marie hatte Träume und Wünsche, besser gesagt genau einen: Ihren Seelengefährten zu finden und glücklich mit ihm zu werden.

Unsere Gefährtin lenkt uns dann von all dem Mist hier ab Marie. Mach dir keine Sorgen, wir finden sie ganz sicher. Früher oder später. Marie lächelte leicht.

Danke Marila. Jetzt wo dir Lucian nicht mehr im Weg steht haben wir doch genug Zeit sie zu finden!

Maries innerer Wolf hatte Recht. Wenn sie Lucian egal war, dann würde sie auch machen was sie wollte!

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und in Gedanken an ihren Gefährten blickte die Prinzessin hinaus auf den Schlosshof.

Die Soldaten des Schlosses trainierten bereits den ganzen Vormittag, doch Marie hatte bisher nicht darauf geachtet, hatte sie doch andere Dinge beschäftigt.

Ein Großteil der Garde trainierte in seiner Form als Wolf. Die weitaus gefährliche Art zu kämpfen war trotz scharfer Klingen und edler Bogen doch mit Zähnen und Krallen. Neugierig verfolgte Marie die Trainingseinheit, den Übungskampf.

Zehn Wölfe umringten einen einzelnen tiefschwarzen Wolf, dessen Fell alle Sonnenstrahlen zu schlucken schien.

Schau dir dieses Fell an Marie. Und diese Haltung!

Bei Marilas Gedanken schmunzelte die Prinzessin nur. Du siehst ihn doch kaum, wir sind viel zu weit weg Marila!

Trotzdem. Marie war sich fast sicher, dass sie den restlichen Tag die Schwärmereien der Wölfin nicht aus dem Kopf kriegen würde. Dabei interessierte sie sich doch sonst nicht für andere?

Ebenso wie Marila konnte Marie ihre Augen nicht mehr von jenem Wolf lassen, der trotzdem er umzingelt von anderen Wölfen war, aufrecht stand und auf den ersten Zug der anderen wartete. Urplötzlich stürzte sich einer der außenstehenden Wölfe auf den in der Mitte, doch der reagierte zu schnell, als dass Marie nachvollziehen konnte, wie er den anderen Wolf zu Boden befördert hatte. Die Kämpfenden waren einfach zu weit weg.

Wollen wir näher ran Marie?

Ja.

So verließ die Prinzessin ihr Zimmer und eilte die Gänge entlang, hinaus aus dem großen Gebäude. Den Kampfgeräuschen folgend fand sie sich rasch am Rande des Hofes wieder, die trainierenden Wölfe perfekt im Blick.

Mittlerweile stand nur noch die Hälfte der Wölfe auf den Pfoten. Als der Wolf mit dem nachtschwarzen Fell einen der anderen ansprang und seine Schnauze nur kurz das Genick des anderen Wolfes berührte, ging dieser mit einem tiefen Knurren zu Boden und regte sich nicht mehr, dennoch drehte er den Kopf um den restlichen Kampf verfolgen zu können. Scheinbar hatte der Wolf, der in einem echten Kampf einen Genickbiss davongetragen hätte, verloren und durfte sich nicht mehr am Kampf beteiligen.

Dieses Fell..., schwärmte Marila vor sich hin.

Fast im gleichen Moment zuckte der Kopf des schwarzen Wolfes in die Höhe und fixierte die Prinzessin mit seinem Blick. Marie konnte den Blick nicht mehr abwenden, als sich die restlichen Wölfe auf den schwarzen stürzten und den Kampf damit jubelnd beendeten.

(Kommentare? ^-^)

My prince was a princess [girlxgirl]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt