42. Kapitel

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Feyas Sicht:
„Mach die Tür neben der Treppe auf, Feya.“, forderte Evan angestrengt, während er mühsam Emilio festhielt. Ohne weiter nachzufragen lief ich an ihm vorbei zu der Tür und öffnete sie so schnell wie es mir aufgrund ihres Gewichts möglich war. Halb tragend beförderten Aiden und Evan ihn hinein und Evan schlug die Tür hinter ihm zu. Von außen schob er den Riegel vor und stemmte sich zusätzlich noch dagegen. Von drinnen war ein wütendes Knurren zu hören. Dann knallte es. War dieser Idiot etwa gegen die Tür gerannt? Er musste doch wohl wissen, dass die Stahltür zu hart war, um sie aufzustemmen. Aber warum war er überhaupt so wütend? Langsam drehte ich mich zu Evan. Er hatte sich an der Tür hinab rutschen lassen und saß nun davor. „Hey. Was ist passiert?“, fragte ich leise und er sah auf. „Emilio hat seine Mate gesehen.“ „Warum habt ihr ihn dann wieder hierher gebracht und müsste er sich nicht eigentlich freuen?“ Verwirrt sah ich zu ihm hinab, entschied dann aber, mich neben ihn zu setzen, und seine Antwort auf Augenhöhe zu bekommen. „Wir konnten ihn nicht zu ihr lassen. Sie ist eine Westwölfin. Das Schlimmste ist, dass sie in Begleitung zweier Männer war, die sie zurück in den Wald gezogen haben. Hätten wir ihn losgelassen, wäre er ihnen hinterher und hätte die zwei Kerle getötet. Dann wäre das Rudel verloren. Das konnte ich nicht zulassen.“, erklärte er. Sein Körper war zusammen gesunken und er wirkte geistig abwesend. „Was ist mit dir los?“, fragte ich sanft und legte meine Hand an seine Wange. Er schmiegte seinen Kopf in meine Handfläche und sah mir in die Augen. „Ich kann Emilio verstehen. Wenn irgendjemand auf die Idee gekommen wäre, mich von dir fern zu halten, hätte ich ihn getötet. Ich hätte es nicht ausgehalten, von dir getrennt zu werden. Es tut mir schrecklich leid für ihn. Seine Mate ist für ihn unerreichbar. Er wird wohl die nächsten Tage bis Wochen hier drin bleiben müssen.“ Aus dem Raum war ein schmerzerfülltes Jaulen zu hören und Evans Miene wurde noch trauriger und er sank noch mehr in sich zusammen. Es zerriss mich innerlich, ihn so zu sehen. Verzweifelt sah ich ihn an. Ich wollte ihm helfen, wusste aber nicht wie. Dann tat ich das, was mir als erstes in den Sinn kam. Ich rückte näher an ihn heran und umarmte ihn. Kurz bewegte er Sa ich nicht, saß regungslos da. Doch dann schlang er ebenfalls seine Arme um mich und klammerte sich an mich wie ein Ertrinkender. Es hatte schon etwas Komisches an sich, dass ich, eine einfache 17-jährige, einen erwachsenen Mann im Arm hielt und ihn tröstete. Wobei, ich nicht einmal wusste, warum ich ihn umarmte. Es war einfach nur ein Instinkt gewesen. Sein Griff um mich verstärkte sich und ich kippte nach vorne. Jetzt lag ich halb auf ihm, was ziemlich unbequem war, da er immer noch an der Tür lehnte, doch ich fühlte mich trotzdem wohl. Ich wusste nicht, wie lange wir dort halb sitzend lagen, doch irgendwann schlief mein Bei ein und ich musste die Umarmung lösen. Er ließ es ohne Protest geschehen, was mich stark wunderte. Als ich dann jedoch wieder auf den Beinen stand, erkannte ich, dass er eingeschlafen war. So friedlich, wie er da an der Tür lehnte, sah er einfach zu niedlich aus, weshalb ich mein Handy hervorkramte und ein Foto von ihm machte. Dann kniete ich mich wieder neben ihn. „Evan. Evan, du musst aufwachen. Leg dich ins Bett. Das ist so doch zu unbequem.“ Vorsichtig rüttelte ich an seiner Schulter. Verschlafen öffnete er die Augen und ich zog ihn auf die Füße. Noch im Halbschlaf taumelte er die Treppen nach oben und schmiss sich in sein Bett. Meine Hand hatte er die ganze Zeit nicht losgelassen, weswegen er mich mit aufs Bett zog. Ihn schien es überhaupt nicht zu kümmern, dass wir beide noch unsere Klamotten anhatten. Ich verzichtete auf einen Versuch mich von ihm zu befreien und kuschelte mich stattdessen an ihn. Er nahm mich fest in seine Arme und kurz darauf hörte ich wieder seinen regelmäßigen Atem. Ich lag noch eine Weile wach, dachte über seine Worte nach. War diese Eifersucht wirklich so stark? Das konnte ich kaum glauben. Es gab zwar immer wieder Leute, die wegen einer Partnerin einen Widersacher ausschalteten, doch ich konnte mir bei Emilio nicht vorstellen, dass er jemanden wegen eines Mädchens umbringen würde, und schon gar nicht bei Evan, der mir gegenüber immer lieb und nett war. Nach einer gefühlten Ewigkeit übermannte die Müdigkeit mich dann aber doch und ich schlief an Evan gekuschelt ein. Leider musste ich mich diese Nacht von einem unruhigen Traum plagen lassen:

Neben mir stand ein gesichtsloses Mädchen und wurde, wie auch ich, von einem Fremden festgehalten. Wir befanden uns mitten in der Stadt. Um uns herum unzählige Menschen, aber keiner half uns. Verzweifelt versuchte ich mich von dem Kerl frei zu kämpfen, doch sein Griff war zu stark. Plötzlich traten Emilio und Evan aus der Menge. Als sie uns sahen, stürmten sie vorwärts und auf die Männer zu. Ohne Probleme rissen sie die beiden Kerle von uns weg, doch statt es dabei zu belassen, gingen sie weiterhin auf sie los. Ich konnte nur knapp einem umherfliegenden Kopf ausweichen. Die Bilder waren der reinste Horror. Ich schrie auf und kniff krampfhaft die Augen zu. Ich wollte die Bilder nicht mehr sehen.

„Wach auf! Alles ist gut. Es war nur ein Traum.“ Diese Worte drangen an mein Ohr und holten mich in die Realität zurück. Geschockt riss ich die Augen auf. Ich lag in einem Bett, neben mir Evan, der mich bestätigt musterte. Mein Atem ging schwer. Zitternd drückte ich mich näher an dem jungen Mann neben mir. Beruhigend strich er mir über den Kopf. „Alles ist gut, meine kleine Fee. Du bist in Sicherheit. Dir wird nichts geschehen.“ Er hatte recht. Mir würde nichts passieren. Doch was würde er dafür geben? Mir war klar, dass es diese Szene, wie in meinem Traum niemals geben würde, doch ich hatte Angst, Evan könnte etwas zustoßen, wenn er versuchte mich zu schützen.

Des Rudels Luna Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt