Freiheit der Nacht

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Ich stand am Gartenzaun. Es war nun 21 Uhr, die Sonne war schon untergegangen, doch der Mond und die Laternen der Straße tauchten die Gärten in ein silbrig-orangenes Licht. Am Ende der Straße sah ich Carens Silhouette, wie sie zwischen den Kiefern, die die Straße umgaben, hervortrat. Wilson wohnte ebenfalls in diesem Dorf, deshalb war sie zu Fuß. Wir begrüßten uns noch einmal und machten uns auf den Weg. Zunächst liefen wir die lange Landstraße entlang, in die die Straße unserer Großeltern mündete. Das dauerte etwa 15 Minuten, dann war man an der Kreuzung zur Hauptstraße. Wir überquerten die Hauptstraße und bogen dahinter rechts in ihre Parallelstraße ein. Dort lag die Grundschule des Dorfes, deren Hof man über den Parkplatz betreten konnte. Wenn man nun links durch ein Tor bestehend aus zwei Zäunen lief, kam man zum Sportplatz und riesiger Grünanlage. Im Pavillon, einem kleinen viereckigen, zu allen Seiten offenen Häuschen, saßen viele Menschen. Caren beschloss, dass wir uns dazugesellten. Ein paar Leute kannte Caren schon, da sie früher auch in diese Grundschule gegangen war. Mir fiel sofort ein Junge ins Auge, der, obwohl ich für ein Mädchen schon recht groß war, mindestens einen Kopf größer als ich war. Er schien ziemlich unnahbar, war sicherlich schon 19. Als mir Caren erzählte, dass auch er in ihrer Klasse war, war ich perplex. Ich unterhielt mich mit ihm und musste feststellen, dass er eigentlich echt nett war und überhaupt nicht desinteressiert an mir. Joschka. So hieß er. Er hatte braunes Haar, grüne Augen und sein Gesicht war einerseits schlank und kantig, andererseits aber wiederum abgerundet. Seine Haut war sehr hell, fast schon blass, während meine immer etwas Bräune hatte. Immer wenn er lächelte war man gezwungen, auch zu lächeln. Caren und ich entschieden uns gegen 0 Uhr nachhause zu gehen. Die Wiesen auf dem Schulgelände boten sich nahezu an, auf ihnen die milden Sommernächte zu verweilen. Als die anderen Leute auch gegangen waren, legten wir uns kurzerhand einfach auf die Wiese und schauten in den wunderschön klaren Sternenhimmel, bevor wir den Nachhauseweg fortsetzten. Hier konnte man allen Gedanken freien Lauf lassen. Ich war nie jemand, der sich sofort in jemanden verliebte, aber irgendwie ging mir Joschka nicht mehr aus dem Kopf. Caren schien meine Gedanken lesen zu können, denn kaum hatte ich an ihn gedacht, stellte sie fest: "Könntest du nicht auch mal wieder einen Freund gebrauchen? Wie wäre es, wenn ich dich mit Joschka verkuppel?" "Nee, wieso ausgerechnet mit ihm? Ich verliebe mich doch nicht einfach in jemanden, den ich noch nie zuvor gesehen habe.", sagte ich empört. Ob das nun wirklich die Wahrheit war, wusste ich nicht.
Unsere Füße schwitzten, also zogen wir unsere Schuhe aus. Die Füße federten nun auf dem angewärmten Asphalt der Straße. Nirgends war ein Auto zusehen, nicht einmal auf der Hauptstraße. Das Dorf war vollkommen still. Nichts bewegte sich oder machte nur den geringsten Ton. Es waren nur Caren und ich, die nachts um 1 Uhr durch die Straßen zogen. Und es war noch so schön.

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