chapter 12 - the train

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Nach einigen Minuten kommt der Friedenswächter wieder herein und führt mich gemeinsam mit Peeta Mellark nach draußen, wo bereits ein Auto auf uns wartet, dass uns zum Bahnhof bringen soll. Ich hab noch nie zuvor in einem Auto gesessen. Die Fahrt fühlt sich irgendwie komisch an, aber irgendwie entlockt es mir ein kurzes Lächeln.

Meine Tränen sind schon lange versiegt und meine Gesichtsmuskeln haben sich wieder einigermaßen entspannt. Ich hoffe man sieht nicht, dass ich geweint habe. Denn bei Peeta sieht man es ganz offensichtlich. Seine Augen sind rot und angeschwollen. Angst und Unsicherheit sind ihm ins Gesicht geschrieben.  Doch merkwürdigerweise versucht er es nicht zu verbergen.

Im Bahnhof wimmelt es nur so von Reportern mit ihren Kameras, die direkt auf unsere Gesichter gerichtet sind. Ich werfe einen blick auf den Fernseher, der an der Wand hängt und unsere Ankunft live überträgt. Leider muss ich feststellen, dass mein Gesichtsausdruck zwar relativ neutral ist, aber meine Augen verraten, dass ich geweint haben muss.

Na toll...

Verärgert wende ich meinen Blick wieder ab und bewege mich weiter Richtung Zug.

Im Zug angekommen, schließen sich die Türen sofort und bewahren uns vor all den vielen Kameras. Kaum das die Türen geschlossen sind, setzt sich der Zug auch schon in Bewegung. Ich atme auf.

Der Zug ist einer der Hochgeschwindigkeits Züge des Kapitols, die mit einer Durschschnittsgeschwindigkeit von 380 Stundenkilometern fahren. Deshalb wird es nicht mal einen Tag lang dauern, bis wir im Kapitol ankommen. Die Geschwindigkeit raubt mir Anfangs den Atem, aber man gewöhnt sich daran. Es ist ein unglaubliches Gefühl. Fast so als würde man fliegen. Ich schaue aus dem Fenster und sehe, wie die Welt an uns vorbei rauscht. 

Peeta und ich werden durch den Zug geführt. Es ist erstaunlich wie luxuriös der Zug eingerichtet ist. Und auch wenn er von außen nicht so wirkt, ist der Innenraum doch ziemlich groß. Jeder von uns bekommt ein eigenes Schlafzimmer mit einem Ankleideraum, einem Bad mit heißem und kaltem Wasser sowie einem himmlisch weichen Bett. Ich lasse mich unverzüglich auf das Bett fallen. Ich schließe die Augen und seufze. Es ist als würde ich auf Wolken schweben.

Effie hat gesagt, ich dürfte machen was ich wollte. Alles steht zu meiner Verfügung. Ich müsste nur in einer Stunde zum Abendessen fertig sein. Also ziehe ich meine Klamotten aus, werfe sie unachtsam in eine Ecke und stelle mich unter die Dusche. Noch nie in meinem Leben habe ich geduscht. Und auch den Luxus von warmen Wasser konnten wir nicht immer nachgehen. Zuhause haben wir nur eine kleine Wanne, in der wir uns waschen konnten. Und für warmes Wasser, mussten wir es vorher auf dem Herd kochen. Aber es war meistens schon wieder kalt bevor man überhaupt in der Wanne saß. 

Ich ließ mir alle Zeit der Welt und genoss einfach nur das angenehme prasseln des Wassers auf meinen Körper. Wenigstens konnte ich für einen kurzen Zeitraum den Luxus des Kapitols genießen. Der einzige Vorteil daran, wenn man als Tribut in die Arena zieht. Aber was nützt es einem, wenn man nächste Woche sowieso tot ist.

Als ich fertig bin, öffne ich die Schubladen, in denen haufenweise feiner Kleidung lag. Ich nahm mir ein schlichtes blaues Shirt und eine Hose. Dann stelle ich mich vor den Spiegel und betrachte mein Spiegelbild. Ich sehe glücklicherweise nicht mehr so verheult aus und ich fühle mich auch schon viel besser. Auf der Kommode liegt eine Bürste, mit der ich vorsichtig durch meine Haare gehe. Leider kann ich mir selbst keine Zöpfe flechten, so wie meine Mutter es könnte. Also binde ich meine Haare, obwohl sie noch etwas Nass sind, in einen einfachen Zopf.

Effie Trinket klopft an der Tür und holt mich zum Abendessen ab. Ich folge ihr durch den engen Gang in einen Speisewagen, wo Peeta bereits an einem großen runden, schön verarbeiteten Holztisch saß. Das Geschirr auf dem Tisch glänzt silbern und ist hauchdünn. Die stühle sind gepolstert und mit Samt überzogen. Der gesamte Raum ist freundlich und einladend gestaltet und wirkt wie der gesamte Zug luxuriös.

"Wo ist Haymitch?", fragt Effie gut gelaunt wie immer. "Ich weiß auch nicht.", sagt Peeta achselzuckend, "Das letzte mal als ich ihn gesehen habe, wollte er ein kleines Nickerchen machen."

"Na gut, vielleicht kommt er ja noch nach. Aber es war ja auch ein anstrengender Tag.", sagt Effie. doch ich sehe, wie erleichtert sie ist, als sie sich auf einen der Stühle nieder lässt. Offenbar ist sie ganz froh über Haymitchs Abwesenheit. Wobei ich auch kein Problem damit habe.

Das Abendessen hat mehrere Gänge. Eine dicke Möhrensuppe, grüner Salat, Lammketeletts mit Kartoffelpüree, Käse und Obst, Schokoladenkuchen. Ich habe noch nie so viel Essen auf einmal gesehen und muss mich zurückhalten nicht gleich alles auf einmal zu essen. Zum Glück hatt meine Mutter mir beigebracht mit Messer und Gabel umzugehen, denn beobachtet uns mit strengem Blick. Auch Peeta weiß mit Besteck umzugehen.

"Wenigstens habt ihr beiden anständige Manieren.", sagt Effie, als wir mit dem Essen fertig sind und schenkt uns ein Lächeln. Haymitch ist während der Mahlzeit nicht aufgetaucht und keiner hat Lust ihn zu holen, also wechseln wir ohne ihn in ein anderes Abteil, um dort die Zusammenfassung der Ernten in ganz Panem anzuschauen.

Nacheinander sehen wir die anderen Ernten und schauen uns unsere Konkurrenten genau an. Es überrascht mich nicht, dass die Tribute aus den Distrikten 1, 2 und 4 alles Freiwillige sind. Die Kinder aus den übrigen Distrikten werden ausgelost und treten schweigend nach vorne. Auch ein zwölfjähriges Mädchen aus Distrikt 11 ist dabei. Dann bin ich also nicht die einzige in diesen Spielen, die so jung ist. Zuletzt wird Distrikt 12 gezeigt. Wie mein Name ausgerufen wird und ich steif nach vorne laufe. Dann gibt es einziges Durscheinander. Man sieht, wie Katniss in der Menge zu Boden geht und Friedenswächter sie davon tragen, wie ich vergeblich versuche mich aus den Fängen des Friedenswächters zu befreien und wie Effie hektisch versucht die Menge zur Ruhe zu bringen. Die Verzweiflung in meiner Stimme ist unüberhörbar, als ich Katniss Namen rufe. Dann beruhigt sich die Lage wieder und ich stehe da und Tränen laufen meine Wangen hinunter. Ich wirke schwach. Ich bin schwach. Peetas Name wird gezogen. Er nimmt schweigend seinen Platz ein. Wir reichen uns die Hände. Schnitt auf die Hymne und die Aufzeichnung ist zu Ende.




Die Tribute von Panem - Prims StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt