Ein paar Stunden später stecke ich in einem Kleid, dass entweder das spektakulärste oder das tödlichste Kostüm der Eröffnungsfeier sein wird. Ich stecke von Kopf bis Fuß in einem schlichten schwarzen Einteiler. Dazu trage ich einen wallenden Umhang, der aus orangefarbenen, gelben und roten Stoffstreifen besteht, eine dazu passende Kopfbedeckung und schwarze Lederschnürsenkel. Peeta steckte in einem ähnlichen Kostüm. Und das besondere bzw. das tödliche an diesem Kostüm war, dass Cinna sie kurz bevor wir mit dem Wagen auf die Straße rollen, in Brand stecken wird. Cinna hat uns versichert, dass es kein echtes Feuer sein wird, sondern ein von ihm und Portia künstlich entwickeltes Feuer. "Macht euch keine Sorgen, euch kann überhaupt nichts passieren.", versicherte uns Cinna. Aber ich trat der ganzen Sache eher skeptisch gegenüber, vielleicht bin ich schon halb verbrannt, bevor ich überhaupt auf die Straße rolle.
Mein Gesicht ist relativ frei von Make-up. Cinna meinte, dass man mich wiedererkennen sollte. Und für mein junges Alter wäre das ganze Make-up sowieso nichts. Es würde mich nur dreckig aussehen lassen. Ich bin relativ froh darüber. Ich hab noch nie Make-up getragen, aber ich mag mich so wie ich bin und möchte nicht unbedingt mit anderem Zeug vollgeschmiert werden, dass ich hinterher aussehe wie ein anderer Mensch.
Wir wurden nach unten gebracht, wo schon unsere Streitwagen auf uns warteten. Die Tribute werden paarweise in die Streitwagen gestellt, die von Gespannen aus je vier Pferden gezogen werden. Unser Wagen ist passend zu unserem Distrikt kohlschwarz. Die Pferde sind so gut dressiert, dass sie ganz von alleine wissen, wann und wohin sie laufen müssen. Keiner muss sie an den Zügeln halten. Die Fahrt nachher dauert rund 20 Minuten und endet am Zentralen Platz.
Die Eröffnungsfeier soll gleich beginnen und Cinna und Portia geleiten uns in den Wagen. Sie überprüfen sorgfältig unsere Outfits, zupfen hier und dort noch etwas zu recht und kontrollierte unsere Körperhaltung, ehe sie wieder hinunterstiegen und uns zufrieden betrachteten. Wir sollten gerade stehen, den Kopf hoch uns immer schön lächeln.
Und kaum, dass die beiden unseren Wagen verlassen hatten, begann auch schon die Eröffnungsmusik zu spielen. Schwere Türen werden zur Seite geschoben eund geben den Blick frei auf die von Menschen gesäumten Straßen. Der erste Wagen mit den Tributen aus Distrikt 1 fährt hinaus. Distrikt 1 stellt Luxuswaren für das Kapitol her. Dementsprechend sehen sie wunderschön aus, in mit Juwelen besetzten Tuniken, deren Wagen von Perlweißen Pferden gezogen wird. Sobald sie auf die Straße rollen, geht das Gebrüll der Menge los.
Nach Distrikt 1, folgt 2 und immer so weiter, bis wir irgendwann vor dem Tor stehen und darauf warten hinauszufahren. Cinna erscheint plötzlich hinter uns mit einer brennenden Fackel in der Hand. Achja, wir werden ja gleich in Flammen stehen. Ich hatte es schon wieder vollkommen vergessen. Umso größer war nun meine Angst davor. Doch ehe ich reagieren konnte, setzte er auch schon unsere Umhänge in Brand. Ich hielt die Luft an und kniff meine Augen zusammen, doch mich erreicht keine Hitze, wie ich erwartet hätte. Es war nur ein angenehmes kitzeln. "Es funktioniert!", sagt Cinna erfreut. Dann steigt er zu uns auf den Wagen und zündet noch unsere Kopfbedeckung an. Er springt wieder vom Wagen, dreht sich zu uns um und lächelt: "Ihr seht fabelhaft aus!" Und er hatte Recht. Die falschen Flammen ließen Peeta erstrahlen. Er sah umwerfend aus. Und ich muss genauso aussehen.
Der Wagen setzte sich in Bewegung und wir fuhren hinaus in die Stadt. Die Menge schrie auf. Doch die anfängliche Panik wandelte sich schnell in Jubelrufe um. Alle Blicke richteten sich auf uns und die Wagen vor uns wurden kaum noch beachtet. Anfangs bin ich wie erstarrt. Ich war überwältigt von der riesigen Menschenmasse. Doch Peeta zog mich aus dem Bann, als er mich von der Seite anstupste. "Lächeln nicht vergessen.", flüsterte er mir zu. Ich riss mich zusammen, atmete einmal tief durch und setzte mein schönstes Lächeln auf. Ich hebe sogar meine Hand und winke einigen zu. Die Menge tobte vor Begeisterung. Wir waren DAS Highlight. So etwas hatte es noch nie gegeben. Und in dem Moment war ich Cinna unendlich dankbar. Er hatte uns einen Vorteil verschafft. Er hatte uns Sponsoren verschafft. Denn die Leute bemerkten uns. Sie waren fasziniert von uns. Wir zogen sie in unseren Bann. So schnell würde man uns nicht vergessen.
Die lange Fahrt nahm viel zu schnell sein Ende. Wir bogen auf den Kreisverkehr des Zentralen Platzes. Die Pferde zogen uns direkt vor die Residenz des Präsidenten. Die Musik endete just in dem Moment, indem unsere Wagen zum stehen kamen. Der Präsident, Präsident Snow, ein kleiner, dicklicher Mann mit Schneeweißem Haar, trat hervor und hieß uns von einem Balkon aus herzlichst Willkommen. Er hält eine kurze Rede. Die Hymne ertönt und unsere Streitwagen zogen eine letzte Runde um den Kreisverkehr, während die Kameras nochmal jedes Tributenpaar zeigte, wobei sie un deutlich mehr Zeit widmeten. Schließlich war es schon deutlich dunkler geworden und da wurde es immer schwieriger die Blicke nicht auf uns zu richten.
Ich hörte die Menge ein letztes Mal lauthals jubeln, ehe wir im Trainingscenter verschwanden und sich die Tore hinter uns schlossen.
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Die Tribute von Panem - Prims Story
Novela JuvenilWas wäre, wenn Katniss sich nicht freiwillig gemeldet hätte und für Prim in die Hungerspiele gegangen wäre? In diesem Buch ist es Prim, die sich den Gefahren des Kapitols stellen muss und alles erdenkliche tut um zu überleben. Wird sie es schaffen...