Mila

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Kaum hatte ich das Schulhaus betreten, rannte mir auch schon meine beste Freundin Mila entgegen. Aufgeregt und mit vollem Mund fing sie an irgendetwas von einem Unfall und Frau Wiesehahn zu erzählen, was alles keinen Sinn ergab, bis sie den letzten Rest ihres Brötchens herunter schluckte und wiederholte:

"Frau Wiesenhahn hatte gestern einen Verkehrsunfall und hat sich dabei das rechte Handgelenk gebrochen."

Ich schaute sie verständnislos an.

„Ja, das ist doch schrecklich, die arme Frau Wiesenhahn", brachte ich nur heraus, während mich Mila herausfordernd und fast schmunzelnd aus ihren braunen Rehaugen heraus, ansah.

„Mann, Leah, du bist heute aber echt schwer von Begriff! Damit ist doch klar, dass die Deutschschularbeit ausfällt und wir die nächsten Wochen kein Deutsch haben.", half sie mir auf die Sprünge.

Ich konnte mich wirklich nur begrenzt darüber freuen, obwohl ich auf der einen Seite auch erleichtert war, dass ich Deutsch nun doch nicht schreiben musste. Doch dann verfinsterte sich ihr Blick.

„Leah, du bist ja kreidebleich. Geht's dir nicht gut? Soll ich dich zur Krankenschwester bringen?", fragte Mila jetzt.

Als ich nicht reagierte, legte sie den Arm um mich und war schon im Begriff mich in Richtung Sekretariat zu zerren, als ich mich losriss und sie anfuhr:

„Fang du jetzt nicht auch noch damit an. Mir geht es echt nicht so schlecht, wie ich vielleicht aussehe. Ich glaub  ich bin heute einfach mit dem falschen Fuß aus dem Bett gestiegen."

Skeptisch zog sie die Augenbrauen nach oben und mir wurde wieder einmal mehr bewusst, dass Mila die letzte war, der ich etwas vormachen konnte.

„Ja gut, du hast ja recht. Ich fühl mich wirklich nicht gut und hab schon seit gestern Abend diese pochenden Kopfschmerzen. Ich glaub einfach, dass der Streit zwischen meinen Eltern mich mehr fertig macht, als ich zugeben will."

Ich seufzte. Mila strich mir behutsam meine immer noch nassen Haare aus dem Gesicht und sah mir eindringlich in die Augen.

„Du weißt, dass ich immer für dich da bin. Hörst du, mir kannst du alles anvertrauen und ich werde schweigen wie ein Grab."

Dann nahm sie mich in ihre schmalen Arme und drückte mich fest an sich.     

Ich liebte sie. Ich liebte den süßlichen Duft ihrer Parfüms. Ich liebte ihr honigblond weiches Haar, in das man so wunderbar sein Gesicht vergraben konnte. Ich liebte die Grübchen in ihrem Gesicht, die sich jedes Mal bildeten, wenn sie lachte. Ich liebte die Art, wie sie sich bewegte und mit ihren Händen gestikulierte. Ich liebte sie mit jeder Faser meines Körpers.

Ich drückte sie noch fester an mich und ließ sie erst wieder los, als die Schulglocke, den Unterrichtsbeginn signalisierte.

***
Erzählt mir von euren Lieblingsfreundinnen und Freunden!
Was macht sie zu dem was sie sind?
Meine beste Freundin ist der liebevollste und taktvollste Mensch auf der Welt.💖

Die letzte Kammer seines Herzens#WATTBOOKS2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt