Neuer Freund?

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Die erste Stunde verging nur schleppend und mir war es an diesem Morgen überhaupt nicht möglich auch nur eine Zelle meines Gehirns zu ermutigen, dem Unterrichtsgeschehen zu folgen. Erst als mich unser Chemielehrer Herr Winterkorn mehrmals persönlich daran erinnerte, dass wir nächstes Jahr in der Oberstufe wären und dass in den letzten zwei Jahren vor dem Abitur ein anderes Lüftchen wehen würde, versuchte ich krampfhaft wenigstens den Anschein einer konzentrierten Schülerin zu erwecken.

In der Pause schlenderten Mila und ich dann beim Schulbäcker vorbei, wo sie sich eine mit Käse überbackene Brezel und ein Schokobrötchen kaufte. Ich hatte keinen Hunger, wie so oft wenn mich der Streit meiner Eltern nicht losließ.

Auf dem Weg zum Klassenzimmer gingen wir noch beim Spind vorbei, um das Englischbuch für die nächste Stunde herauszuholen. „Was war denn eigentlich zwischen deinen Eltern?", fragte Mila plötzlich, während sie das Vorhängeschloss unseres Spindes zuschnappen ließ.

Ich schluckte, bevor ich bleiern hervorstieß:

„Mein Dad hat da so einen neuen Freund. Er heißt Tristan. Er ist schlecht. Verstehst du? Böse und manipulativ." Das war alles was ich dazu sagen konnte. Vielleicht gab es dazu aber auch nicht mehr zu sagen. Mila schaute mich von der Seite aus verständnislos an, was auch kein Wunder war, wenn man nicht die ganze Geschichte kannte.

"Ich erklär's dir später.", schob ich deshalb schnell hinterher und machte mich damit auf den Weg zu unserem Klassenzimmer.

Die letzte Kammer seines Herzens#WATTBOOKS2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt