Willkommensbankett

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Später am Abend verlassen wir beide mein Zimmer und machen uns auf den Weg, um Aragorn zum essen abzuholen. Anlässlich der Ankunft der Gäste findet ein großes Willkommensbankett nach Waldelbenart statt, das bedeutet dass wir im Freien unter den Sternen speisen werden. Aragorn sieht schon wesentlich entspannter und ausgeruhter aus als vorher, und lässt es lächelnd zu dass seine Frau sich bei ihm einhakt. Arwen und ich haben die vergangenen Stunden genutzt um uns gegenseitig alles zu erzählen was die andere wissen muss, und auch um zu überlegen wie meine Schwester Aragorn die frohe Kunde über das Baby vermitteln kann. Außerdem haben wir uns für das Bankett umgezogen und tragen nun festlichere Kleider.
Aber jetzt im Moment ist nicht der richtige Augenblick, denn auf den Gängen und Wurzeln des Palastes wimmelt es nur so von Elben, die geschäftig ein und aus laufen um alles angemessen vorzubereiten. Die heute erst eingetroffenen Gäste sind ebenfalls auf dem Weg nach draußen und schauen sich staunend um. Nur wenige kennen den Palast des Waldlandreiches bereits, und auch für die, die ihn kennen, ist er noch immer voller Wunder.
Auf dem Weg zum Haupttor bemerke ich Merry, Pippin und Frodo, die anscheinend vor ein paar Stunden ebenfalls angekommen sind, und sich von einem Bediensteten nach draußen bringen lassen. Ich habe später noch Zeit sie richtig zu begrüßen.
Vor dem Haupttor entdecke ich Elrond, der allem Anschein nach auf uns wartet, und beginne zu lächeln. Auch er hat noch keine Ahnung von der bevorstehenden Neuigkeit, dass er Großvater wird. 'Das wird lustig wenn Arwen es ihm erzählt.'
"Ada!", mache ich auf mich aufmerksam und nun schaut Elrond zu uns. Ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus als er Arwen, Aragorn und mich erblickt, und auch meine Schwester scheint erfreut zu sein, ihn zu sehen.
"Arwen, Aragorn! Schön euch wiederzusehen", begrüßt Elrond die beiden, doch seine Tochter fällt ihm einfach um den Hals.
"Ich habe dich auch vermisst Ada", meint sie lachend und unser Vater lächelt glücklich, dann erst können wir weitergehen.
Der Fluss unter der Brücke rauscht leiser als noch vor wenigen Stunden, und die Dämmerung bricht bereits herein. Lampen und Laternen wurden in den Bäumen rings um die riesige Lichtung vor dem Palast aufgehängt, und etwas abseits brennt ein Feuer über dem noch gekocht wird.
In der Mitte der Lichtung hat man zwei lange Banketttafeln aufgestellt, an denen jeweils dreißig Leute Platz nehmen können, und einen kleineren Tisch, der an den Kopfseiten der Tafeln steht. An diesem sitzen die besonderen Persönlichkeiten, allen voran natürlich Thranduil, Aragorn und Elrond, dann kommen Legolas, Arwen und ich. Zu meiner Überraschung hat Thranduil es Gimli gestattet, ebenfalls an diesem Tisch zu sitzen, sogar neben seinem Freund Legolas. 'Man muss sich immernoch daran gewöhnen dass Thranduil nicht mehr der unnahbare König und Vater ist.'
Als mein Blick auf meinen Verlobten fällt, beginne ich zu lächeln, erröte aber gleichzeitig ein bisschen. Noch immer überwältigt mich der Gedanke, dass ab morgen dieser Elb für immer zu mir gehören wird, egal was passiert. Aber der Gedanke ist wunderschön.
Ich dirigiere Arwen, Aragorn und meinen Vater zu dem Tisch, wo sich Diener dann um die Reihenfolge kümmern. Enttäuscht muss ich feststellen dass ich getrennt von Legolas sitze, auf der anderen Seite von Thranduil, neben meinem Vater. Auf meiner anderen Seite sitzt Arwen, sie und Aragorn sind ebenfalls getrennt worden. Wahrscheinlich damit Thranduil mit Aragorn reden kann.
Wenigstens kann ich mit meiner Schwester reden, oder mit Elrond, wenn ich auch Legolas' Stimme vermisse.
Mittlerweile scheinen alle Gäste einen Platz an den Tafeln gefunden zu haben, und es herrscht eine angenehm fröhliche Atmosphäre obwohl das Festessen noch nicht begonnen hat.
Da erhebt Thranduil sich von seinem Stuhl, und die Gespräche verstummen. Die Präsenz des Elbenkönigs bringt alle Anwesenden dazu, ihre Aufmerksamkeit auf ihn zu richten. Unwillkürlich frage ich mich, ob ich das eines Tages auch durch bloßes Aufstehen schaffen werde. 'Wenn ich aufstehe passiert gar nichts.'
Thranduil wartet entspannt bis wirklich alle Augen auf ihn gerichtet sind, dann beginnt er mit klarer, lauter Stimme zu sprechen, sodass seine Worte über die gesamte Lichtung getragen werden.
"Willkommen, Freunde, Verwandte und Gäste. Wir haben uns heute Abend hier zusammengefunden, um erneut den Frieden in Mittelerde zu feiern, gemeinsam und voller Freude. Aber auch um die morgige Hochzeit meines Sohnes Legolas, und seiner Verlobten Jedwiga, Tochter von Elrond anzukündigen. Nachdem den beiden verschiedene Schwierigkeiten im Weg standen, haben wir uns hier versammelt um ihre baldige Vermählung zu feiern. Doch nun, tragt die Speisen auf, bringt den Wein heran und lasst Musik spielen, denn heute ist ein schöner Abend."
Mit einer Handbewegung bedeutet Thranduil den Dienern, die Kelche der Gäste zu füllen und die warmen Speisen aus der Küche bringen zu lassen. Für die anwesenden Zwerge und Menschen hat man sogar ein Schwein gebraten, welches nun mit verschiedenen Beilagen serviert wird.
Es gibt Applaus als sich der König wieder hinsetzt, dann beginnt das Bankett erst richtig. Schon bald ist die Luft erfüllt von den verschiedensten Düften und Geräuschen eines ausgelassenen Festes. Frisches Brot, Salate und gebackene Teigtaschen, gefüllt mit Gemüse und anderen leckeren Dingen werden auf die Tische gestellt, und Wein ausgeschenkt.
'Es fühlt sich fast so an, als hätten Legolas und ich bereits geheiratet, dabei steht mir das noch bevor.'
"Hey, was ist denn los?", erkundigt sich da Arwen bei mir und ich zucke fast schon zusammen.
"Nichts, wieso?", frage ich mit einem Lächeln zurück.
"Du sahst besorgt aus."
Kurz schaue ich nach links, wo mein Vater sich gerade mit Thranduil unterhält, dann wende ich mich wieder meiner Schwester zu.
"Um ehrlich zu sein, stimmt das auch. Ich... ich habe ein bisschen Angst, hier erwarten alle so viel von mir. Die ganzen Vorbereitungen sind anstrengend, und der Gedanke daran, dass Legolas und ich später über das Waldlanreich herrschen sollen... das macht mich alles so furchtbar nervös und unsicher", erkläre ich ihr mit gedämpfter Stimme und sie schaut mich verständnisvoll an.
"Du brauchst dir keine Sorgen machen, das wird alles wundervoll werden wenn es erst mal anfängt. Glaub mir, morgen wird der schönste Tag deines Lebens."
Ihr Lächeln ist ansteckend, aber gleichzeitig versichert es mir, dass alles gut werden wird und ich nicht alleine bin. Arwen hat eine unglaublich warme Ausstrahlung, die allerdings auch ziemlich eisig werden kann, je nachdem mit wem sie spricht.
"Und wegen euch beiden als Königspaar: Ich bin fest davon überzeugt dass ihr das hinbekommt, immerhin wird Thranduil euch helfen. Wenn ich das schaffe, kannst du das auch."
Lachend streiche ich mir eine Haarsträhne meiner offenen Haare hinters Ohr.
"Stimmt, du musst ja als Aragorns Frau ebenfalls einiges an Verantwortung übernehmen."
"Genau. Aber jetzt iss etwas, die Teigtaschen sind einfach köstlich."
Das lasse ich mir nicht zweimal sagen, denn das Essen riecht umwerfend. Wahrscheinlich hat Feala, eine nette Elbe aus der Küche, zusammen mit den anderen Köchen den ganzen Tag gekocht und gebacken.
Je länger die Feier dauert, desto mehr entspanne ich mich. Mal unterhalte ich mich mit meinem Vater oder Arwen, zwischendurch esse ich eine Kleinigkeiten, und lasse mich sogar überreden ein halbes Glas des erlesenen Weins aus dem Weinkeller zu trinken. Er riecht und schmeckt auf jeden Fall besser als das Bier der Menschen, das ich in Edoras durch Legolas unfreiwillig probieren durfte.
Ich genieße die frische Luft, die Musik, die immer mal wieder zwischen den Gesprächen zu hören ist, die Geräusche des nächtlichen Waldes um uns herum und den Anblick der hell erleuchteten Lichtung vor mir. Die Laternen verströmen gelbes, warmes Licht, verdecken aber damit nicht den wundervollen Sternenhimmel, der sich dunkelblau über uns ausbreitet.
Ab und zu höre ich das Lachen meines Verlobten weiter links von mir und drehe den Kopf. Manchmal schaut Legolas genau in diesem Moment auch zu mir und schenkt mir ein liebevolles Lächeln, das ich nur zu gerne erwidere. Seine blonden Haare leuchten fast schon golden im sanften Licht, und seine Augen scheinen zu strahlen vor Glück. Dieser eine Elb macht mich so glücklich, und er wird das mein ganzes Leben lang tun.
Es ist gewiss schon kurz vor Mitternacht, als sich die ersten Gäste entschließen das Fest zu verlassen um am nächsten Morgen ausgeschlafen zu sein. Auch Arwen und ich wollen zu Bett gehen, während unser Vater und Thranduil noch ein wenig sitzen bleiben. 'Noch brauche ich meinen Schlaf.'
Gerade wollen wir die Brücke betreten um in den Palast zu gelangen, da höre ich hinter uns schnelle Schritte und drehe mich um. Legolas hält vor uns und lächelt mich verlegen an. Arwen geht schmunzelnd über die Brücke, aber ich bleibe hier bei Legolas stehen.
"Ganz schön aufregend, oder? Diese Feier und alles", fragt er und ich nicke lachend.
"Oh ja."
Irgendwie weiß keiner von uns was er jetzt sagen soll, denn uns ist bewusst dass wir von manchen Leuten beobachtet werden. Am liebsten würde ich meinen Verlobten in den Arm nehmen, aber das geht nicht.
"Ich wollte dir nur sagen dass du wunderschön aussiehst", meint er schließlich leise und ich spüre wie ich leicht erröte.
"Danke", erwidere ich schüchtern und lege den Kopf leicht schief.
"Bis morgen."
Kurz berührt er meine Hand, dann wendet er sich ab und geht wieder zur Feier zurück. Eine Weile schaue ich ihm nach, dann folge ich meiner Schwester in den Palast hinein. Das Rauschen des Flusses wird hinter mir leiser als ich durch das weit geöffnete Tor trete, da laufe ich auch schon Arwen in die Arme.
"Ihr seid vielleicht niedlich, man könnte meinen ihr wärd gar nicht zusammen", meint sie kichernd und ich stupse sie an.
"Das liegt daran dass wir uns nicht wirklich berühren und sehen dürfen bis morgen. Komm schon, ich bin müde."
Auch wenn ich versuche meine roten Wangen zu verbergen, Arwen bemerkt das und kriegt sich gar nicht mehr ein. 'Wie kann man gleichzeitig süß und nervig sein?'
Schmunzelnd bringe ich sie zu ihrem und Aragorns Zimmer und verabschiede mich mit einer Umarmung von ihr, um danach in mein eigenes Zimmer zu gehen.
"Schlaf gut, kleine Schwester, und sei nicht zu nervös wegen morgen."
"Ich werde es versuchen."
Mit einem Lächeln winke ich ihr nochmal zu, dann gehe ich zu meinem Zimmer. Der Palast ist angenehm ruhig und schon ganz in die nächtliche Stille getaucht. Meine Schritte machen auf dem Holz kaum ein hörbares Geräusch während ich verträumt die Pfade entlanggehe. 'Früher hätte man jede meiner Bewegungen gehört.'
Auch in meinem Zimmer ist es still, der fast volle Mond scheint zum Fenster herein, beleuchtet mein Bett und das Kleid, das ordentlich an einem Haken hängt. Das Mondlicht lässt es silbern schimmern und ich betrachte es einen Moment, dann gehe ich in das angrenzende Bad um mich für die Nacht fertig zu machen. Immerhin brauche ich meinen Schlaf, morgen muss ich früh aufstehen um mich für die Hochzeit vorzubereiten. Zum Glück hilft mir Kiara, meine Zofe, dabei, sonst würde ich das nicht schaffen.

Die Geschichte von Jedwiga - Alte FeindeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt