Die Hochzeit

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Kaum trete ich unter die Augen der Menge, fällt meine Nervosität ab und ich schreite, so wie mein Vater es mir seit meiner Kindheit beigebracht hat, nach vorne zu Gandalf. Da drehen sich plötzlich alle Anwesenden nach hinten, zur Eingangstür und ich folge ihren Blicken mit stockendem Atem.
Jedwiga ist hereingekommen, oder eher hereingeschwebt. Entweder liegt es daran, dass ich sie in letzter Zeit so selten gesehen habe, oder an dem Licht in diesem Saal, aber für mich sieht sie schöner aus als jemals zuvor. Ihr Kleid hat eine ähnliche Farbe wie mein Gewand, aber mit einem Schimmer von grün und silber, außerdem sind in ihre braunen Haare zahlreiche kleine Blumen eingeflochten worden. Ihre Gestalt scheint ein wenig zu leuchten, und ihr leichtes, schüchternes Lächeln bannt meinen Blick. Selbst wenn eine Horde Orks jetzt hereingestürmt käme, könnte ich den Blick nicht von ihr abwenden. Außer vielleicht um sie zu beschützen.
Langsam kommt sie auf mich zu, durch den Mittelgang zwischen all den Leuten, die ihr mit den Augen folgen und dabei ähnlich verzaubert aussehen wie ich. Da bemerke ich Elrond, der vorne auf seine Tochter wartet um sie mir traditionellerweise zu 'übergeben'. Als er ihre Hand nimmt, strecke ich meine aus und er legt sie hinein, während er mich ansieht. Ich verbeuge mich leicht während ich Jedwiga neben mich führe, und sie drückt meine Hand sanft. Sie duftet leicht nach Rosen, so als hätte sie in Rosenwasser gebadet, was sie wahrscheinlich auch getan hat. 'Bei den Valar, wenn diese Zeremonie zu lange dauert, werde ich noch wahnsinnig.' Aber ich weiß, dass die Zeremonie im Prinzip nicht lang ist, außer jemand vertut sich.
Wir wenden uns Gandalf zu, der lächelnd wartet bis er anfangen kann, ohne ungeduldig zu sein. Jedwiga verschränkt ihre Finger mit meinen, um ihr leichtes Zittern zu verbergen. 'Sie ist genauso aufgeregt wie ich.'
Beruhigend streiche ich mit dem Daumen über ihr Handgelenk, während Gandalf beginnt zu sprechen.
"Hier steht ihr also, Legolas und Jedwiga, bereit euer gemeinsames Leben anzutreten, und ich freue mich derjenige zu sein, der diese Zeremonie durchführen darf."
Er nickt uns beiden zu und ich schaue zu meiner noch-Verlobten.
"Bevor ihr beide eure Schwüre sprecht und damit einen ewigen Bund eingeht, fordere ich jeden auf, der etwas gegen diese Verbindung hat, zu sprechen."
Augenblicklich spanne ich mich an, ähnlich wie Jedwiga, die unruhig lauscht, ob jemand hinter uns aufsteht. Doch keiner rührt sich, und so fährt Gandalf fort.
"Also sollen die Väter ihren Segen geben."
Noch immer mit dem Rücken zu den Anwesenden, denn so will es der Brauch, höre ich, wie die beiden Elben aufstehen und zu uns kommen. Noch bevor sie bei uns sind, weiß ich was kommt, da legt mir Elrond auch schon einen leichten, hellblauen Umhang um die Schultern.
"Ich gebe meinen Segen", sagt er auf Sindarin, und leises Gemurmel aus den Reihen der Gäste verrät mir, dass die Worte den wenigen Nicht-Elben übersetzt werden.
Währenddessen legt mein Vater Jedwiga ebenfalls einen Umhang um, der farblich zu ihrem Kleid passt.
"Ich gebe meinen Segen", sagt auch er, dann treten beide wieder zurück an ihre Plätze. Nun drehen Jedwiga und ich uns zueinander und ich mustere ihr Gesicht nervös. 'Dass ich diese wunderschöne Elbe verdient habe...'
"Da auch dies vollbracht ist, liegt es an euch, die Zeremonie zu beenden."
Mit diesen Worten reicht der weiße Zauberer mir eine Schale mit dunkelgrüner Farbe und ich tauche einen Finger hinein, bevor ich den Schwur auf Quenya beginne. Die Farbe wird Marhal genannt​ und gehört zu einer traditionellen Waldelben-Hochzeit dazu, anstatt der Ringe, die bei den Menschen und anderen Völkern ausgetauscht werden. Eine Elbenhochzeit basiert auf Worten und dem Schwur ewiger Liebe, manchmal wird dies noch mit etwas anderem besiegelt.
"Jedwiga, Tochter von Elrond, die Elbe, die zu lieben ich auserwählt habe. Mit diesem Zeichen gebe ich dir das Versprechen, dir immer treu zu bleiben, egal wie schwer die Zeiten auch sein mögen. Ich gebe dir das Versprechen, dir zu jeder Zeit zur Seite zu stehen, dich zu schützen und zu stärken. Ich gebe dir das Versprechen, immer für dich da zu sein, und wenn es mir meinen letzten Atemzug raubt. Mit diesem Schwur versichere ich dir, dich immer zu lieben, zu ehren und zu unterstützen, ganz gleich was es mich kosten mag. Aber nicht nur dich werde ich schützen und lieben, sondern auch unsere Kinder, sofern die Valar uns welche zugestehen. In der Hoffnung dass meine Gefühle auch dich erfüllen und leiten werden, gebe ich dir dieses Zeichen und meinen Schwur, dich Zeit meines Lebens zu lieben."
Die Worte kommen wie von allein, während ich vorsichtig über ihre linke Augenbraue ein Zeichen male, darauf bedacht nichts zu verschmieren. Jedwiga strahlt mich mit solcher Freude und Liebe an, dass ich nicht anders kann als zurücklächeln.
Als ich fertig bin, ohne etwas falsch gemacht zu haben, taucht Jedwiga ihrerseits einen Finger in die Farbe, die Gandalf noch immer bereithält, und malt mir ebenfalls ein Zeichen über meine linke Augenbraue.
"Legolas, Sohn von Thranduil, der Elb, den zu lieben ich auserwählt habe. Mein Versprechen, das ich dir mit diesem Zeichen gebe, ist meine ewige Liebe und Treue zu dir. Es ist das Versprechen, dass du immer bei mir Trost und Rat findest, besonders in schweren Zeiten, sowie eine Stütze und Kraftreserve. Dich zu lieben und zu ehren verspreche ich, genauso wie ich verspreche dich auf Fehler aufmerksam zu machen, um deinen Weg zu erleichtern. Gerne will ich die Mutter unserer Kinder werden, und uns beiden durch Fleiß ein angenehmes, erfülltes Leben ermöglichen. Als deine Auserwählte Lebensgefährtin gebe ich dir diesen Schwur, auf dass wir bis in alle Ewigkeit vereint sind."
Sie lässt die Hand sinken und Gandalf tritt einen Schritt zurück. Aufgeregt warte ich auf seine letzten Worte, die Worte, die die Zeremonie beenden und damit auch den Brauch, nachdem ich Jedwiga vier Tage lang nicht küssen darf. Mein Herz klopft wie verrückt gegen meine Brust, als wolle es herausspringen.
"Unter dem Antlitz dieser Welt, und mit dem Wohlwollen der Valar, erkläre ich hiermit diese Verbindung für gültig", verkündet Gandalf feierlich und Applaus brandet auf, der sogar noch anschwillt als ich Jedwiga sanft zu mir ziehe und meine Lippen lächelnd auf ihre lege. Augenblicklich erwidert sie den Kuss, sanft und zärtlich, und ich fühle ihre Hände auf meinen Schultern. 'Wie sehr ich das vermisst habe...'
"Ich liebe dich, Legolas", flüstert sie als wir uns wieder lösen.
"Ich liebe dich auch, Jedwiga", antworte ich liebevoll lächelnd, während um uns herum viele aufstehen und zu uns nach vorne kommen. Wir drehen uns wieder zu den Gästen und Jedwiga hakt sich bei mir unter, dann nehmen wir strahlend die Glückwünsche entgegen. Arwen und Aragorn sind die Ersten, und die Elbe kann sich nicht zurückhalten als sie ihre Schwester herzlich umarmt.
"Meinen Glückwunsch", meint mein Freund sanft lächelnd zu mir und klopft mir auf die Schulter.
"Danke Aragorn."
Ich kann meine Freude kaum im Zaum halten, vorallem als mein Vater auf mich zukommt.
"Ich bin sehr stolz auf dich, mein Sohn."
"Danke Ada."
Immer mehr Leute kommen zu uns, gratulieren uns, wünschen uns Glück und eine frohe Zukunft, Gimli taucht auch von irgendwoher auf, anscheinend ist er während der Zeremonie auf seinen Platz unter den Gästen zurückgekehrt. Jedwiga und ich bekommen kaum eine Atempause, jedenfalls solange bis sich die große Tür der Halle öffnet und wir allen voran nach draußen schreiten.
Dort steht fast das gesamte Volk der Waldelben auf den Wegen versammelt und jubelt uns zu als wir aus der Halle treten. Hinter uns strömen auch die anderen Gäste aus der Tür auf den Weg, und gemeinsam machen wir uns auf den Weg durch den Palast zum großen Tor. Genau wie gestern wird draußen auf der großen Lichtung ein Fest gefeiert, dieses Mal aber mit viel mehr Elben, denn das gesamte Volk ist eingeladen.
Ein mir bisher ungewohnter, frenetischer Jubel begleitet uns auf unserem Weg, Glückwünsche werden ausgerufen und Blütenblätter regnen auf uns herab.
Jedwiga geht neben mir her, ein strahlendes Lächeln im Gesicht, und ihre Augen leuchten vor Glück. Und obwohl uns noch die Krönung bevorsteht, schaffe ich es nicht noch nervös zu sein. Dafür bin ich momentan viel zu glücklich.
Als wir nach draußen kommen, begrüßt uns fantastisches Wetter, so als würde die Sonne selbst unsere Hochzeit feiern. Der Himmel ist blau, nur vereinzelte Wolken wandern nach Westen und das Singen der Vögel ist zu hören. Begleitet vom Jubel und der Freude der Waldelben überqueren wir die Brücke und gehen direkt auf die große Wiese zu, auf der das Fest gefeiert wird.
Dort wurde bereits alles vorbereitet um allen Gästen einen Platz bieten zu können, neben langen Tischen und Bänken gibt es auch Bänke zwischen den Bäumen und mit Kissen gepolsterte Plätze auf dem Boden.
Doch bevor die Feier losgehen kann, muss noch eine weitere Zeremonie durchgeführt werden.
Gemeinsam gehen wir zu unseren Plätzen am Kopf der größten Tafel, wo wir uns niederlassen und darauf warten dass alle anwesenden Gäste sich ebenfalls setzen. Bereits jetzt ist mir klar, dass dies noch eine Weile dauern wird. 'Aber solange ich Jedwiga an meiner Seite habe, ist jegliches Warten die leichteste Übung für mich.'
"Bist du aufgeregt?", fragt sie mich da und ich schaue sie an. Das Leuchten ihrer Augen und das Zeichen auf ihrer Stirn erfüllen mich mit Freude.
"Natürlich, wer wäre das nicht? Aber ich habe dich bei mir, und das gibt mir Kraft", antworte ich, während ich ihre Hand ergreife und meine Stirn an ihre lehne. Sie erwidert die Geste indem sie unsere Finger ineinander verschränkt und lächelnd die Augen schließt.
Wortlos verharren wir so eine kurze Zeit lang, dann lösen wir uns wieder voneinander. Die Hände noch immer in einander verschränkt setzen wir uns richtig hin, und ich lasse den Blick über die Lichtung schweifen.
Ähnlich wie gestern ist die Atmosphäre gemütlich und feierlich, allerdings sind es deutlich mehr Gäste. Die Küche hat sich erneut selbst übertroffen mit den Köstlichkeiten die darauf warten, aufgetischt zu werden. Die Kissen und Stühle, jeder Tisch auf der Lichtung ist besetzt und noch immer strömen Gäste hinzu. Die meisten Elben lassen sich in den Bäumen nieder, in denen kleine Plattformen angebracht wurden um für alle einen Platz zu bieten.
Rechts und Links von uns, an der großen Tafel entdecke ich Gimli, Aragorn und Arwen, Elrond, die drei Hobbits, Gandalf und natürlich noch Vertreter aus anderen Reichen und Fürstentümern.
Langsam versiegt der Strom der Gäste und die Gespräche verstummen, während alle Anwesenden warten.
Denn mein Vater, Thranduil, ist noch nicht hier.

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Wow, endlich geht es hier Mal weiter. Nach fast einem Jahr...

Mir ist klar, dass eine Elbenhochzeit anders abläuft (habe erst kürzlich darüber gelesen) aber ich habe keinen Bock das alles hier umzuschreiben. Deswegen habe ich mir eine eigene Variante der Waldelben ausgedacht, von der ich hoffe dass sie euch gefällt.

Ansonsten dürft ihr gespannt sein auf die weiteren Kapitel, denn wie bereits mehrmals erwähnt, diese Geschichte spielt außerhalb der Bücher und wurde gänzlich von mir ausgedacht, mit Ausnahme der Figuren der ich mich bediene.

Auch habe ich ihm ersten Teil ein bisschen aufgeräumt, berichtigt und verbessert, aber nichts großes. Ich überlege noch, einige Stellen komplett zu überarbeiten um die Geschichte flüssiger zu machen, aber mal sehen.

Vorerst wünsche ich euch ganz viel Spaß hierbei, und ich danke euch aus tiefstem Herzen dass ihr wieder dabei seid ❤️

Die Geschichte von Jedwiga - Alte FeindeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt