Aufregung

466 39 5
                                    

Die Sonne ist kaum über den Baumwipfeln aufgegangen und scheint mir ins Gesicht, da öffnet sich die Tür zu meinem Zimmer und Kiara wuselt herein. Zwar habe ich die Augen geschlossen, aber ich weiß dass sie es ist.
"Aufstehen, aufstehen, die Sonne ist da!", meint sie fröhlich und ich setze mich im Bett auf.
"Meinst du dich?", frage ich noch etwas verschlafen nach und die Zofe lacht auf.
"Sehr charmant, wirklich, aber Ihr müsst dennoch aufstehen."
"Nur wenn du mich Jedwiga nennst."
Trotzdem erhebe ich mich aus dem Bett, strecke mich einmal und schaue dann gedankenverloren aus dem Fenster. Das morgendliche Sonnenlicht taucht alles in einen rot-goldenen Schimmer und fühlt sich schon jetzt warm auf der Haut an. Zu gerne würde ich einfach hier stehen bleiben und den Sonnenaufgang genießen, aber Kiara hat andere Pläne.
Sie dirigiert mich ins Bad und macht alles für ein Bad zurecht, dann lässt sie mich alleine während sie irgendeine andere Sache vorbereitet. 'Sie ist fast aufgeregter als ich, falls das überhaupt möglich ist.'
Es fällt mir sehr schwer mich in der Badewanne zu entspannen, auch wenn der sanfte Geruch nach Rosen von dem heißen Wasser aufsteigt. Kiara muss schon vor meinem Aufwachen hier gewesen sein um das vorzubereiten.
Als ich es beim besten Willen nicht mehr aushalte, still in dieser Wanne zu liegen während mein ganzer Geist in Aufruhr ist, stehe ich auf, steige aus der Wanne und beginne mich abzutrocknen, da kommt Kiara wieder.
"Schon fertig? Sehr schön, dann können wir ja beginnen."
Kaum hat sie das gesagt, führt sie mich zurück in mein Zimmer und ich setze mich auf einen Hocker, während sie beginnt, meine Haare zu bürsten und zu ordnen. Wenigstens habe ich währenddessen die Gelegenheit, den Sonnenaufgang weiter zu beobachten. Keiner von uns beiden spricht, jedenfalls solange Kiara konzentriert an meinen Haaren arbeitet, und so genieße ich die Stille. Immerhin wird es nicht mehr lange dauern bis diese Stille und die Ruhe dem geschäftigen Trubel weichen, den eine Hochzeit nunmal mit sich bringt.
"Ihr seid sicherlich schon aufgeregt, nicht wahr?", erkundigt sich meine Zofe nach einer Weile und beginnt gleichzeitig, meine Haare zu flechten.
"Und wie! Aber ich denke, dass alles gut laufen wird, du hast mich ja bestens auf die Zeremonie vorbereitet."
"Das denke ich auch, bei all den Vorbereitungen. Ihr werdet schon sehen, das wird der schönste Tag eures Lebens."
"Das sagen irgendwie viele."
"Vielleicht stimmt es dann ja?", meint Kiara lachend und ich grinse.
"Du meinst, wenn alle das sagen, dann muss es wohl wahr sein?"
"Genau das meine ich."
'Eigentlich ein guter Gedanke. Hoffentlich sind meine Sorgen tatsächlich unbegründet.'
Mit einer Hand zieht Kiara sich einen Korb voller kleiner Blüten und anderem Haarschmuck heran und holt ab und zu etwas heraus, das sie dann in meine Haare einflechtet. Durch weitere Gesprächsthemen lenkt sie mich von meinen Gedanken ab, sodass ich keine Möglichkeit habe, mir weiter Sorgen zu machen, außerdem vertreibt ihr fröhliches Geplapper die Müdigkeit aus meinen Gliedern. 'Ich frage mich was Legolas wohl gerade macht.'
Der Gedanke an meinen Verlobten, mit dem ich heute vermählt werde, verursacht ein warmes, aufregendes Gefühl in meiner Brust, und ich kann nicht anders als zu lächeln. Als er mir damals den Antrag gemacht hat, habe ich kaum realisiert was das heißt, 'heiraten'. Sich auf ewig an eine Person zu binden, mit ihr jede Phase des gemeinsamen Lebens erleben, zusammen Verantwortung übernehmen, eine Familie gründen. Ringe als Symbol für ewige Liebe und Verbundenheit, statt Macht und Zerstörung.
Plötzlich kann ich es kaum erwarten meinen Schwur zu sagen und danach für immer zu Legolas zu gehören. Zu ihm, und er zu mir.
"So, und jetzt das Kleid!"
Kiara verlässt ihren Platz hinter mir und ich stehe auf, damit ich das Hochzeitskleid anziehen kann. Es hat die Farbe von blassem blau, fast schon silbrig, und auch einem Schimmer grün. Mit Kiaras Hilfe schlüpfe ich hinein und halte still während sie es mir hinten zumacht, bevor sie wieder zu mir nach vorne kommt. Zum Glück hatte ich das Kleid, oder zumindest ein ähnliches, schonmal an und fühle mich sofort wohl. Der weiche Stoff passt sich meinem Körper an und die Spitze am Saum der Ärmel wird unauffällig mit einem Bändchen um meinen Mittelfinger gehalten.
Meine Zofe zupft an manchen Stellen noch ein bisschen herum, doch dann stellt sie sich mit strahlenden Augen vor mich hin.
"Fertig! Ihr seht wunderschön aus."
Verlegen schaue ich an mir hinunter und fühle meine Haare auf meinem Nacken.
"Danke Kiara."
Ich lächle sie an, da klopft es an meiner Zimmertür. Augenblicklich richte ich mich auf und Kiara verschwindet im Bad, um dort aufzuräumen.
"Herein?"
Zu meiner Überraschung tritt Thranduil durch die geöffnete Tür und schließt sie hinter sich wieder.
"Thranduil, ich dachte du seist noch bei den Vorbereitungen."
"Die sind mittlerweile beendet, immerhin beginnt alles in weniger als einer Stunde, da wollte ich mal bei dir vorbeischauen um zu sehen, wie es dir geht", antwortet der Elbenkönig mit einem leichten Lächeln und ich lächle zurück.
"Ganz gut, danke. Wie geht es denn Legolas?"
"Das weiß ich nicht genau, Elrond ist bei ihm. Aber er scheint genauso nervös zu sein wie du."
"Sieht man das so deutlich?", frage ich unsicher und Thranduil schüttelt den Kopf. Heute hat er mal keine Krone auf, entweder weil er keine tragen wird, oder weil er sie erst später anziehen will. 'Oder er zieht sie nie mehr an, da Legolas und ich heute auch noch gekrönt werden sollen.'
Ehrlichgesagt habe ich vor der Krönung weniger Angst als vor der Hochzeit, denn da muss ich wenigstens nichts sagen.
"Nein, aber ich weiß dass es so ist. Allerdings besteht dazu kein Grund, Legolas wird überglücklich sein dich zu sehen."
Er zwinkert mir zu und ich spüre wie ich erröte. Thranduils wesentlich lockere Art ist noch immer ungewohnt, obwohl sie viel angenehmer ist als sein Verhalten früher. In seinen stechend blauen Augen, die denen seines Sohnes stark ähneln, liegt nicht mehr diese Kälte, und sein Gesicht hat wieder gelernt zu lächeln.
"Außerdem könnte ich mir keine bessere Schwiegertochter vorstellen", fügt er hinzu und ich lache verlegen.
"Bei den Valar, dass man mich so dringend beruhigen muss..."
'Allerdings waren Thranduil und mein Vater Elrond vor ihren Hochzeiten ebenfalls nervös, und bei ihnen ist alles gut gegangen.'
"Das ist vollkommen normal", meint Thranduil, als hätte er meine Gedanken gehört. Da kommt Kiara wieder ins Zimmer, nimmt den Korb mit dem Haarschmuck und neigt den Kopf respektvoll in Richtung des Königs, bevor sie sich mir zuwendet.
"Ich ziehe mich dann zurück."
"Mach das Kiara. Ich sehe dich doch nachher noch beim Fest?"
"Natürlich."
Sie lächelt mir nochmal zu, knickst kurz vor Thranduil, und verlässt dann leise das Zimmer zum Flur hinaus.
"Das ganze Volk wird heute Abend beim Fest zugegen sein, oder zumindest feiern", erklärt der Elb mir und ich nicke langsam. 'Es passiert immerhin nicht so oft dass der Sohn des Königs heiratet.'
"Wann genau müssen wir los?", erkundige ich mich, und Thranduil deutet zur Tür.
"Jetzt."

~

Legolas P.O.V.

Unruhig schaue ich aus dem Fenster meines Zimmers, hinaus auf den Wald und die Sonne, die schon über den Baumwipfeln steht. Ich trage bereits mein Hochzeitsgewand, einem blassblauen, längerem Hemd aus steiferem Stoff mit silbernen Stickereien, und dazu passender Hose. Von Minute zu Minute werde ich nervöser. Am liebsten würde ich jetzt Jedwigas Hand nehmen, aber sie ist wahrscheinlich genauso aufgeregt, und außerdem nicht hier.
Plötzlich kommt jemand herein und ich wirbele herum, doch es ist nur Elrond. Auch er trägt ein festliches Gewand, mit weiten Ärmeln und besticktem Saum, und lächelt sanft.
"Aufgeregt?", fragt er mit vergnügt blitzenden dunkelblauen Augen, doch ich bringe nichts anderes zu Stande außer einem Nicken.
"Ihr beide werdet das großartig machen, da bin ich mir sicher", meint er und ich schlucke nervös, während ich meine Sprache wiederfinde.
"Das hoffe ich. Ehrlichgesagt habe ich ein bisschen Angst es zu vermasseln", gebe ich zu und Elrond legt mir eine Hand auf die Schulter.
"Keine Sorge, das legt sich wieder. Als ich in deiner Situation war, ging es mir genauso."
Überrascht schaue ich Elrond an. 'Ada hat das auch schon zu mir gesagt...' Tief atme ich durch, und beruhige mich ein wenig.
"Heute Abend ist wenigstens alles vorbei."
Da lächelt der ältere Elb wieder.
"Das stimmt. Doch nun komm, die Feier fängt bald an, und du sollst Jedwiga doch nicht sehen bevor ihr zwei vermählt werdet."
Mit einem Nicken gehe ich Elrond voran durch meine Zimmertür hinaus auf den Flur, und von dort aus zu der Halle, in der sich bereits alle Gäste versammeln. Ich entdecke auf meinem Weg Aragorn und Arwen, die mir lächelnd zuwinken, Frodo, Merry und Pippin, die fröhlich lachend zu mir schauen, sogar Gandalf ist da.
Der weiße Zauberer steht lächelnd am Eingang zu der Halle, in der Dutzende Stühle aufgestellt wurden, und legt mir eine Hand auf die Schulter als ich zu ihm komme.
"Schön dich wiederzusehen, Legolas", begrüßt er mich mit seiner tiefen Stimme und ich lächle zurück.
"Ich freue mich auch Gandalf."
Da ertönt plötzlich die Stimme meines Freundes, Gimli, hinter mir und ich drehe mich herum.
"Da bist du ja! Hab mich schon gefragt ob du in letzter Minute doch noch flüchtest."
Schmunzelnd schaue ich ihn an und kann ein Grinsen nur schwer unterdrücken. Ich weiß wie Gimli das meint, dafür kenne ich ihn gut genug. Den Zwerg ohne seine Axt zu sehen ist ungewohnt, und das schwer aussehende, prachtvolle Gewand, das fast schon wie eine Rüstung anmutet, lässt meinen Freund noch fremder aussehen. Doch aus seinen Augen blitzt es und sein roter Bart ist wie immer wirr und zottelig. 'Oder hat er versucht sich zu kämmen?'
"Toll siehst du aus, Gimli."
Nun grinse ich doch, denn mein Freund wird missmutig.
"Meine Frau hat meine Axt zu Hause behalten", grummelt er und ich kann nicht anders als lachen. Da stößt Gandalf mich sacht an.
"Du solltest nach hinten gehen, Jedwiga und Thranduil sind schon auf dem Weg."
Augenblicklich verstummt mein Lachen und mein Mund wird ganz trocken. 'Jetzt ist es gleich soweit.'
"In Ordnung."
Elrond schmunzelt nochmal kurz, dann verschwindet er in der Halle, aus der das fröhliche Murmeln vieler Personen dringt.
"Ich gehe mit dir", bietet mir mein Freund seine Unterstützung an und ich lächle dankbar.
"Dann komm."
Wir verschwinden in einem Gang, der um die große Halle herumführt, und bleiben an einer Seitentür stehen.
"Hier muss ich warten", murmele ich eher zu mir selbst als zu Gimli, doch dieser stupst mich an.
"Du schaffst das schon Junge."
Er blinzelt mir gutmütig zu, da ertönt von drinnen die kraftvolle Stimme von Gandalf, der die Zeremonie leiten wird:
"Ich bitte um Ruhe!"
Gedämpft durch die angelehnte Tür höre ich, dass das Murmeln im Saal langsam erstirbt, bis schließlich Stille herrscht.
"Dieser Tag, ist ein besonderer Tag", beginnt Gandalf, und ich lausche auf jedes Wort. Auch Gimli hört hin, ist aber wesentlich entspannter als ich.
"An diesem Tag werden die Leben von zwei jungen Elben vereint, das Leben von Jedwiga, Elronds Tochter, und Legolas, Thranduils Sohn. Die beiden haben einen langen, harten Weg hinter sich, um heute hier zu sein. Sie wurden getrennt durch Tod, Leid und Schmerz. Doch nichtsdestotrotz leuchtet die Liebe in beiden stärker denn je, und eben diese Liebe wollen wir heute feiern, denn diese Liebe kann und wird, noch großes vollbringen."
Unwillkürlich kommen die Erinnerungen an unsere durchstandene Reise hoch, an die Schlachten und Jedwigas Tod. Auch Gimli scheint sich daran zu erinnern, denn er seufzt leise.
"Und auch wenn diese Vermählung für beide Väter eine schmerzhafte Trennung bedeutet, so dürfen sie nicht trauern um das, was sie verloren haben. Sie sollen sich freuen für das, was ihre Kinder erreicht haben, und in Zukunft noch erreichen werden, denn diese Hochzeit ist erst der Beginn einer langen, gemeinsamen Reise. Und nun bitte ich die beiden Elbenkinder, sich zu zeigen!"
'Mein Stichwort.' Tief hole ich Luft, dann öffne ich die Tür.

Sorry dass es erst heute und erst so spät kommt, aber ich hatte kaum Zeit zum Schreiben >.< Da ich alle zwei Tage updaten wollte, müsste morgen noch ein Kapi kommen, aber ich habe keine Ahnung ob ich das schaffe. Ich bemühe mich, versprochen! Ansonsten bekommt ihr am Sonntag und Montag jeweils eins :)

Die Geschichte von Jedwiga - Alte FeindeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt