#22

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"Darfst du bleiben?" Fragte ich Alice als ich aus dem Bad zurück in mein Zimmer kam. "Klar meine Mutter denkt ja auch wir lernen für den Test nächste Woche." Mich wunderte stark dass sie überhaupt wusste das wir nächste Woche einen Test schreiben würden, dass hatte sogar ich verdrängt.

Aber das war jetzt zweitrangig, sie lag in meinem Haus, in meinem Bett und ich hatte die Gewissheit dass sie morgen nicht einfach weg wäre, das es nichts einmaliges war. "Kann ich vielleicht Sachen zum schlafen haben?" Verlegen öffnete ich meinen Kleiderschrank, der zugegebenermaßen nicht viel stylisches hergab, aber trotzdem mit einem Hoodie dienen konnte, da dass ohnehin das war, was ich fast ausschließlich trug.

Als auch sie sich umgezogen hatte und wir beide in meinem überdimensionalen Doppelbett lagen und auf den Flachbild Tv sahen, der an meiner Wand hing, ließ ich meinen Kopf den Tag noch einmal von vorne durchspielen.
Von Mafia Plänen, bis über Schlägereien und dem Abendessen, schon krass wie viel an einem Tag passieren konnte. Wie es morgen werden würde wollte ich mir gar nicht vorstellen, wobei, wie würde es morgen werden? Sie hatte immerhin einen Ruf zu verlieren und was ihr wichtiger war wusste ich nicht.

Bei der Alice in der Schule, die sich mit jedem Lehrer anlegte und keine Sekunde zögerte jemanden eine zu kleben hätte ich gesagt sie würde weiterhin so tun als würden wir uns nicht kennen. Bei der anderen jedoch, der fürsorgliche, süßen und aufmerksamen Alice, die anscheinend nur wenige je zu Gesicht bekamen wäre es genau umgekehrt, aber wie es jetzt morgen wäre..sicher wäre es mal wieder nicht einfach.

"Was ist los? Du bist so angespannt." ihr Blick wendete sich erst dann von dem Fernseher als ich mich eben nicht entspannte. "Ey, ich weiß. Heute is viel scheisse passiert..aber es wird alles gut. Versprochen..Lass uns schlafen, okay?" es war schon süß, wie sie sich Sorgen machte. Ich nickte, woraufhin sie mich näher zu ihr zog, zwischen uns passte nicht mal mehr ein Blatt und ich genoss es sie so nah bei mir zu haben.

Normalerweise wäre ich jetzt noch Stunden wachgelegen, hätte über all es was passiert war nachgedacht und wäre zum Schluss unruhig eingeschlafen, aber diesmal schlief ich schnell, ruhig und mit einem Gefühl von Geborgenheit ein.
***

"Wenn du willst kannst du vorausgehen." Uns trennten nur noch wenige 100 Meter von dem großen Schulgebäude und etwas entfernt konnte man schon die ersten Schülergruppen erkennen. "Willst du nicht mit mir gesehen werden?" Sie war stehen geblieben und sah mich ausdruckslos an, ihre so unfassbar dunkeln Augen, die niemand hätte beschreiben können, trafen meine. Es war mal wieder als würde die Zeit stehen bleiben, als gäbe es nur uns beide und alles um uns herum würde pausieren, ihre Augen faszinierten mich jedes mal aufs neue.

"Dachte eher umgekehrt, du bist die die den Ruf zu verlieren hat." Während ich das sagte fühlte ich mich aus unerklärlichen gründen unwohl.
"Klar hab ich einen Ruf zu verlieren, aber es würde dich verletzen also scheiss mal auf den Ruf." Erst war ihr Blick sanft, dann hatte er etwas rebellisches in sich, niemand würde das für gut heißen, aber wahrscheinlich genau deswegen würde sie es ihnen zeigen. Provokation.

Schon die ersten wenigen Meter auf den endlos langen Fluren waren die absolute Hölle für mich, ringsherum war nichts als getuschel zu hören. Ich war angespannt, nervös und drückte Alice Hand so fest, das ich fast Angst hatte sie ihr zu brechen.

"Scheiss Lesben." Kam es aus der hintersten Ecke, augenblicklich hatte ein alter bekannter ziemlich viel Platz um sich herum und sein ekelhaftes Grinsen verschwand und machte Platz für einen arroganten Blick. Mark, die männliche Version von meiner Freundin lehnte lässig an der Wand und sah uns an. Mit ihm hatte ich ja bereits schon einmal das Vergnügen. Mein Griff um ihre Hand verstärkte sich noch etwas, der ganze Gang hatte die Luft angehalten.

Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, mein Blick wanderte hilfesuchend zu Alice und ich sah das ihr Kiefer sich anspannte. "Nochmal bitte?" Ruhig, viel zu ruhig war ihre Stimme und im selben Moment war mir klar dass sie sich das nicht gefallen lassen konnte. Provokant räusperte er sich und schrie schon fast "Scheiss Lesben." Innerhalb von Sekunden lies sie meine Hand los, machte die wenigen Schritte vorwärts zu Mark und schlug ihm mit voller Wucht in dem Bauch.

Augenblicklich sank der davor so vorlaute Junge auf dem Boden zusammen, keuchend und schwach. "Noch jemand 'n Problem?" Eiskalt ließ sie ihn da auf dem Boden liegen und wendete sich dem Rest der starrenden Leute zu, um ehrlich zu sein musste ich dem Drang widerstehen Mark aufzuheben. Als sich, logischerweise, keiner mehr meldete nahm Alice wieder meine Hand und schlenderte ganz entspannt, ohne auf den immer noch auf dem Boden sitzenden Mark zu achten, mit mir um die nächste Ecke.

"Musste das wirklich sein?" Ihrem Blick nach zu urteilen fragte sie sich gerade ob ich noch ganz sauber war. "Ja, musste es. Erzähl mir bitte nich das du Mitleid mit diesem Abschaum hast." Die Verständnislosigkeit in ihrer Stimme war kaum zu überhören, ich verstand schon was sie meinte, weswegen sie sauer auf ihn war, war ich ja auch.
"Hättest ihn ja nicht direkt schlagen müssen." Bemerkte ich kleinlaut. "Du bist wirklich zu gut für diese Welt."
***

"Morgen Um 11 bei mir." Mit diesen Worten verabschiedete sich Ash ins Wochenende, aber Wochenende hieß das diese verdammte Geldübergabe stattfinden würde. "Bis Morgen." Kam nun auch von Alice ehe wir uns auf den Weg zu mir nachhause machten, ich wollte da morgen mitgehen, ich würde meine Freundin und meinen besten Freund garantiert nicht alleine lassen. Egal wie, mir würde was einfallen und wenn sie mich nicht mitnehmen würden, würde ich irgendwie anders hinkommen.

Als wir an meinem Haus ankamen stand dort schon einer dieser hässlichen blauen Polizeiwagen, die ich in den letzten Monaten schon viel zu oft sehen  hatte müssen. "Definitiv wegen Dilan" erklärte ich ihr kurz während ich die Haustür aufschloss, ich hätte diese Gottverdammte Tür zulassen sollen, mich umdrehen sollen und weglaufen sollen. Es hätte mir so viel viel Stress erspart.

Perfekt Unperfekt   (GxG)     *In Überarbeitung*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt