Gedanken & Poesie

Was müssen wir tun?

Jeden Tag

Sieht sie in den Spiegel, sieht wieder an sich runter, wieder in den Spiegel und trägt noch eine Schicht Lipgloss auf.

Verzichtet sie aufs Frühstück und alle zwischenzeitlichen Mahlzeiten, um ja nicht viel zuzunehmen.

Ist sie den schönen, schmeichelhaften Worte zu ihrem Aussehen von ihrer Familie und Freunden ausgesetzt, und sie bedankt sich immer schön brav.

Ist sie im Unterricht laut, lacht viel und ist fröhlich gelaunt.

Jedoch

Niemand merkt, dass sie die Komplimente der anderen kein Stück berühren.

Niemand merkt, dass sie all das nicht für sich tut, nein, denn sie fühlt sich zurechtgemacht eklig in ihrer Haut.

Niemand bemerkt die leisen, verwunschenen, ersehnten Blick ihrerseits, die nur einer Person gelten.

Dieser Junge

Lässt sie zu einer Person werden, die sie nicht ist und nie war.

Lässt sie zu einer einzigen künstlichen, fröhlichen Fassade werden, während andere Mädchen mit ihrer Persönlichkeit und Charakterstärke Jungs von sich überzeugen können.

Treibt einen Keil zwischen sie und ihrem wahren Ich.

Realisiert sie nicht, und hat es auch noch nie.

Lässt das Mädchen glauben, Jungs seien das einzige, was zählt.

Doch eines Tages

Bekommt sie endlich seine Aufmerksamkeit.

Sie steht allein auf dem Schulhof, in ihr Smartphone vertieft und bemerkt, wie er mit drei seiner Freunde auf sie zukommt und sie fragt, ob sie was zusammen machen wollen.

Sie stimmt sofort zu, natürlich.
Daraufhin lacht er auf, seine Freunde lachen mit und sie erlebt die größte Demütigung ihres Lebens.

Sie bricht.

Während sie Tag für Tag mit ansehen muss, wie Mädchen sich an ihren Jungen ranmachen, erleidet sie eine Art von Qual, wie ein Hund, der an einer befahrenen Autobahn ausgesetzt wird und die Orientierung verloren hat.

Sie hat plötzlich keinen Grund mehr für Fröhlichkeit, sie bemerkt, dass alles, was sie sich hat erbaut, auf diesem einzigen Jungen basiert.

Sie realisiert, dass dies nicht der richtige Weg war.

Er, der Junge, er kommt vier Wochen später mit einem Mädchen aus ihrer Klasse zusammen, weil sie sie selber war. Weil sie abgewartet hat, nicht zu sehr versucht hat, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen.

Sie hat nicht mit ihrem Aussehen überzeugt, sondern mit dem, was sie ist.