Aslan

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„Ist...ist sie tot?", fragte eine piepsige Stimme und man konnte die Besorgnis raushören. „Ich hoffe nicht, sonst wäre Narnia verloren!", sagte nun eine zweite unbekannte Stimme, und Grace stellte sich vor, wie diese Person die Hände über den Kopf schlug. Aber Moment! Narnia? Das Mädchen machte sofort die Augen auf, die sich erstmal an die Helligkeit gewöhnen mussten, und versuchte sich gerade hinzusetzen. Nun begann sie ihre Umgebung zu mustern. Sie befand sich in einer kleinen, gemütlichen Hütte, welche von Kerzenlicht erhellt wurde. „Wie geht es ihnen, Evastochter?", fragte wieder die zweite unbekannte Stimme. „Oliver! Sie wäre fast ertrunken, hätten wir sie nicht gefunden, wie soll es ihr schon gehen?", sagte nun eine Stimme, die Sarkasmus beinhaltete, aber eine wunderschön beruhigende Wirkung hatte. Doch als Grace die Personen – oder eher Lebewesen – sah, setze ihr Atem für einen Moment aus. Vor ihr befanden sich ein Erdmännchen, ein Fuchs und ein... Drache. „Sie ist es", hauchte der Fuchs mit der ruhigen Stimme. Grace zuckte zusammen. „Du... du hast gesprochen!", murmelte sie ungläubig und leicht Panisch, weshalb sie bis hinten an die Wand rutschte, dann bemerkte sie, dass sie immer noch ihr Kleid anhatte. „Natürlich kann er sprechen", sagte nun das Erdmännchen, als wäre es das Normalste der Welt. „Sicher dass sie die Richtige ist, Fuchs?", meinte es an den Fuchs gewandt. „Sie muss sich wohl den Kopf an Gletschern im See gestoßen haben.", meinte der Drache als Erklärung. „Wer seid ihr?", fragte Grace vorsichtig. „Ich heiße Oliver", sagte wieder der Drache. „Oliver?", fragte Grace noch einmal nach. „Ja, ich weiß, komischer Name für ein feuerspuckendes Ungeheuer.", erwiderte Oliver und schaute traurig auf den Boden. „Hey, das ist ein wundervoller Name! Er gefällt mir sehr. Und das Letzte, was du bist, ist ein Ungeheuer", meinte die 15-jährige und streichelte leicht die raue Haut des Drachens. „Ganz sicher.", meinte der Fuchs an das Erdmännchen gewandt, „Mein Name ist einfach Fuchs, Majestät.", meinte er und senkte seinen Kopf ein wenig, als wolle er sich verbeugen. „Philipp.", stellte sich das Erdmännchen vor und musterte Grace freundlich mit seinen großen, braunen Augen. „Freut mich sehr, ich bin..." „Oh, wir wissen wer du bist, Grace Regina Clark", meinte Fuchs. „Aber woher? Wo bin ich hier und wieso? Warum war ich bewusstlos?" Grace war immer noch der Meinung alles sei ein Traum. „Das ist eine lange Geschichte. Aslan sollte es dir erzählen.", sagte Philipp. „Du kannst mit mir und Philipp fliegen. Fuchs muss noch etwas erledigen.", meinte der Drache. Sie gingen nach draußen, Grace streckte sich erstmal, und man konnte erkennen, dass es erst am frühen Morgen war. „Fuchs, wir treffen uns im Lager von Aslan. Du kümmerst dich um die vier anderen Evastöchter und Adamssöhne?", fragte das Erdmännchen den Fuchs. „So machen wir's.", antwortete dieser. Der Drache legte sich hin, damit Grace und Philipp aufsteigen konnten. Dann verabschiedeten sie sich von Fuchs. Ein kurzer, erschrockener Schrei entfuhr dem Mädchen, als der Drache so plötzlich in die Höhe stieg, doch dieser lachte nur leise. Im nächsten Moment schien das Land unter ihnen in die Tiefe zu stürzen und herumzuwirbeln, als Oliver eine oder zwei Runden drehte, bevor er seinen kurzen Flug zum Lager begann. Der Wind wehte den Haaren von Grace und sie genoss den Flug in vollen Zügen. Nun war sie sich gar nicht mehr so sicher, ob das wirklich nur ein Traum war. Einige Zeit später sank der Drache tiefer und tiefer. „Haltet euch lieber fest! Wir sind da." Grace hielt sich mit einer Hand an Oliver fest, mit der anderen hielt sie das Erdmännchen. Endlich landete der Drache. Grace wälzte sich hinunter und half Philipp beim Absteigen, welcher die Geste nur dankend annahm. Sie liefen ein paar Minuten durch den wunderschönen Wald, in denen Grace sich fragte, was sie jetzt wohl erwarten würde, und dann kamen sie auf einer großen Lichtung an, auf der viele Zelte standen. „Geht ihr voraus.", flüsterte das Mädchen. „Nein", flüsterte Philipp zurück, „Evastöchter und Adamssöhne müssen vor den Tieren gehen". Grace holte einmal tief Luft und nickte dann. Sie wollte sich einen Weg zwischen den ganzen Geschöpfen machen, darunter Zentauren, Faune, Tiere, sogar Einhörner und einen Pegasus, doch als die Ersten die Reisenden sahen, machten sie sofort Platz, legten ihre Arbeit weg und (zu der großen Verwunderung von Grace) knieten nieder. Als die Nächsten das wiederum bemerkten, erblickten sie auch Grace, Philipp und Oliver, und machten das Selbe. So ging es immer weiter bis man am Ende des entstandenen Weges einen großen Pavillon entdeckte. Mittlerweile knieten alle nieder und Grace schritt mit ihrem violetten Kleid langsam nach vorne, die anderen Beiden im Schlepptau. Sie schaute immer nervös zu den Knienden, welche sie neugierig musterten. Philipp war ganz aufgeregt und Oliver versuchte so gelassen wie möglich zu wirken. Als sie an dem roten Pavillon angekommen waren, bemerkte Grace, welche über ihre Schulter blickte, dass alle Wesen ihnen gefolgt war. Doch plötzlich knieten sie sich wieder nieder, und das Mädchen schaute hastig nach vorne. Dort stand er. Auch sie kniete elegant nieder und hoffte nicht wie ein nervöses, schwaches Mädchen rüberzukommen. „Erhebe dich, Evastochter und Königin von Narnia. Erhebt euch, Volk von Narnia.", sprach er mit einer mächtigen, tiefen Stimme. Grace wusste, dass sie mit ersteres gemeint war, so tat sie auch wie geheißen und erhob sich. „Grace Regina Clark. Es ist so lange her. Um genau zu sein, Heute, vor 6500 Jahren.", sagte Aslan. Das Mädchen wusste nicht was sie sagen sollte, doch Aslan hatte es auch nicht erwartet. „Folge mir, Evastochter." Der majestätische Löwe ging in den Pavillon zurück. Grace folgte ihm und war, zu ihrer Überraschung, nicht nervös oder aufgeregt.

Die wahre Königin von Narnia - Peter PevensieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt