14 | Das Leben geht weiter

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Lied: Linkin Park - Heavy

Die Tage vergingen ziemlich schnell, wir hatten viel Spaß und fuhren jeden Tag die Pisten hinunter. Am Abend machten wir Verschiedenes, wie die Fackelwanderung, die wir am ersten Tag gemacht hatten, danach hatten wir noch Freizeit, bis zum Schlafen gehen.

Heute waren beide Gruppen nur am Vormittag Ski fahren und Snowboarden, jetzt waren wir gerade auf dem Weg in die Richtung des Zentrums des Ortes, um uns etwas umzusehen oder auch zu shoppen. Es war verrückt, dass morgen schon Abreisetag war, es war alles ziemlich schnell vergangen. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich hier kaufen sollte, so spektakuläre Geschäfte gab es nun auch wieder nicht. Eigentlich hatte ich auch keine Lust herumzugehen. "Um 14:30 treffen wir uns alle wieder hier!", verkündete Mr Bail, dann lösten wir uns auf. Ich ging mit den Mädels irgendwo herum und bemerkte, dass Miss Rose mit Mr Bail in ein Sportgeschäft einbog. Ich fragte mich, ob Miss Rose irgendeinen speziellen Sport in ihrer Freizeit machte.
"Ich hab' Lust auf etwas Süßes. Gehen wir dorthin, zu dem Stand!", schlug Lena plötzlich vor. Wir stimmten zu, wobei ich nicht vorhatte irgendwas zu kaufen, und gingen dorthin. Danach gingen wir noch zu ein paar anderen Ständen, doch auch dort wollte ich nichts kaufen. Ich befand mich gerade wieder in einer dieser Phasen, in denen ich zu viel nachdachte und mich betrübt und lustlos fühlte. "Kaufst du gar nichts?", fragte mich Nadine. Ich schüttelte den Kopf und sie lachte: "Schon witzig. Sonst bist du immer diejenige, die unbedingt shoppen will" Ich zuckte mit den Schultern und lächelte entschuldigend: "Ich hab heute nicht wirklich Lust..."Wir gingen zurück zum Treffpunkt und suchten eine Sitzgelegenheit, fanden aber nur eine Bank, auf die sich 4 Leute setzen konnten.
"Ihr könnt euch setzen", sagte ich schnell,  "Ich kann stehen"
"Ja, ich auch", schloss sich Sarah an "Jill? Gehen wir zu dem Brunnen dort?" Sie deutete auf einen Springbrunnen aus Stein, der wegen des Schneefalls trocken gelegt worden war und nur ein paar Meter entfernt stand. Ich nickte und wir lehnten uns, dort angekommen, an den Rand des Brunnens und sahen uns um.
"Uff, wir haben leider bald wieder eine Deutscharbeit...", murmelte Sarah.
"Ich weiß ", seufzte ich und bemerkte zufällig, dass Miss Rose aus dem Sport Geschäft kam. Sarah erzählte nebenbei irgendwas, doch ich hörte nicht richtig zu, sondern verfolgte Miss Rose' Bewegungen. Anmutig kam sie auf uns zu und mein Bauch begann wieder zu kribbeln. Ihr Blick wanderte vom Boden zu uns und als sie uns bemerkte, begann sie zu lächeln und blieb plötzlich stehen. Ich beobachtete, wie sie ihren Rucksack hinunterhob, ihn auf den Boden stellte und darin kramte. Was hatte sie vor?
"Jill? Hallo?", Sarah stupste mich an. Ich zuckte zusammen und Sarah folgte meinem Blick. Jetzt hatte Miss Rose ihr Handy hervorgeholt und richtete es mit der Kamera auf uns. "Oh", murmelte Sarah und meine Englischlehrerin rief: "Bitte lächeln!" Ich dachte gar nicht viel nach, sondern versuchte mein schönstes Lächeln für sie aufzusetzen, dann ließ sie das Handy zufrieden wieder sinken und winkte uns zu sich. Wie auf Knopfdruck stand ich auf und ging gemeinsam mit Sarah zu ihr. "Ist schön geworden oder?", meinte Miss Rose und ich beugte mich zu ihr hinüber, um einen Blick auf das Handy zu erhaschen. Ihre Nähe machte mich wahnsinnig, dazu kam auch noch dieser zarte Duft nach Vanille, nach dem sie immer roch. Gott, Mein Verstand spielte wieder verrückt...
"Cool!", meinte Sarah, "Machen Sie Bilder vom gesamten Ausflug?"
"Ja, die werden dann auf die Schulhomepage gestellt", erklärte Miss Rose. Schnell beugte ich mich wieder weg, damit es nicht komisch vorkam, dass ich so lange "dieses Foto" ansah. So nah war ich schon lang nicht mehr bei ihr gewesen. Diese Frau machte mich wahnsinnig.

Wir trafen uns später alle beim Treffpunkt und gingen dann gemeinsam wieder zur Unterkunft. Dort angekommen, zählte Mr Bail alle durch und Miss Rose meinte, dass wir jetzt Freizeit hatten und Mr Bail fragte wiederum, ob jemand einen Vorschlag hatte, was alle gemeinsam tun konnten. So viel zur Freizeit. Keiner hatte einen Vorschlag und alle sahen sich ratlos an, bis plötzlich jemand laut "Schneeballschlacht!!" rief. Kurz darauf flogen schon die ersten Schneebälle. Spaßvogel. Irgendwie hatte ich gerade auch Lust darauf bekommen und den Anderen erging es genau so, denn alle zerstreuten sich in verschiedene Richtungen und begannen eifrig Bälle zu formen. Miss Rose lachte nur und Mr Bail formte begeistert einen Schneeball.
Ich griff in den kalten Schnee und wollte auch einen Ball formen, doch plötzlich striff mich einer an der Wange und ich sah erschrocken auf. Kentin und ein paar andere Jungs grinsten und hatten schon wieder neue Schneebälle in der Hand. Die Mädels und ich versuchten uns vor weiteren Schüssen zu schützen, doch plötzlich schossen alle Jungs auf einmal und wir hatten fast keine Chance. Nur knapp verfehlte ein großer Schneeball mein Gesicht und ich schoss eifrig zurück und traf sogar jemanden am Bein. Als Antwort kamen noch mehr Schneebälle zurückgefeuert und mir schien es, als würden es auf einmal alle Jungs auf mich abgesehen haben. Ich hielt mir schützend die Hände vor das Gesicht und versuchte irgendwo besseren Schutz zu finden, während die Mädels versuchten jetzt einen großen Gegenangriff zu starten. Doch die Jungs waren eifriger. Plötzlich traf Kentin ein großer Schneeball an der Jacke. Es folgten noch weitere Bälle, die von der Seite kamen.
"Nicht alle auf die Mädels, Jungs!", grinste Miss Rose und schoss erneut auf die Jungs. Im nächsten Moment zerstreuten sich wieder alle, auch ich und es hieß jeder gegen jeden. Ich sah, dass Miss Rose irgendwo in meiner Nähe stand und bemerkte aus dem Augenwinkeln, dass ein Schneeball auf sie zuflog, genauer gesagt auf ihr Handy, doch sie war damit beschäftigt die Schlacht zu fotografieren. Ich lief ohne zu zögern los, rannte genau in die Schusslinie des Balles und wurde am Oberarm getroffen. Eifrig rappelte ich mich auf und schoss zurück, wo der Ball herkam. "Oh, danke dir", Miss Rose hatte einstweilen bemerkt, dass ich mich geopfert hatte.
"Kein Problem", keuchte ich außer Atem und mit klopfendem Herzen und lief weiter. Diese Schlacht ging noch eine Weile weiter, bis wir dann schließlich schon alle erschöpft waren. Völlig außer Atem blieb ich im Schnee liegen und versuchte meine Atmung wieder zu normalisieren. Miss Rose lachte amüsiert, als sie mich so erschöpft am Boden liegen sah und meinte zu allen: "Ich glaube, das reicht für heute. Geht euch umziehen, wir treffen uns dann zum Abendessen in zwei Stunden" Lena half mir auf und wir gingen ins Zimmer.

***

Am nächsten Tag war Abreisetag, das hieß Stress. Ich hasste An- und Abreisetage. Wir hatten noch in der Unterkunft gefrühstückt, jetzt waren wir damit beschäftigt die Koffer im Bus zu verstauen. Miss Rose stand beim Eingang und warf eine gebrauchte Zigarette in den Mülleimer. Ihr Blick traf meinen und blieb kurz an mir hängen. Sie musterte mich mit ihren strahlenden blauen Augen und kam dann langsam auf mich zu. Ich hob meinen Koffer schnell in den Stauraum und als ich wieder in ihre Richtung sah, deutete sie mir mit einem Finger, dass ich zu ihr kommen sollte. Ich zögerte nicht und kam langsam auf sie zu. Sie strich sich eine schwarze lockige Strähne aus dem Gesicht und spielte mit einem Schlüsselbund: "Ist alles klar wegen nächster Woche?" Einen Moment lang wusste ich nicht, was sie meinte, doch dann fiel mir ein, dass ich mich ja einmal nach der Schule mit Miss Rose zusammensetzen und die Fehler bei meiner Englischarbeit besprechen musste. "Ja"
Sie nickte langsam: "Okay, nicht vergessen, es ist am Mittwoch. Du kannst einfach nach der letzten Stunde zum Lehrerzimmer kommen und nach mir fragen oder wir laufen uns vielleicht sowieso über den Weg und ich hole dich. Dann setzen wir uns in eine leere Klasse"
"Okay", Ich zupfte ungeduldig an meinem Pullover herum.
"Gut, dann lasse ich dich wieder weiter einpacken", lächelte sie und machte sich auf den Weg zu Mr Bail. Ich sah ihr kurz nach, dann ging ich zum Bus und stieg ein. Anna fragte mich, wo ich gewesen war und ich erzählte ihr, dass ich mit Miss Rose gesprochen hatte. Sie gab sich mit der Antwort zufrieden und ließ mich beim Fenster sitzen. Diese Fahrt würde ziemlich langweilig und lange werden und ich bemerkte, dass sich Miss Rose wieder nicht in diesem Bus befand, sondern Mr Bail. Ich lehnte mich an die Lehne des Sitzes und steckte mir die Kopfhörer in die Ohren. Etwas besseres fiel mir gerade nicht ein und ich hatte auch gerade keine Lust, mit jemandem zu reden, also war es eine ideale Lösung. Musik drang leise aus den Kopfhörern und ich sah aus dem Fenster.

I am holding on.
Why is everything so heavy?
Holding on.
So much more that I can carry
I keep dragging around what's bringing me down.
If I just let go, I'd be set free.
Holding on

Mitten im Lied schlief ich irgendwann ein.

Ich hatte ziemlich lange geschlafen, denn, als ich wach wurde, waren wir schon fast angekommen. Nach dem Wochenende würde wieder normaler Unterricht stattfinden, darauf hatte ich überhaupt keine Lust. Plötzlich schoss mir Tony wieder durch den Kopf und ich wollte mich am liebsten vergraben. Nach dem Wochenende musste ich auch mit ihm Schluss machen! Das würde überhaupt nicht einfach werden und viele Nerven kosten. Ich würde mir aber noch mehr Probleme einhandeln, als ich jetzt gedacht hatte...

Admiring her | girlxgirl Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt