Einige Zeit lang, sitze ich bloss da und starre das Bild an. Schliesslich richte ich mich wieder auf, stecke es gemeinsam mit dem zerknüllten Brief in meine Jackentasche und verlasse den Waggon.
Mein Kopf schmerzt und es ist bereits dunkel. Wie lange war ich weg?
Die anderen drehen bestimmt schon durch...Deswegen beeile ich mich nicht. Und nach Hause gehe ich schon gar nicht. Ziellos irre ich umher, komme bald darauf im Stadtpark an und setze mich erschöpft an dessen kleinen Teich.
Man hört weit weg den Strassenlärm, doch er zieht an mir vorbei. Ich sitze bloss da und starre den Teich an.Er sieht aus, wie ein schwarzes Loch, das Wasser ist spiegelglatt und kein einziger Stern ist darin zu erkennen. Betrübt lasse ich den Kopf hängen und schaue nicht auf, als ich nach einiger Zeit Jimins Stimme höre: "Jungkook!"
Schritte erklingen, der Ältere muss direkt auf mich zukommen und gleich darauf packt er mich am Oberarm. "Jungkook!", keucht seine helle Stimme, "Bist du wahnsinnig?! Einfach abzuhauen, ohne uns was zu sagen?! Was hast du dir dabei gedacht?!"
Ich antworte nicht und schaue auch nicht auf. Meine Stimme, so wie eigentlich alles von mir, gehört Tae und ich habe geschworen, mit niemandem mehr zu reden, solange er weg ist.
Das im Waggon war ein verdammter Ausrutscher, weil alles in mir verrückt gespielt hat."Jungkook, rede mit mir!", verlangt Jimin hörbar wütend und verzweifelt. Noch immer sage ich nichts, da reisst er mich herum und verpasst mir eine Ohrfeige. "REDE MIT MIR!", schreit er mich an und im Schein der Taschenlampe kann ich erkennen, dass er weint, "Hör endlich mit diesem verdammten Schweigen auf! Ich halte es nicht mehr aus! Hör auf damit!"
Er beginnt mich zu schütteln, ich lasse es klaglos über mich ergehen, während ich seine Schluchzer und irgendwann auch Hoseoks Stimme höre. Der ist gleich darauf bei uns angekommen und reisst Jimin von mir weg. "Hör auf, Jimin!", verlangt er ernst, "Das nützt doch nichts!"
"Er soll endlich aufhören!", weint Jimin lauthals und vergräbt das Gesicht in Hoseoks Shirt, "Ich will Jungkook zurück! Dieses Arschloch hat ihn umgebracht!"
Jimin ist der Erste und einzige, der es einsieht; ich bin tot. Leben und existieren sind zwei verschiedene Dinge und mit Leben habe ich aufgehört, als Taehyung verschwunden ist.
In diesem Moment bin ich gestorben.
"Jungkook", flüstert Hoseok und sieht mich traurig an, "Wohin soll dein Schweigen führen? Es holt ihn nicht zurück. Taehyung wird nicht mehr wiederkommen..."
Ich schlucke leer und reagiere auch nicht auf diese Worte. Jimin heult auf.
"Ich hoffe er leidet!", weint er, "Ich hoffe, Taehyung leidet Höllenqualen und wird sich jeden Tag daran erinnern, was er angerichtet hat. Ich hoffe, das schlechte Gewissen raubt ihm den Schlaf, ich hoffe er schmort in der Hölle für all das! Ich hoffe, er ist tot!"
Hoseok geht auf diese Worte nicht ein. "Kookie, bitte komm zurück. Bitte sieh endlich ein, dass er nicht zurückkommt. Du hast gewartet, ein Jahr lang und das vergebens. Lass es endlich hinter dir."
Aber wie soll das gehen?
Wie soll man jemanden vergessen, aufgeben und hinter sich lassen, wenn man für diese Person alles täte?
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Mute [Vkook]
FanfictionWenn der Schmerz jenseits aller Vorstellungskraft ist und das Herz bricht. Wenn du verloren hast, was dir am meisten bedeutet hat. Wofür lohnt es sich dann noch, zu kämpfen? "Er liebte es, mir zuzuhören. Oft hat er mich gebeten, einfach zu reden ode...