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16. Eintrag

Gemeinsam liefen wir den Hügel zu den verlassenen Gleisen hoch. Oben angekommen ging Taehyung vor und kniete sich vor den Zugwaggon, bevor er sich kurz danach wieder aufrichtete und an der Tür des  Waggons herumhantierte und anschliessend diese zur Seite schob.

"Komm mit", rief er und betrat das Innere. Hastig folgte ich dem Älteren und stieg in das Innere des dunklen Waggons. Es war staubig und ziemlich leer hier drinnen, bis auf die üblichen Sitzgelegenheiten , ein Fenster spendete etwas Licht, und direkt vor uns befand sich ein kleiner, runder Gartentisch und zwei Klappstühle.

Taehyung nahm die beiden Klappstühle und drückte sich damit an mir vorbei. Ich beschloss, im zu helfen und wollte den Tisch hinaus tragen, als er bereits wieder in den Waggon kletterte und mich zur Seite schob. "Lass mich das machen", grinste er süffisant und trug auch den Tisch hinaus. Ich verdrehte meine Augen und sah mich anschliessend etwas genauer in dem Gefährt um.

Es sah renovierungsbedürftig aus und irgendwie wollte ich nicht, dass es an so einem schönen Ort  gleichzeitig auch so heruntergekommen aussah.

"Tae?", fragte ich deshalb neugierig und der Braunhaarige streckte fragend den Kopf hinein. "Meinst du, man kann das Ding hier renovieren?", wollte ich wissen und machte eine allumfassende Handbewegung.

Der Ältere zuckte ratlos mit den Schultern. "Ich denke mal, dass es machbar ist, wenn man genug Geld und Zeit darin investiert", meinte er nachdenklich und schürzte dabei die Lippen. Ich nickte nur und hielt mein Lächeln zurück. "Gut, dann bringen wir den auf Vordermann!", beschloss ich erfreut und klatschte in die Hände.

Tae zog die Augenbrauen hoch. "Ich finde die Idee ja ganz gut, aber meine Eltern lassen kaum etwas für einen alten, klapprigen Zugwaggon springen und wir beide besitzen definitiv nicht genügend Kohle", bemerkte er. Ich grinste breit. "Aber vielleicht ist meine Mum ja begeistert davon, dass ich etwas altes restaurieren will!", schlug ich vor und er begann zu lächeln, bevor ich aus dem Waggon hüpfte und auf einem der Klappstühle platz nahm. Anschliessend nahm ich meine Hausaufgaben hervor und begann diese zu machen, während Taehyung mir nur aufmerksam dabei zusah.

Erschöpft klappe ich das Buch zu und verstaue es in der Schublade. Dafür nehme ich den zerknitterten Brief von Taehyung und den Briefumschlag mit den ganzen Fotos hervor.

Dazu ziehe ich das Feuerzeug aus meiner Jackentasche, welches ich aus der Küche mitgehen lassen habe und ziehe den Mülleimer näher heran. Erst falte ich den Brief auf und entzünde die kleine Flamme des Feuerzeugs, bevor ich damit den Brief in Brand setze. Erst sehe ich bloss aufmerksam dabei zu, wie sich das Feuer durch die Fasern des Papieres frisst, bevor ich dessen letzte Reste achtlos in den metallenen Eimer befördere und dann den Briefumschlag in die Hand nehme.

Jetzt fällt es mir schon wesentlich schwerer, die Flamme zu entfachen. Meine Hand beginnt zu zittern und ich hole tief Luft. Einerseits will ich das auf keinen Fall, es würde mir das Herz zerreissen, doch andererseits, hasse ich es, diese Bilder immer und immer wieder zu sehen. Das tötet mich nur noch mehr, als sie nicht zu verfackeln.

also setze ich auch den Briefumschlag in Brand und lasse ihn bald schon in den Mülleimer fallen.

Mein Herz klopft schmerzhaft fest gegen meinen Brustkorb und ich schnappe leise nach Luft.

Jetzt ist es weg. Nichts deutet daraufhin, dass Taehyung jemals existiert hat, bis auf die Dinge, die ich nun noch aufschreibe.

Als sei er tatsächlich nur ein Produkt meiner Fantasie.

Und ich weiss nicht, was schlimmer ist: Das Taehyung tatsächlich hier war oder jetzt nur noch eine Erinnerung...

Mute [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt