[7] Sonntag

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Voller Panik schrecke ich hoch. Ich sitze kerzengerade im Bett. Was ist passiert?! Ich schaue mich um. Mein dunkles Zimmer riecht vertraut und schnell wird mir klar, dass ich nur einen Albtraum hatte. Ich seufze und streiche mir durch meine Haare. Was war das für ein furchtbarer Traum gewesen... Eine Träne läuft mir die Wange herunter als das eben geträumte sich noch einmal in meinem Kopf abspielt. Dann höre ich plötzlich die Worte meines Bodyguards, die er mir vor ein paar Stunden zum Abschied gesagt hat: "Ich passe auf dich auf Prinzessin. Immer. Hab keine Angst." Ich musste sofort anfangen zu grinsen. Womit hatte ich jemanden wie ihn nur verdient? Womit? Nennt sich sowas Schicksal?

Müde sehe ich auf den Wecker auf meinem Nachttisch. 5:34 Uhr?!?!?! Zum Henker! Ich habe noch 1 Stunde Zeit, bis meine Eltern aufstehen... sollte ich diese nutzen und schlafen? Quatsch! Ich kann jetzt sowieso nicht mehr schlafen...

Leise stehe ich auf und schleiche mich auf Zehenspitzen ins Badezimmer. Ein müdes Gesicht blickt mir entgegen und um richtig wach zu werden klatsche ich mir erstmal ein bisschen kaltes Wasser ins Gesicht. Leise entledige ich mich kurz darauf meiner Kleidung und gehe unter die Dusche. Das angenehm warme Wasser fließt über meinen Körper und lässt mich kurz alles um mich herum vergessen. Die Wärme fühlt sich fast so an, wie die Wärme, die ich spüre, wenn ich bei meinem Bodyguard bin. Mein Bodyguard. Der Junge, den ich erst seit zwei Tagen kenne und der mir trotzdem so wichtig ist, wie kein anderer auf dieser Welt. Diese wunderwunderschönen blauen Augen an die ich unentwegt jede Sekunde denken musste. 

Als ich fertig war mit Duschen stellte ich das Wasser ab. Ein Kälteschauer überkam mich und ich wickelte mich schnell in mein kuschelig weiches Handtuch ein. Danach kämmte ich meine langen Haare und schlüpfte schnell wieder durch den dunklen Flur in mein Zimmer.

Heute war Sonntag. Kirchentag. Genervt ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte an die Zimmerdecke. Ich würde ja sagen ich hätte an irgendetwas bestimmtes gedacht, aber das hatte ich nicht. Ich hatte einfach mal nur da gelegen, meinem eigenen Atem gelauscht und mich auf einen anderen Planeten gewünscht. Danach zog ich mich um. Ich zog mir ein hübsches weißes Kleid an, machte die Kreuzkette, die meine Mutter mir geschenkt hatte um und band meine Haare zusammen. Ich betrachtete mich im Spiegel. Wer war diese Mädchen, dass mir da entgegenblickte? Sie hatte hübsche grüne Augen, kleine feine Sommersprossen im Gesicht. Es war ein hübsches Mädchen, was mir da im Spiegel entgegenblickte, keine Frage. Aber wer es war, dass wusste ich nicht. Ich hatte nie die Chance gehabt es herauszufinden.

Einige Zeit später, ich hatte gerade die Bibel mit meinem Tagebuch darin wieder in mein Bücherregal gestellt hörte ich den Wecker meiner Mom klingeln. Kurz darauf erwachte das Leben hier. Meine Eltern standen auf, warfen Luke aus dem Bett, der mies gelaunt aufstand und den Tisch deckte, und kamen danach zu mir ins Zimmer um auch mich zu wecken, dabei war ich schon wach. Meine Mutter begrüßte mich mit einem Kuss auf die Stirn und deutete auf die Schulsachen, die ich auf meinem Schreibtisch ausgebreitet hatte. "Mathematik?" Ich nickte nur und tat als widmete ich mich irgendwelchen Zusatzaufgaben. Als sie mein Zimmer verließ hörte ich sie stolz zu meinem Vater sagen, wie fleißig ich doch sei.

Der Rest des Sonntags verging schnell. Beten, Essen, Kirche, Spaziergang, Beten, Essen, Schlafen.

Naja, theoretisch sollte ich jetzt schlafen. Praktisch liege ich seit zwei Stunden wach im Bett und habe noch kein Auge zugetan. Ob mein Bodyguard draußen auf mich wartet?

Vorsichtig stand ich auf und ging zum Fenster. Ein breites grinsen schlich sich auf meine Lippen als ich meinen Bodyguard als dunkle Gestalt am Gartenzaun entdeckte. Er winkte mir zu und ich winkte zurück. Stiller Kontakt reichte mir aber nicht. Leise öffnete ich mein Fenster, schlüpfte durch den Spalt aufs Vordach, kletterte herunter und rannte durch den viel zu großen Vorgarten zum Gartenzaun, wo mein Bodyguard auf mich wartete. 

"Hallo Prinzessin", grinste er und gab mir einen Kuss, als ich angekommen war. "Na du", gab ich zurück und sah ihn von der anderen Seite des Zauns lächelnd an. "Was machst du denn noch hier? Musst du morgen früh nicht zur Schule?", platzte es so aus mir heraus, weil ich wirklich nicht erwartet hatte, ihn hier zu sehen. "Ja schon, aber ich wollte wissen, ob alles gut bei dir ist? Hat Luke dich gestern Abend gesehen?"

Ich schüttelte den Kopf.

"Ein Glück."

Ich nickte und wollte gerade etwas erwidern, da hörte ich, wie die Haustür aufging.

Leise fluchend duckte ich mich in den Schatten des Gartenzauns und sah, wie mein Bodyguard sich aus dem Lichtkegel der Straßenlaterne heraus bewegte. 

Ich sah zur Haustür, wo Luke an die frische Luft getreten war. Er hatte seine Sporttasche in der Hand und kam in Richtung Gartenzaun. Dann hörte ich plötzlich Stimmen und machte mich noch kleiner. Erst als Luke auf die Straße getreten war, verließ ich meine Deckung etwas, um sehen zu können was geschah.

Luke hatte sich wohl mit Freunden von ihm getroffen. Sie begrüßten sich und redeten gedämpft. Vorsichtig schielte ich zu meinem Bodyguard herüber, der ebenso wie ich das Treiben beobachtete. Luke öffnete seine Sporttasche und hielt einem von beiden die Tasche hin.

"Nice man!", sagte dieser daraufhin, deutlich zu laut, sodass ich es hören konnte. Viel konnte ich nicht erkennen, aber in der Tasche befanden sich weiße in Folie eingewickelte Bündel.

"Klappe Paul!", zischte mein Bruder dem zu lauten Typen mit den blonden kurzen Locken zu. Er fuhr fort: "Das war das letzte Mal, dass ich das gemacht habe. Die nächste Fuhre besorgt ihr. Ich will damit nichts mehr zu tun haben."

"Jo, geht klar Boss!", äußerte Locken-Paul. Wieder etwas zu laut und fing sich einen bösen Blick meines Bruders. Boss? Hatte er meinen Bruder gerade "Boss" genannt?

Luke gab dem Lockenkopf zu verstehen, dass er verschwinden solle, was dieser gleich darauf, mit der Tasche in der Hand tat. Zurück blieben mein Bruder und der andere Typ, der bisher noch kein einziges Wort gesagt hatte. Dieser Junge hatte bleiche Haut und schwarze kurze Haare. Er wirkte fast wie ein düsterer Vampir. "Luke...", hörte ich den Typen sagen. "Clarke...", murmelte mein Bruder. Dann fielen sich die beiden um den Hals. Sie umarmten sich und im Dunkeln verschmolzen die beiden Körper zu einem. Ich warf meinem Bodyguard einen verwirrten Blick zu. Er zuckte bloß mit den Schultern, weshalb ich mich wieder den beiden anderen zu wand. "Ich hab dich unendlich vermisst." Moment, hatte das gerade mein Bruder zu diesem Typen gesagt? Ich komme nicht mehr mit! Stopp mal! Doch die beiden warteten nicht bis ich die Situation verstanden hatte, sie fuhren einfach fort mit dem, was sie gerade taten:

Sie küssten sich.

My personal BodyguardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt