Kapitel 8

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Schatz, beruhige dich.
*

»Züleyha« sprach er. Instinktiv bekam ich Gänsehaut. Topraks Stimme war rau und man hörte, dass er lange Zeit nicht geredet hatte, wie jemand, der neu aufgewacht ist. Abgesehen davon, traf er die Buchstaben besser, als er behauptet hatte. Jedoch hob er auf einmal seine Hand vor den Mund und schüttelte seinen Kopf.

»Was ist los?« fragte ich besorgt nach und gab ihm etwas Zeit, nachzudenken. Er blickte in meine Augen und öffnete erneut seinen Mund, aber dieses Mal, stoppte er.

»Schon okay« nickte ich verständnisvoll. Er brauchte Zeit. Ich konnte mir vorstellen, wie komisch es sein müsste, nach so langen Jahren wieder zu reden. Vor allem, wenn man seine eigene Stimme nicht hören konnte.

Toprak zeigte mir seinen Handrücken und strich mit seiner anderen Hand kreisende Bewegungen drüber. Ich verstand sofort.

»Das heißt Entschuldigung
Er nickte.
»Es braucht dir nicht leid zu tun« entgegnete ich ihm kopfschüttelnd »Lass dir Zeit.«

Allmählich kam sein Lächeln wieder zurück und er nickte dankbar.

Plötzlich klingelte mein Handy und ich zog es aus meiner hinteren Hosentasche. Zahnfee Banu, war auf dem Display zu lesen. Meine Schwester war Zahnarzthelferin und verdiente seit einigen Jahren ihr eigenes Geld. Anders als ich, denn wegen meinem Studium, war ich ständig auf meine Eltern angewiesen. Auch finanziell unterstützten sie mich so weit es ging, aber nur bis zu einem Punkt. Deshalb hatten Beide nichts dagegen, dass jemand wie Ünal aufgetaucht war.

»Baba sagt, du sollst sofort nach Hause kommen« sprach Banu monoton. Ich hörte ihre Anspannung und ahnte, was auch mich zukommen würde.

»Okay, bin unterwegs« antwortete ich schnell und wollte gerade auflegen, als ich sie noch weiter reden hörte, diesmal leiser.

»Abla, ich kann mir denken, wo du bist. Du solltest das nicht machen. Ünal ist nicht dumm.«

Toprak blickte auf meine Lippen und ich wusste, dass er es lesen würde, wenn ich jetzt fluchen würde, also riss ich mich zusammen und atmete erst mal ein.

»Banu, wir reden später« nuschelte ich und legte auf. Die kann was erleben.

Am Eingang des Töpferladens, wusste ich nicht genau, wie ich mich verabschieden sollte. Toprak erwartete scheinbar nicht viel, da er mir mit einer kurzen Handbewegung Tschüss sagte. Also fasste ich mich auch kurz und gab ihm ein Lächeln.

»Danke« zeigte ich ihm in Gebärdensprache, denn ich wusste, dass es ihn glücklich machen würde. Er lächelte erfreut und nickte »Bitte.«

Zügig lief ich die Straße entlang zurück zur großen Kreuzung, um die nächste Straßenbahn zu erwischen. Währenddessen bereute ich meine Dreistigkeit, Toprak direkt gefragt zu haben mit mir zu Reden. Wie sehr ich es doch wollte, mehr über ihn zu erfahren... Langsam drehte ich meinen Kopf und sah über meine Schulter, zurück zum Laden, aber Toprak stand nicht mehr draußen.

Was ist das für ein Gefühl? fragte ich mich selbst und schüttelte mir meine Gedanken weg. Mein Handy klingelte wieder und ich zog es mir schnell aus der Hosentasche, weil es vielleicht wieder Banu sein könnte.

Aşkım stand auf dem Display, es war Ünal. Ich drückte ihn weg und lief weiter. In der nächsten Sekunde, klingelte es wieder. Wütend und ohne auf das Display zu schauen, ging ich ran.

Sprechende HändeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt