SWITCH

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P.o.v Anou

Noch nie hatte ich wegen etwas so oft so viele Tränen vergossen.

Noch nie hatte mich etwas so verzweifelt werden lassen.

Noch nie hatte mich etwas so zerbrochen.

Ich fühlte mich hilflos.
Wusste nicht, was ich machen sollte.

Immer öfter zweifelte ich an meiner noch so frischen, aber schon sehr fordernden Beziehung mit Shawn und dachte über ein mögliches Ende nach.

Auch wenn es wehtun würde.

Eins war klar: Ich liebte Shawn über alles.
Und ich wollte ihn nie verlieren.
Und doch überlegte ich, ob es besser wäre, all das hier zu beenden.

Jedes Mal wenn ich ihn ansah, begann alles in mir zu kribbeln. Aber das Gute hatte auch eine schlechte Seite.

Ich war 17.
Doch auch bereit mit etwas so kompliziertem umzugehen?
Ich war mir nicht sicher.
Immer wieder überlegte ich hin und her.

Shawn war bekannt, von tausenden Mädchen angehimmelt, immer unterwegs und am Arbeiten und musste vor jedem Schritt den er machte alle möglichen Folgen bedenken.
War ich dazu fähig, ihn bei jedem dieser Schritte zu begleiten und zu unterstützen oder würde es mich kaputt machen?

Touren, Auftritte, er würde bald selten oder sogar nie bei mir sein.
Aber eine Fernbeziehung?
Oder ich würde ihn begleiten.
Nur was war dann mit der Schule?
Und dem anschließenden Studium in zwei Jahren?

Meine Gefühle machten eine Achterbahnfahrt.

Den einen Moment war ich unendlich glücklich und dachte, nichts könnte je zwischen uns kommen, doch schon im nächsten saß ich verzweifelt und alleine an meine Tür gelehnt auf den kalten Fliesen meines Badezimmers mit unerträglichen Herzschmerzen die mich quälten.

Hätte ich bloß gewusst wie schwierig das wird...

Es gab so viel, dass Shawn nicht mitbekam. Und er würde es bestimmt auch gar nicht hören wollen. So viele Worte die mich ein kleines Stück mehr zerbrechen ließen. So viele Beschuldigungen und Beleidigungen wurden mir an den Kopf geworfen und sie hatten Erfolg. Es verletzte mich. Zerriss mich. Als wäre ich aus zerbrechlichem Glas und jedes Wort war ein Stein der mich traf.

Ich hätte ihnen Shawn weggenommen.
Ich würde ihm nicht gut tun.
Ich sollte aus seinem Leben verschwinden.
Oder selbst aus meinem.

Und all das in einem komplett anderen Ton. Genauer möchte ich nicht darauf eingehen.

Es war alles zu viel für mich.
Und ich hatte Angst Shawn damit mit zu verletzen. Man sollte sich nicht mit traurigen und komplizierten Menschen abgeben, denn sie zogen einen mit runter. Und das wollte ich nicht.

Doch trotzdem überlegte ich immer wieder ihn darauf anzusprechen, aber ich wollte ihn nicht belästigen, ihn nicht belasten. Er machte sich eindeutig so schon genug Sorgen um alles Mögliche und ich wollte ihm nicht noch irgendwelche Schuldgefühle aufdrängen.

Mein nicht vorhandener Egoismus war der Grund dafür. Ich könnte es einfach nicht.
Das Wohl anderer war für mich tausend Mal wichtiger als mein eigenes, was manch einer als gute Eigenschaft sehen würde. Doch woran man nicht dachte ist, dass man sich dadurch zu oft selbst vergisst.

Also schwieg ich, fraß alles in mich hinein und kämpfte auf eigene Faust.

Ob das ein Fehler war?
Wäre möglich.

Ich hatte keine Ahnung wie er überhaupt reagieren würde, ob er mir glauben und was dann passieren würde.
                                                
Zeitsprung zwei Wochen

Und schon wieder saß ich auf den Fliesen im Badezimmer und scrollte durch die vielen Kommentare. Bei jedem einzelnen spürte ich einen Stich in der Brust, dabei wusste ich nicht Mal warum ich sie mir überhaupt durchlas. Vielleicht ja weil ich dachte, dass sie vielleicht Recht hatten?

Mein Schluchzen drang wohl wieder durch die Tür und Shawn klopfte an.

Déjà-vu, nicht?

"Anou geht's dir gut? Ist was passiert?", fragte er, ich konnte den besorgten Ton darin hören und er wollte rein, doch ich hatte abgeschlossen.

"Ja, alles bestens Shawn!", rief ich, meine Stimme angeschlagen von den Tränen.

Wenn er wüsste.

"Bitte mach auf, ich kann dich nicht weinen hören."

Er klang traurig. Etwa wegen mir?

"Ich will dich trösten, alles wieder gut machen ok? Bitte lass mich rein oder komm raus, mir ganz egal, hauptsache ich kann dich in meinen Armen halten.", versuchte er mich zu überzeugen und er schaffte es auch. Alles was ich brauchte war seine Nähe, die mich immer wieder zusammen flickte.

Also drückte ich mich mit den Armen vom Boden hoch, wischte meine Tränen mit dem Ärmel weg und drehte den Schlüssel im Schloss rum. Sofort zog Shawn mich zu sich und ich meinte, er hatte mich noch nie so fest an sich gedrückt.

Als ich wie letzte Woche vor der Badezimmertür nah bei ihm stand beschloss ich zum ersten Mal ein Stück ehrlich zu ihm zu sein. Ich ließ ihn los, legte meine Hände auf seine starken Schultern und sah ihn an. Seine braunen, wegen der Umstände matten und kein bisschen leuchtenden Augen musterten mich eindringlich, als würde er versuchen rauszufinden, was falsch lief.

"Was ist los?", fragte er unwissend, was mich nicht überraschte. Ich schnaubte amüsiert, und doch lag ein verzweifelter Ton darin. 

Er hatte wie gesagt nicht die geringste Ahnung was alles vor sich ging. 

Und genau in dem Moment legte sich endlich der Schalter bei mir um.

Does it work? ; s.m.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt