KARMA

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"Shawn, warte doch mal!", rief ich laut zu ihm nach vorne, während ich unbeholfen und in Eile über die großen Steine stolperte, aus denen der Boden bestand. Shawn mit seinen langen Beinen entfernte sich immer weiter von mir und die großen Schritte über die Lücken schienen kein Problem für ihn zu sein.

"Anou, beeil dich doch mal!", rief er scherzend und mich nachäffend zurück und drehte den Kopf nach hinten, weshalb er einen Spalt übersah und in genau der Sekunde sein Bein bis zum Knie verschwand. Aus Reflex schrie er sofort auf und ich erschrak. Als er dann aber anfing zu lachen, tat ich es ihm nach.

"Alles okay?", kicherte ich und machte mich auf den Weg zu ihm, um ihn hochzuziehen. "Ja, alles gut.", lachte er und nahm dankend meine Hand, um sich wieder zu befreien.

"Karma sag ich dazu nur.", meinte ich grinsend und ließ ihn bloß den Kopf schütteln. "Karma.", wiederholte er ab tuend mit einem Schnauben. "Ich geb dir gleich Karma." Nun schüttelte ich den Kopf. "Geh einfach weiter. Aber renn mir nicht wieder weg!", mahnte ich ihn lachend, wofür ich dann bloß ein "Geht klar!" bekam.

In den nächsten zwei Minuten war er mir allerdings schon wieder einige Meter voraus. "Ja, so viel dazu.", murmelte ich und rannte ihm hinterher, sobald wir von den Steinen runter waren.

Als ich näher an ihm dran war fiel mir auf, dass er leicht humpelte. "Sicher, dass alles in Ordnung ist?", fragte ich besorgt und sah auf sein Knie. "Ja alles bestens, tut nur gerade etwas weh. Geht schon.", tat er es ab, doch ich warf ihm nur einen prüfenden Blick zu. "Wenn's zu schlimm wird dann sagst du aber bescheid, ja?" Er nickte.

Wir liefen immer weiter und weiter, es gab viel zu sehen und viel interessantes, doch eins raubte mir sofort den Atem.

"Oh mein Gott, Shawn! Guck Mal!", rief ich und rannte einfach los an ihm vorbei, wobei ich ihn an der Schulter leicht anrempelte. Dies ignorierte ich und konzentrierte mich einzig und allein auf den Wasserfall, den ich durch viel Grünzeug und Gestrüpp in der Sonne glitzern sehen konnte.

Shawn tauchte bloß langsam allmählich neben mir auf und blieb neben mir stehen.

"Ein perfekter Ort um Muffins zu essen.", war seine einzige und sofortige Reaktion, bevor er sich schon auf einen der Steine setzte und in seinem Rucksack herum kramte.

"Das ist jetzt nicht dein Ernst.", meinte ich geschockt aber auch äußerst belustigt, während er schon in einen Schokomuffin hinein biss. "Aber gib mir auch einen!", entschied ich mich dann und ließ mich neben ihm nieder, den Blick über das wunderschön hellblaue Wasser schweifend.

"Meinst du man kann hier schwimmen gehen?", fragte er mit vollem Mund und brachte mich zum lachen. "Schluck erst mal runter! Aber vielleicht, ich meine was anderes steht hier nicht." Er wackelte mit den Augenbrauen und ließ mich erneut grinsen. "Na gut. Aber schling erst den Muffin runter."

Gesagt getan.

Fünf Minuten später war er bereits im Wasser und ließ sich treiben, ich war noch dabei meine enge Skinny Jeans irgendwie von meinen klebrigen Beinen abzubekommen. Lachend fiel ich fast hin und hatte es dann endlich, weshalb ich mich später erst auf zu Shawn machen konnte.

Sobald ich bei ihm war, legte er seine Hände auf meine Taille und drehte sich mit mir.

"Weißt du, woran mich das erinnert? An den Tag am Strand mit Joshua und Madison.", murmelte er leise in mein Ohr und küsste meinen Hals. Ich gab mich ihm hin und vertraute ihm voll und ganz. "Und weißt du, was wir da gemacht haben?", fragte er und zog mich schon einen Herzschlag später mit unter Wasser und legte seine Lippen auf meine.

Ich erwiderte den Kuss und legte meine Hände auf seine Schultern. Die Zeit war wie stehen geblieben, die Erde war still, bis wir aufgrund von Luftmangel wieder auftauchen mussten. An der Oberfläche angekommen fing ich an zu lächeln und sah ihm in seine rehbraunen Augen. "Ich liebe dich. So sehr wie am ersten Tag.", sagte ich. "Und ich dich erst."

Und schon zog er mich wieder an sich heran.

Etwa eine halbe Stunde später machten wir uns wieder auf den Weg aus dem Wasser und ließen und aneinander gekuschelt in der Sonne trocknen, bevor wir beschlossen, weiter zu gehen.

Dieses Mal schaffte es Shawn, bei mir zu bleiben und wir liefen Hand in Hand durch die Tropen. Allerdings wurde sein Knie wohl nicht besser.

"Sicher, dass alles in Ordnung ist?", fragte ich vorsichtshalber nochmal nach und sah ihn an. "Ja, wie gesagt, es tut bloß weh, aber es geht. Vertrau mir." "Na gut."

Mit Absicht sagte ich, dass ich langsam wieder zu unserem Haus wollte, weil ich Shawn nicht noch länger so rumlaufen sehen konnte.

"Ich mach uns was zu Essen und du legst dich hin und machst schonmal Fernsehen an. Okay?", fragte ich Shawn doch wartete nicht mal eine Antwort ab, sondern verschwand sofort in der Küche.

Ich machte Nudeln mit Soße, was einfaches und klassisches, und tauchte mit zwei Tellern wieder im Wohnzimmer auf und ließ mich neben Shawn in die Couch fallen.

"Hier.", sagte ich und drückte ihm das Essen in die Hand, welches er dankend annahm. Ich hatte einen riesigen Hunger, weshalb ich die Nudeln förmlich in mich hinein stopfte, allerdings tat Shawn es mir nach. Lachend schob ich die viel zu langen Spaghetti in meinen Mund. "Ich hoffe es schmeckt dir auch." Er nickte.

Als wir fertig mit Essen waren, verbrachten wir den Nachmittag auf der Couch. Shawns eine Hand lag in meiner, aber die andere wie schützend auf seinem Knie. Ohne zu Fragen stand ich auf und ging in die Küche, Shawn sah mir nur verwirrt hinterher.

Zwei Minuten später tauchte ich mit etwas Eis auf und legte es ohne Vorwarnung auf sein Knie.

"Ist ja schön, wenn du für mich immer den Starken spielen willst.", fing ich an und legte vorsichtig seine Hand auf den Eisbeutel. "Aber ich kenne dich gut genug, um zu wissen, wann du lügst und wann nicht." Ich lächelte ihn sanft an und er nickte nur. "Ich hoffe es wird schnell besser."

Damit ließ ich mich wieder zurück auf die Couch fallen, gab ihm einen flüchtigen Kuss und schloss meine Augen, den Kopf an Shawns starke Schulter gelehnt.

"Ich liebe dich.", hörte ich noch leise, bevor ich einschlief.

Does it work? ; s.m.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt