COLLAPSE

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"Ich kann das nicht."

Das waren Shawns Worte, als er zum Auto sah und einsteigen sollte. Erschrocken und auch überrascht sah ich ihn an. Man erkannte die Angst die seine Augen erfüllte.

Trotz der Medikamente konnte er wohl einen klaren Gedanken fassen und trat ein paar Schritte zurück, wobei er stolperte und fast fiel. Unter diesen Umständen war das Umgehen mit seinen langen Beinen noch schwerer.

Normalerweise hätte ich jetzt angefangen zu lachen, so wie ich es immer tat, doch die Tatsache, dass er sich durch den Unfall nicht traute sich in den Wagen zu setzen, ließ mich still bleiben.

"Shawn, es wird nichts passieren, komm.", versuchte Karen es und versuchte nach seinem Arm zu greifen, doch er flüchtete regelrecht und blieb einige Meter weiter stehen.

"Ich kann nicht. Ich will nicht.", sagte er leise, starrte das Auto regelrecht an als müsste er aufpassen, dass es nichts machte, und ich meinte Tränen in seinen Augen glitzern zu sehen.

P.o.v Shawn

Es war wie eine Wand. Eine Wand zwischen mir und dem Auto. Jedes Mal wenn ich hin sah, blitzten die Bilder vor mir auf. Die Bäume die immer näher kamen, der tiefe Abgrund direkt vor mir, sogar den Aufprall konnte ich durch meinen ganzen Körper ziehen spüren.

Je länger ich dieser Situation ausgesetzt war, desto schlimmer wurde es. Mein Herz fing an schneller zu schlagen, mir wurde schwindelig und meine Knie wackelig.

Obwohl ich mittlerweile schon wusste wie sich eine Panikattacke anfühlte, dachte ich jedes Mal, es wäre gleich vorbei mit mir.

Ich bekam keine Luft mehr, mir wurde heiß, ich sank langsam zu Boden und fing an zu zittern, während meine Eltern, sowie Aaliyah und Anou zu mir kamen. Tränen liefen mir über die Wangen.

Sofort sah ich meine Fans wieder vor mir die mich einengten und fiel nun komplett auf die kalten Pflastersteine. Hilflos versuchte ich wegzukommen, doch meine Mutter hielt mich fest.

"Mom, lass mich los!", rief ich, meine Stimme brach ab und sobald sie die Hand von meinem Arm nahm drückte ich mich nach oben und verschwand. Ich musste weg von hier.

Das Krankenhaus war an einem Wald gelegen, in den ich hinein lief und fast über eine Wurzel stolperte. Irgendwann fiel ich doch zu Boden und begann zu schluchzen. All das hier war zu viel für mich.

Ich sah mich selbst als einen Versager.
Als einen ängstlichen Musiker, dessen Karriere - Aus kurz bevor stand. Um so vieles machte ich mir Sorgen, die Angst fraß mich auf und nie gab ich meinen Gefühlen freien Lauf. Bis auf jetzt. Allein in der Kälte auf der Erde sitzend und bitterlich weinend.

Was war bloß mit mir los?

Nach Hilfe suchend sah ich in den Nachthimmel, doch erkannte durch die Tränen die Sterne nicht. Das einzige was ich sah waren Wolken, die den Mond verdeckten.

Meine Fans waren meine Sterne und ich war der Mond. Doch wo waren sie?
Die Fans, die wissen wollten, wie es mir ging. Die, die sich um mich Sorgen machten.
Sie waren für mich nicht zu sehen.

Das einzige was da war, waren die Wolken, die mein Licht hinter sich versteckten und es unterdrückten.

Um ehrlich zu sein wusste ich selbst nicht einmal, worüber ich da nach dachte, aber in diesem Moment machte alles auf einmal Sinn für mich.

Ich vergrub mein Gesicht in meiner Hand. Einzelne Regentropfen fielen auf mich herunter und hinterließen Flecken auf meinem T-Shirt.

Ich fühlte mich so elend.
Als wäre alles vorbei.

"Shawn?"

Ich hörte Anou von weitem nach mir rufen, doch ich antwortete nicht. Sie sollte mich so nicht sehen. Auch wenn sie es schon längst getan hatte.

Ich fing an zu zittern. Mir war eiskalt, es war mitten in der Nacht und der Regen durchnässte mich.

Als ich Anous sich nähernden Schritte wahr nahm, blieb ich sitzen. Ich hatte nicht die Kraft aufzustehen, geschweige denn wegzulaufen.

So sah ich also irgendwann ihren Schatten durch die vielen Bäume huschen und als sie näher kam, sah ich wie ängstlich sie war.

"Endlich."

Neben mir angekommen fiel sie auf die Knie und wir sahen und einen Moment lang in die Augen. Eine Mischung aus Angst, Mitgefühl und Liebe lagen in ihrem Blick. Sie zog mich in ihre Arme und ich vergrub mein Gesicht tief in ihrer Schulter, bevor ich anfing zu schluchzen.

Beruhigend strich sie mir über den Rücken, während ich einfach nur in ihren Armen lag. Ich verstand nicht genau, was und wie genau sie es machte, aber sie stellte etwas mit mir an, was sonst keiner konnte.

"Ich liebe dich.", wimmerte ich und kam langsam zu Atem. "Ich dich auch." Langsam ließ ich sie wieder los, ehe sie mir vorsichtig die Tränen mit ihrem Daumen wegwischte und mich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen ansah. "Danke.", hauchte ich Sie sah verwirrt aus. "Wofür?"

Ich beschloss meine sanfte und emotionale Seite sprechen zu lassen.

"Danke dafür, dass du da bist. Auf dich kann ich mich immer verlassen, egal was es ist. Du zögerst nicht, du hilfst mir jederzeit und in jeder Situation. Du weiß ganz genau was du tust und es klappt. Also danke, dass du meine Rettung bist. Die Insel in Mitten meiner größten Angst. Dem weiten, tiefen Meer.", sagte ich und sah ihr dabei in die Augen.

Tränen konnte man nicht von den Regentropfen unterscheiden, die ihre glühend heißen und roten Wangen hinunter liefen.

"Und du bist auch meine rettende Insel."

Der Regen interessierte uns nicht im Geringsten. Wir saßen da, auf dem langsam zerfließenden Erdboden und sahen uns an. Trotz der beißenden Kälte war mir warm, und der Grund dafür saß direkt vor mir und lächelte mich an.

Ich legte meine Lippen auf ihre und zog sie zu mir, sodass ich fühlen konnte wie kalt ihre Nasenspitze war. Und in genau diesem Moment merkte ich, dass ich sie mehr liebte, als ich jemals jemanden geliebt hatte. In dem Moment realisierte ich, sie war die einzige in meinem Leben. Und alles was wir taten, war bloß im Regen zu sitzen.

Does it work? ; s.m.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt