Chapter Six: Gold und strahlend wie die Sonne

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Wir ließen die Jungs alleine grillen, zumindest den Erfolg wollten wir ihnen noch lassen und entfernten uns einige Meter. Eigentlich wollte ich nun endlich seine Frage beantworten, doch schon wieder wurden wir unterbrochen. Diesmal war es Olive, die uns zu sich rüber rief:" wir haben hier noch zwei Gläser Sekt für euch. Kommt doch her." Genervt verdrehte ich die Augen, als ich ihr Grinsen sah. Ich glaubte sogar, dass sie mir zugezwinkert hatte. Unschlüssig, ob ich darauf eingehen sollte und wollte, wendete ich mich Aidan zu. Der grinste mich an und kam auf einmal ganz nahe: "ich weiß was die beiden vor haben mit uns. Wir sollten ihnen einen kleinen Streich spielen. Findest du nicht auch?", flüsterte er mir ins Ohr, dass es ja keiner hören konnte. Ich spürte seinen Atem auf meiner Haut und bekam unmittelbar eine Gänsehaut. Doch lag es nur an seiner Nähe, oder auch an diesem sehr überraschendem Einfall? Natürlich war es offensichtlich gewesen, was der Plan der beiden war. Dass ich auch nur versucht hatte es zu überspielen war aussichtslos gewesen. Doch welcher vernünftige, erwachsene Mensch, der dazu noch Lehrer war, kam auf die Idee bei so etwas mit zu machen? Doch vielleicht war dies genau der Punkt. Olive und Victora würden ausflippen, wenn sie auch nur das geringste Zeichen von uns bekommen würden, dass ihr Kuppelversuch funktioniert hatte. Dass alles nur Show war sollte für den Moment unser Geheimnis bleiben.
Ich grinste ihn an. "Ihre Gesichtsausdrücke würde ich wirklich zu gerne sehen. Die beiden machen immer so albernen Quatsch. Sie haben eine Retourkutsche mehr als verdient!", gab ich genauso leise zurück.
"Dann lass uns spielen", raunte und legte mir einen Arm auf dem Rücken, um mich in Richtung der beiden zu geleiten.
Ein warmer Schauer durchlief meine gesamten Körper.
Mir war mittlerweile schon recht kalt geworden, da wir nicht mehr am Feuer standen und seine Hand war so wunderbar warm.
Langsam gingen wir zu den anderen immer darauf bedacht diese Situation als völlig normal zu verkaufen.
Ich sah in die verdutzten Gesichter von Vicky und Olive und auch in die der anderen, die es bemerkt hatten. Wie viel doch eine einzige Hand auf dem Rücken eines anderen Menschen auslösen konnte!
Olive starrte regungslos auf uns, während Vic uns die Gläser reichte.
"Auf einen schönen Abend", rief Aidan aus und hob seinen Sekt an. Dabei musterte er die beiden ganz genau. Schien sie abzuscannen. Genauso, wie er es mit uns in der Vorlesung gemacht hatte.
Die beiden waren noch immer verdattert und reagierten erst mit Verzögerung auf seine Worte.
"Auf einen schönen Abend", wiederholte Victoria schließlich.
Gläser klirrten und jeder trank ein paar Schlucke. Bei mir waren es wohl einige mehr, denn ich musste diese Situation erst mal verdauen.

Bald gab es Essen und ich gesellte mich zu Jenny, Liam und Cole, die es ebenfalls nicht verbergen konnten, dass sie die Szene vorhin genau gesehen hatten.
Die Zeit verging schnell und ich beobachtete von meinem Stuhl nahe des Feuers aus, wie sich alle unterhielten. Am Tisch wurde ein Trinkspiel veranstaltet, Liam und Jenny kuschelten, während ein paar andere Jungs abseits sich einen Ball gegenseitig zukickten. Nicht weit entfernt stand noch eine gemischte Gruppe, darunter auch Aidan, die sich mit Cocktails in den Händen unterhielten.
Ich mochte es sehr eine Zeit lang für mich zu sein und einfach dem Treiben zuzusehen.
Ich war schon immer eine Einzelgängerin gewesen und die vielen Partys und das anhängliche und sehr offene Verhalten von Olive, Vicky und manchmal auch Jen hatten mich anfangs doch sehr irritiert. Mittlerweile hatte ich mich schon an all das hier gewöhnt, doch genoss ich die Stille für einen Moment.
Der Mond schien über uns halb voll und tausende Sterne glitzerten, die ich in London zu selten zu Gesicht bekam. Niemand anderes schien hier die Schönheit der Natur zu bemerken. Es zählte nur das andere Geschlecht, Alkohol und Spaß.
Langsam stand ich auf und lief durch den kühl gewordenen Sand die wenigen Meter hinab zum Meer. Sachtes Rauschen der Wellen war so ein wundervolles und beruhigendes Geräusch, dass ich endlich wieder ganz ich selbst wurde. Weg war die Wut auf die beiden albernen Tussis und fort die ganze Aufregung um diesen einen Mann.
Ich lauschte den Geräuschen und bewunderte das Silber des Mondes auf der glatten Oberfläche des Meeres.
"Es ist einfach atemberaubend nicht wahr?", Aidans Stimme ließ mich zusammenzucken.
"Ich stand schon unendliche Male an Stränden wie diesem und es gab nie einen schöneren Ausblick."
Er stellte sich neben mich und ließ den Blick über die See schweifen. Seine Stimme klang wehmütig und er schien mit den Gedanken weit weg zu sein. Eher als würde er mit sich selbst reden.
Doch dann drehte er sich zu mir und blickte mich direkt an.
"Du schuldest mir immer noch eine Antwort." Er schmunzelte. Für einen Moment war ich verwirrt, doch dann verstand ich.
"Ich bin Elaine. Elaine Gold." Nun endlich waren wir dazu gekommen. Ohne gestört zu werden.
"Ein schöner Name mit einer wundervollen Bedeutung", antwortete er. "Kennst du sie?"
Ich musste gestehen, dass ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht hatte, was wohl mein Name bedeuten könnte.
"Elaine bedeutet die Strahlende, Glänzende, das Licht. Das Licht von Sonnenstrahlen. Ich finde das passt wirklich sehr gut zu dir." Er lächelte. 'Flirtet er etwa mit dir?!', schoss es mir durch den Kopf und ich warf einen Blick hinter uns. Doch da stand niemand, der es hätte hören können. Es machte also keinen Sinn weiter zu spielen. Außer er spielte nicht...
"Dankeschön", war die einzige Antwort, die ich ihm geben konnte. Wie froh ich schon wieder war, dass es zu dunkel war, um erkennen zu können, wie mir die Verlegenheit als Hitze in die Wangen stieg.
Ich war überrascht was für eine tolle Bedeutung mein Name hatte. Mehr wunderte es mich aber, dass Aidan das wusste. Einfach so.
Er merkte, dass ich nicht mehr wusste, was ich noch sagen sollte und ergriff das nächste Wort:" dir muss doch kalt sein. Du zitterst ja." Mit diesen Worten verschwand er. Das gab mir die Möglichkeit einmal tief durch zu atmen. 'Alles gut Elaine. Sei einfach nur du selbst. Das ist nur ein Mann. Der will nichts von dir! Wieso sollte er auch? Er wird als Lehrer schon wissen was er tut.' Dann war er schon wieder bei mir und legte mir sanft eine Decke um die Schultern. "Besser?"
"Ja viel besser. Dankeschön." Ich brachte sogar ein nicht verkrampftes Lächeln zu stande.
Eine Weile standen wir so nebeneinander und beobachteten das Meer. Dann unterhielten wir uns über Kalifornien und wie wir es fanden hier zu sein anstatt in unseren Heimaten. Ich hatte gehofft herauszufinden aus welchem Land er stammte, doch ich traute mich nicht persönliche Fragen zu stellen. Ich versuchte nicht allzu viel Interesse an ihm zu zeigen, doch gefiel mir seine Ansicht über Amerika recht gut, die sich so ziemlich mit meiner deckte.

So gut wie alle um uns herum waren noch am Feiern, als ich beschloss nach Hause zu gehen. Es war fast Mitternacht und Morgen früh war bereits schon wieder eine Vorlesung. Bei Aidan. Ich wollte nicht, dass er ein schlechtes Bild von mir bekam, wenn ich genauso verantwortungslos wie die anderen war und die halbe, vielleicht auch ganze, Nacht durch feierte.
Außerdem war mir trotz Decke extrem kalt und ich freute mich auf die Ruhe daheim. Es kam nicht oft vor, dass ich abends alleine in der WG war, denn wenn Jen und Liam fehlten, dann meistens wegen einer Feier, auf die sie mich mit schleppten.
"Ich sollte mich dann so langsam mal auf den Weg machen. Ich muss schließlich Morgen früh aufstehen", teilte ich ihm meine Entscheidung mit.
"So wie ich und alle anderen hier eigentlich auch." Aidan lachte schon wieder. Ich mochte seine witzige und immer heitere Art, auch wenn hinter dem Satz so viel mehr steckte. Er wollte andeuten, dass sie alle normalerweise schlafen gehen sollten. Doch niemand vermochte es ihnen Vernunft zu lehren.
"Dann lass uns gehen. Ich werde dich noch nach Hause bringen", schlug Aidan vor. Oder besser gesagt entschied er einfach. Doch ich wollte das nicht.
"Das müssen Sie echt nicht. Es ist nicht weit bis zu mir. Ich bin den Weg schon oft alleine gegangen."
"Man weiß nie was für düstere Gestalten heutzutage des Nachts durch die Städte laufen. Und außerdem wäre es doch das Tüpfelchen auf dem I, wenn wir gemeinsam gehen. Das werden Victoria und Olive nicht so schnell vergessen." Die Argumente waren gut. Zu gut.

So war es nun entschieden und Aidan und ich liefen zu Jen und Cole, um uns zu verabschieden.
Sie war etwas traurig, dass ich schon gehen wollte, doch als sie bemerkte, dass wir zusammen gehen wollten, hielt uns keiner auf.
Mit dem Blicken von Olive und Vic im Nacken liefen wir durch den Sand hoch zur Straße.
Nun war ich wirklich ganz alleine mit ihm.

Ragnarök - Frühlingssonne✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt