Chapter Eighteen: Wenn wir zusammen sind

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Ich wollte gar nicht wissen, wie irgendwelche Außenstehenden diese Situation eingeschätzt hätten. Wahrscheinlich hätten sie mich alle als völlig bekloppt abgestempelt, dass ich mich doch zu diesem mindestens genauso bescheuerten Mann alleine, mitten in der Nacht in Auto gesetzt hatte. Aber ich musste mir eingestehen, dass ich keine Angst mehr vor ihm hatte. Der kleine Schock, dass er ein Dieb war, war weggespült worden, durch seine Erklärung. Sie klang so aufrichtig und erst gemeint, dass ich das Gefühl hatte ihn mittlerweile sehr gut zu kennen. Von welchem Lehrer konnte man schon behaupten so viel zu wissen?

Er hatte etwas an sich, was mich alles um mich herum vergessen ließ. So saß ich nun neben ihm in seinem Oldtimer und beobachtete ihn von der Seite. Seine grünen Augen waren auf die Straße vor uns gerichtet. Er wirkte ruhig, doch konnte ich die kleinen Fältchen auf seiner Stirn erkennen, die immer da waren, wenn er angespannt war. Seine schwarzen Haare glänzten im Licht der vorbeiziehenden Straßenlaternen. Für einen Moment konnte ich gar nicht anders, als ihn zu bewundern. Er sah so verdammt gut aus, dazu noch seine elegante, feine Art, die Gewandtheit seiner Worte. Die Schmetterlinge wurden immer stärker. War ich vollkommen von Sinnen? Ich versuchte mir immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, was er alles getan hatte. Doch es wirkte wie nichts, im Vergleich zu seinen Vorzügen. Ich hatte es satt mich von ihm fern zu halten. Das hatte ja auch nicht wirklich funktioniert. Und er war jetzt hier und bereit mir alle Fragen zu beantworten. Ich konnte endlich alles klären, was mich beschäftigte, ängstigte. Die Magie...

"Also die Götter gibt es wirklich? Ich meine das wollen Sie mir doch die ganze Zeit klar machen!", fragte ich gerade heraus.

Das erste Mal seit wir los gefahren waren, wendete er seinen Blick von der Straße ab und seine Augen trafen auf meine: "Ja. Die Götter existieren! Allesamt." Er machte eine kurze Pause und fügte dann etwas unsicher hinzu:" wenn es dir nichts ausmacht... Mich würde es freuen, wenn du mich duzen würdest. Wenn wir schon unsere tiefsten Gedanken teilen." Er lachte kurz auf, wurde aber gleich wieder ernst.

Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Für eine Sekunde hatte ich die Wahrheit seiner Antwort vergessen. Doch schnell konzentrierte ich mich wieder auf das Wesentliche.

Natürlich hatte ich gewusst wie seine Antwort ausfallen würde. Doch die Worte aus seinem Mund zu hören, generell von irgendjemanden zu hören, ließ einen kalten Schauer meinen Rücken hinunterwandern. Doch ich zweifelte keine Sekunde mehr an der Wahrheit seiner Aussage. Ich konnte es mir selbst nicht erklären, was mich dazu brachte, doch ich hatte das Gefühl, dass da so viel mehr war in dieser Welt. Ich war immer viel zu sehr auf das Wissen der Menschen beschränkt gewesen, dass ich nie auch nur eine andere Wahrheit über die Welt in Betracht gezogen hatte. Aidans Darstellungen waren so realistisch gewesen, ich wusste, dass er selbst von ganzen Herzen an diese Sache glaubte und so war auch ich bereit.

"Gut und diese Schatulle... dieser Mimir..., was genau hat es damit auf sich?", fragte ich weiter.

Er lächelte. Er schien sich zu freuen, dass ich nicht mit irgendwelchen Gegenargumenten ankam, sondern einfach mehr wissen wollte.

"Mimir ist ein Wesen, welches eine der Quellen an den Wurzeln des Yggdrasil bewacht. Er wird aufs Höchste geschätzt von den Asen, sind seine Weisheit, sein Wissen und seine Weissagungen doch legendär in allen Neun Welten. Er erschuf diese Schatulle, um andere sehen zu lassen. Unsere Erinnerungen, das Wissen aller im ganzen Universum. So können wir unsere Erfahrungen austauschen. Nicht nur mündlich, auch visuell und Generationen können sehen was einst war ohne anwesend gewesen zu sein."

Das brachte mich einen Schritt näher an die Frage, die mir auf der Zunge brannte:" Was war dann das, was du uns gezeigt hast? Du warst ja wohl kaum anwesend, als die Welt entstanden ist." Diesmal war ich diejenige, die lachte, auch wenn ich nur meine Verunsicherung und Anspannung zu überspielen versuchte. Die Vorstellung mit einem Gott in einem Auto zu sitzen war....eine Nummer zu groß für meinen Verstand. Doch schnell nahm er mit diese Befürchtung.

Aidan stieg in mein Lachen mit ein. "Fragst du mich gerade, ob ich ein Gott bin? Keine Sorge, wäre schon cool, aber diese bedeutenden Geschehnisse sind einfach nur in der Schatulle gespeichert. Mehr ist da nicht."

Gott sei Dank. Eine Wahrheit, dass Götter existierten reichte für heute schon völlig aus. Das würde eine Weile dauern es zu verarbeiten. Es beeinflusste einfach alles. Alles, was ich glaubte zu wissen. Mein Leben lang.

"Wie kamst du zu der nordischen Mythologie? Woher wusstest du, dass sie existieren? Wenn deine Familie, wie du sagtest dafür nicht viel übrig hat."

"In der Gegend, aus der ich stamme ist der Alltag voll von den nordischen Göttern. Die Menschen glauben zwar nicht mehr an sie, sind aber fester Bestandteil ihres Lebens. Dort gibt es viel mehr Museen als hier. Ich war schon immer ein Kind, was sich mehr für Geschichte interessierte, als für Autos, Fußball oder Spielkonsolen. Eines Tages lernte ich einen alten Mann kennen, der genauso wie ich seine Freizeit in einem der Museen verbrachte. Er besaß zwei Raben, die ich immer füttern durfte, während er mir Unmengen an Sagen und Mythen erzählte, das meiste Wissen habe ich von ihm. Als kleines Kind ist es leicht daran zu glauben. Als ich älter wurde zweifelte ich an der Wahrheit seiner Worte und dem Bild der Asen, welches ich im Kopf hatte. Doch dann erinnerte ich mich an die Geschichten und die kleinen Hinweise, die nur ein Erwachsener verstehen konnte und ich wusste ohne sichtlichen Beweis, dass ich all die Zeit mit Odin gesprochen hatte. Die Raben waren Hugin und Munin, der Denkende und der Erinnernde. Sie fliegen um die Welt und erzählen dem Allvater alles was sie auf ihren Reisen gesehen und gehört haben. Seitdem habe ich ihn nicht mehr getroffen. Die Götter haben sich verändert, doch meinen Glauben werde ich nie verlieren."

Hatte ich vorhin Gänsehaut, so kribbelte jetzt man ganzer Körper, was mich fast wahnsinnig machte. Ich konnte das Gefühl, was ich empfand nicht beschreiben, es war vollkommen neu.

Ich hatte plötzlich noch tausende andere Fragen, doch da hielt Aidan auch schon an: "wir sind da."

Er machte eine Pause und kramte in seiner Jackentasche herum. Schließlich lehnte er sich zu mir herüber und hielt mir eine Visitenkarte entgegen:" für den Fall, dass du noch Fragen haben solltest. Ich bin für dich immer erreichbar." Er lächelte. Oh Gott dieses Lächeln. Ich konnte mich schon wieder nicht bewegen. Er hielt mich alleine mit seinen wunderschönen Augen gefangen. Und er kam immer näher. Sein Blick wanderte hinunter zu meinen Lippen. "So etwas habe ich noch nie gemacht", flüsterte er und dann küsste er mich. Einfach so. Seine Haut war so warm und samtig. Die Schmetterlinge in meinem Bauch sprangen auf einem Trampolin samt Salto. Ich vergaß alle meine guten Vorsätze, die bis jetzt noch bestanden haben. 'Scheiß drauf Elaine. Ein Mal in deinem Leben nimm dir das, was du willst.' Und ich vergrub meine rechte Hand in seinen Haaren und zog ihn noch näher an mich heran. Meine Augen schlossen sich um jede Sekunde dieses wunderschönen Momentes genießen zu können. Wenn wir zusammen waren, war alles andere vollkommen egal. Seine warmen Finger fuhren langsam meinen Nacken entlang...

"Ach du heilige Scheiße", vernahm ich plötzlich eine Stimme hinter mir und die Magie des Momentes platzte wie ein Luftballon. Aidan schreckte ebenfalls zurück und stieß sich fast den Kopf am Autodach. Ich kniff die Augen zusammen und biss mir auf die Unterlippe. Diese Stimme konnte nur einer einzigen Person gehören. Jennifer. Sie stand mit sperrangelweit geöffnetem Mund zwei Meter von Aidans Auto entfernt und starrte uns direkt an.

Ich nahm meine Vorsätze weniger zu Fluchen zurück:" verdammt", flüsterte ich und blickte Aidan entschuldigend an. Er schien etwas überfordert mit der Situation zu sein. Er blickte zwischen ihr und mir hin und her.

Eilig schnappte ich mir meine Tasche aus dem Fußraum und machte Anstalten auszusteigen. Aidan berührte mich an der Schulter und flüsterte: "ich bereue es nicht, es macht für mich keinen Unterschied ob sie oder alle oder niemand es weiß. Du bist etwas besonderes Elaine, das wusste ich ab der ersten Minute und ich hoffe wir sehen uns ganz bald wieder."

Ich brachte nur ein Nicken zu Stande und stieg aus. Aidan warf mir noch einmal einen Blick zu, dann fuhr er davon.

Als er um die nächste Ecke verschwunden war, lief ich einfach an Jen vorbei auf unsere Haustür zu. Ich hörte sie hinter mir herrennen: "du kleines Luder. Ich will jedes Detail wissen."

Hiii,
Jaaa endlich. Ich hab mich so gefreut das zu schreiben. Ab jetzt wird's spannend, das verspreche ich euch.

Heute ist der 1. Dezember. Das heißt mein Kalendertürchen Nummer 1 ist draußen. Würde mich freuen wenn ihr vorbei schaut 💚💚

LG eure Cristina

Ragnarök - Frühlingssonne✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt