Nachdem Vahidin sich in den bereitgestellten Topf neben seiner Liege übegeben hatte stand er auf und zog sich die bereitgestellten Kleider an. Im Gegensatz zu seinen abgenutztem Leinenhemd und der alten Hose, die ihm viel zu lang war, waren diese aus einem viel weicheren, aber umso robusteren Stoff gefertigt. Fertig angezogen trat er aus dem Zelt und nahm einen tiefen Zug Waldluft und räkelte sich in der warmen Mittagssonne. Als er sich so umsah viel im sofort auf, das er sich nicht mehr in der Nähe von Zuhause befand.
Diese Gegend war ihm vollkommen fremd, nicht einmal in Erichs abendlichen Erzählungen hatte er von dieser Gegend erfahren. Als er anfing das Lager zu erkunden stolperte Vahidin gegen einen älteren Ritter, vermutlich Mitte fünfzig, dessen Haar bereits stark ergraut war. "Verdammt Mann, pass doch auf wo du...", wollte ihn dieser anpauken, hakte jedoch mitten im Satz ab. "Sag, bist du vielleicht einer der Söhne eines meiner Ritter? Ich bin der Meinung dein Gesicht schonmal gesehen zu haben." Vahidin wurde im Anbetracht dieses peinlichen Ereignisses rot und verbeugte sich vor dem Großmeister der Ritter. "Mein Name ist Vahidin. Ritter Rolf hat mich während eines Überfalls durch Räuber in meinem Heimatdorf gerettet und mitgenommen."
Da ging dem Großmeister ein Licht auf: "Ach, dann bist du wohl endlich aufgewacht. Gute Leistung, du hattest deinen Henker genau durch den Rücken ins Herz gestochen. Sauberer Schnitt. Ich bin übrigens Großmeister Cyril da Ignia, Großmeister des Silberordens. Ich habe zwei Nachrichten für dich. Ob sie gut sind wirst du wohl selbst entscheiden müssen." Cyril zog grinsend einen Brief aus seinem Wams und öffnete ihn, um ihn Vahidin vorzulesen:Sehr geehrter Großmeister Cyril,
Hiermit bitte ich sie um die Erlaubnis zur Adoption des Waisen Vahidin. Durch diese Adoption soll ihm die Ausbildung zum Ritter unseres Ordens ermöglicht werden. Selbstverständlich komme ich, wie im Standesrecht festgeschrieben für jegliche Kosten, welche durch Vahidin aufkommen, auf. Im Falle einer Zustimmung zur Adoption bitte ich darum meinem Ziehsohn ein eigenes Zelt aufbauen zu lassen und bei unserem Waffenlager nach passender Ausrüstung zu suchen. Die zu zahlenden Summen finden sie in meiner Kleiderkiste. Ich werde die nötigen Papiere in zwei Wochen aus der Hauptstadt mitbringen.
Gesegnet sei Ignia!
Rolf da Lorzam
Vahidin musste schlucken. Er wurde vom Erben des Königs von Lorzam adoptiert und stand einer Ausbildung zum Ritter des Silberordens entgegen. Er konnte sein Glück kaum fassen. "Stimmst du einer Adoption zu Vahidin?", fragte ihn Cyril nachdrücklich.
Vahidin gluckste vor Glück: "Verdammt, ja!"
Cyril lächelte ihm verständnisvoll zu und erwiderte:" So sei es. Von nun an darfst du dich Vahidin da Lorzam nennen. Dir werden alle Rechte eines legitimen Erben des Geschlechts der Lorzam zugeschrieben und ab heute darfst du dich Knappe des Silberordens nennen.
Willkommen im Orden, Knappe!"Etwa eine Stunde später saß Vahidin auf einem Hocker in seinem eigenen Feldzelt und ließ sich vom Lagermeister Martin Maße abmessen, um eine passende Rüstung zu finden. "Nun, ich fürchte eine passende Rüstung zu finden ist momentan nicht möglich, ich werde der Kommtur der Klingenführung Bescheid geben, dass ihr in den Kurs für leicht- und mittelschwere Rüstung eingeteilt werdet. Reiten sollte im Kettenhemd kein Problem bilden, ihr werdet allerdings auf das Lanzenstechen verzichten müssen", gab Martin nach längerem Nachdenken und Stirnrunzeln von sich.
"Ich sehe aber noch Hoffnung für euch, breiter kann man immer werden und nach oben ist auch noch jede Menge Luft", fügte er mit einem Lachen hinzu und klopfte Vahidin auf die Schulter.
Dieser war von den Ergebnissen garnicht begeistert. Das er schlank und nicht der Größte ist wusste er, dass es aber zu wenig sein würde, um eine Panzerrüstung zu tragen hätte er nicht erwartet. Aber Martins Worte gaben ihm Mut und ein neues Ziel. Vahidin fragte:"Wen würdest du mir empfehlen, um möglichst schnell stärker zu werden?"
Martin war über diese Frage nicht gerade überrascht. Nach längerem Nachdenken meinte er:"Nun, da kann ich, wenn es dir denn ernst ist, Falk empfehlen, er ist die Kommtur an die sich die Meisten anfangs melden. Sein Programm ist zwar hart, aber sehr effektiv. Rechne mit mehreren Monaten schwerster körperlicher Belastung." Vahidin war davon überzeugt das er es schaffen könnte, wenn er sich genug anstrengte. "Wo kann ich ihn finden?", fragte er Martin. Martin sagte:"Momentan begleitet er einen jungen Ritter auf eine Reise zu den Kalifaten, sie dürften aber bald wiederkommen. Wir werden übrigens in drei Tagen das Lager wieder abbrechen und nach Burg Lorzam reisen."
Das hielt Vahidin erstmal davon ab, weitere Fragen zu stellen. Er war sich sicher das die Reise dorthin sehr anstrengend sein würde und hoffte darauf bald das Reiten lernen zu dürfen.
Nach dem Abendessen legte sich Vahidin zur Ruhe und ging alles, was er erlebt hatte, nochmal im Kopf durch. Da traf ihn auf einmal ein fieses Stechen im Kopf. Erst tat er es als Reaktion seiner Kopfwunde auf eine falsche Bewegung ab, aber dieses Stechen wiederholte sich mehrmals und wurde immer stärker. Als er aufstehen und zum Feldscher gehen wollte traf es ihn wie ein Schlag. Durch die Zeltreihen huschten die Vermummten. "Alarm, Räuber im Lager!", schrie Vahidin und stürzte sich mit dem Schwert auf einen der ungewollten Gäste. Bereits kurz darauf kamen die Ritter aus ihren Zelten gesprungen und hieben alle Angreifer nach kurzen Gefechten nieder. Einer der Ritter zog einem Vermummten die Armschienen ab und entdeckte ein Brandmal, in Form einer Sense. "Es waren Blutkrähen", vermeldete er Cyril, welcher bei einem anderen Vermummten gerade die Arme überprüfte. "Aber warum wagen sich die Lakaien des ehemaligen Imperators so weit von Alt- Xitar fort?" Nun schalltete sich ein anderer Ritter ein: "Wenn sie bis hierher gekommen sind, wird es ihnen jemand befohlen haben!"
Unter den Rittern brach allgemeine Panik aus. Der Imperator galt seid über zehn Jahren als Tod, eine Wiederbelebung ist für die Nekromantie durch mehrere von dem ersten Fürsten gewirkte Zauber unmöglich. "Wir müssen es allen Reichen sagen!", brach es nun aus Vahidin raus.
"Wäre es nicht der Imperator", meinte Cyril,"hättest du wohl Recht. Aber er ist es und er ist verdammt gefährlich. Wir können durch unser handeln keine Massenpanik verantworten, es wäre zu gefährlich."
Er blickte in die Runde befahl:"Es wird alles verstaut und für die Reise vorbereitet!"
Etwas leiser fügte er hinzu:
"Wir müssen es Sextus sagen."
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Ignius Band 1- Ritter und Dämonen
FantasiaIgnius Band 1- Ritter und Dämonen / Auf dem Kontinent Ignius lebt der kleine Bauernjunge Vahidin, welcher sich einer harten Zukunft entgegensieht. Sein Heimatdorf wurde nach einem Angriff der Blutdämonen, den Lakaien des Imperators von Xitar zerstör...