Vahidin stand unter Schock. Ja, unter Schock, das beschrieb es am Besten. Für ihn ergab plötzlich nichts mehr Sinn. Er konnte und wollte das, was er gerade gehört hatte nicht verstehen. Er musste sich erstmal unter Kontrolle bringen und wandte sich von Cyril ab.
"Er kann nicht mein Vater sein."
"Octavian, verflucht er ist dein Vater!"
"Aber warum", Vahidin drehte sich wieder ihm zu,"sollte ich dann wohl in Blaubach aufgewachsen sein und nicht beim ersten Fürsten?"
Cyril verstand Vahidins Wut und versuchte sie zu mildern.
"Es ist eine lange Geschichte, die dir Sextus mit Sicherheit besser schildern kann als ich. Er weiß es auch. Du wirst morgen mit Rolf von hier abreisen und bei ihm in die Lehre gehen. Er ist der beste Lehrer den ich dir mitgeben kann. Ihm und Septimus kommt kaum einer gleich. Nicht einmal der Imperator höchstselbst!"
Jetzt war er baff. Das Rolf ein guter Lehrer sein dürfte wusste Vahidin, aber dass er so gut ist, hätte er nie erwartet. "Nun, es ist so schwierig", gestand Vahidin sich ein,"es gibt so viele Fragen, welche ich gerne beantwortet bekäme, aber ich weiß garnicht wo ich anfangen sollte."
"Frage Rolf, er ist Septimus Cousin und hat eine Menge mit ihm durchgemacht. Aber dafür wirst du genug Zeit auf deiner Reise haben."
Etwa eine Stunde später sollte Vahidin sein Pferd satteln und trug eine Prunkrüstung und einen Wappenrock in rot-blau, welche seine Abstammung vom Haus Gaius bekanntgeben sollte.
Als er zusammen mit Rolf aus der Burg ritt schienen alle Soldaten der Burg ihnen die Ehre mit einem Salut erweisen zu wollen. Es war ein großartiges Gefühl, so verehrt zu werden, wie Vahidin empfand. Als sie aus der Stadt ausgeritten sind fragte Vahidin Rolf:
"Wie ist Septimus eigentlich gestorben."
Rolf hatte zwar mit dieser Frage gerechnet, sie nahm ihn aber trotzdem sehr mit.
"Dein Vater ist bei der Schlacht um die Burg, die du gerade verlassen hast umgekommen. Es war das erste Mal, dass sich der Imperator uns zeigte. Er hätte ihn fast besiegt, wir hatten aber seine Kraft unterschätzt."
Vahidin musste schlucken.
"Aber Sextus hat es doch geschafft oder?", fragte er mit einem Kloß im Hals.
Rolf wurde nachdenklich, meinte dann aber: "So genau weiß das selbst Sextus nicht. In vor der Schlacht um die Mauer von Ignia hatte er Ecxidius dazu angerufen ihm die mächtigste aller Magien, die Kristallmagie, zu schenken. Am Anfang der Schlacht konnte Sextus diese anwenden und kurz darauf lag nurnoch eine verbrannte Gestalt am Boden, die Lords hatte es aber wenig geschert. Nach allem was wir gesehen hatten muss es der Imperator gewesen sein."
Eine Weile ritten sie beide nebeneinander her und schwiegen.
"Was soll ich jetzt tun?"
"Also zu aller erst werden wir nach Ignia reisen, der Hauptstadt des Ignia Imperia. Dort wist du unter mir deine Ausbildung beenden. Die Adoption wird aufgehoben, da du der Sohn eines Adligen bist und den Rest kann dir Gaius erklären, Octavian."
Diesen Namen ließ sich Rolf regelrecht auf der Zunge zergehen, wie eine zarte Lammkeule zum Mitwinterfest.
"Warum um alles in der Welt nennst du mich jetzt auch Octavian?"
Rolf wurde vollkommen ernst und sprach: "Egal wie du vorher hießt, als Sohn des Septimus lautet dein Name Octavian. So ist es uralte Tradition deiner Familie, deiner wahren Familie!" Vahidin schüttelte den Kopf: "Eine Familie, die ich kaum kenne, ist für mich keine Familie. Meine Familie starb in Blaubach."
Nun musste Rolf sich zusammenreißen um Vahidin nicht anzubrüllen: "Ja richtig die Familie, in der du aufwuchst, gibt es nicht mehr! Es gibt auch keinen Vahidin da Lorzam mehr! Es gibt aber Octavian da Ignia, den Prinzen des Ignia Imperia und der bist DU!"
Dies brüllte er so laut, das selbst die Kühe auf den Weiden und die Bauern des Umlandes alle ganz still die Fremden beobachteten. Kurz darauf fielen sie alle auf die Knie und beteten für Octavian da Ignia, nicht Vahidin oder Vahidin da Lorzam.
Nun verstand Vahidin endlich was Rolf meinte und saß schweigend auf dem Sattel. Es ging nicht einfach um irgendwelche Namen oder Titel. Es ging nicht um seinen Vater. Es ging um das Ganze, seine Pflicht, die Zukunft von ganz Ignius, verdammt nochmal alles! Und das alles würde bald auf ihm lasten.In der Hauptstadt Ignia saß Sextus in seinem Arbeitszimmer und betrachtete die Berichte seiner Legionen über den Bürgerkrieg in den beiden südlichen Fürstentümern Kralar und Antamos. Die Truppenmoral ließ zu wünschen übrig und es war bald mit einer starken Gegenoffensive zu rechnen. Sextus nahm das Papier in die Hand und warf es in die Flammen seines Kamins.
Hoffentlich ist Octavian bald da, dachte er sich insgeheim.
Er wurde langsam zu alt zum Regieren. Kein Wunder, denn mit seinen nun bald neunzig Jahren konnte er sich kaum noch auf dem Thron halten.
Selbst die loyalsten seiner Fürsten zweifelten bereits an Sextus Gelobnissen, Octavian würde bald nach Ignia kommen. Voller Verzweiflung saß er nun auf seinem Ohrensessel und begutachtete die Karte von Ignius, welche an seiner Wand hing.
Ganz beiläufig fiel sein Blick auf den Westen, wo Neu- und Alt Xitar lagen. "Wieso tust du mir bloß so etwas an?", fragte Sextus in Richtung der Karte, sein Blick fiel nun auf die Weinflaschen im Regal rechts von ihm.
Schnell stand er auf, sein Alter außer Acht lassend und nahm sich zwei Flaschen andranovischen Weins. Bereits eine Stunde später schlief er in seinem Ohrensessel ein, in der Linken noch die zweite leere Flasche haltend.
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Ignius Band 1- Ritter und Dämonen
FantasíaIgnius Band 1- Ritter und Dämonen / Auf dem Kontinent Ignius lebt der kleine Bauernjunge Vahidin, welcher sich einer harten Zukunft entgegensieht. Sein Heimatdorf wurde nach einem Angriff der Blutdämonen, den Lakaien des Imperators von Xitar zerstör...