Kapitel 6

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Etwas später als sonst, die Sonne war bereits untergegangen, erreichten Octavian und Rolf eine Raststätte. Sie sah nicht gerade sauber aus, allerdings war die Einrichtung und das Essen doch zu ihrer Zufriedenheit. Als sie noch für eine Stunde so da saßen und wieder das Frage- Antwort Spiel der letzten Tage spielten fing doch tatsächlich jemand an auf einer Harfe und einer Flöte Musik aufzuspielen. Entgegen Octavians Erwartungen war es allerdings kein einfacher Barde, sondern eine Gruppe von Musikern, die sich mit ihrem Handwerk doch recht gut auskannten.
Sie waren allerdings nicht allein.
In ihrer Begleitung war eine junge Frau, die sich an den Tresen setzte und allein ein Bier trank.
Timänris!, durchschoß es Octavians Gedanken und er sprang auf um seine geliebte Freundin in die Arme zu schließen. Entgegen seiner Erwartungen machte sie jedoch keine Anstalten aufzustehen.
"Warum hast du mir nicht gesagt wer du bist?", fragte Timänris heiser und unter Tränen.
"Ich wusste es doch selber nicht", versicherte Octavian ihr.
"Hätte ich es gewusst, hättest du es gewusst wären wir wohl nie zusammengekommen. Du willst mir doch nicht sagen, dass du dir das wünschst?"
Timänris schaute ihm tief in die Augen, eine Träne rollte ihr über die Wange.
"Nein, es wäre dann niemals zu unserer Beziehung gekommen. Vahidin..."
Nun musste Octavian sie unterbrechen.
"Ich weiß es ist schwer, aber ich bin nicht mehr der kleine Vahidin. Ich bin Prinz des Ignia Imperia, so schwer es dir auch fällt. Aber Timänris, ich wollte dich ganz bestimmt nicht zurücklassen. Es ging alles so schnell." Nun musste Timänris lachen.
"Ja es ging wirklich alles sehr schnell. Octavian da Ignia, du veränderst dich. Ob zum Guten oder Schlechten weiß ich nicht. Aber es macht mir Angst."
"Du weißt genau", er strich ihr zart über die Wange,"das es nichts zwischen uns ändern wird."
Er kam näher an ihr Ohr und flüsterte ihr zu: "Wir gehören zusammen."
Ein Schauer durchfuhr Timänris bei diesen Worten, sie wühlten alle Gefühle für Octavian, die sie die gesamte Zeit unterdrückt hatte, wieder auf. Sie begann zu weinen. Aber die Pflicht ließ es nicht zu.
"Ich bin die Tochter des Imperators", flüsterte sie ihm zu, noch bevor Octavian überhaupt verstand was vor sich ging. Diese Worte schlugen ein und zerstörten Träume.
"Der Mann, der die Blutdämonen befehligt ist mein Bruder."
Octavian löste sich von Timänris. Er schaute ihr zutiefst erschrocken in die Augen, er öffnete den Mund, es kam kein Laut heraus.
Doch er entsann sich wieder, wer da vor ihm saß, die Frau die er liebte. Er schloss sie in den Arm und so saßen sie da zusammen.
Rolf schaute die beiden ungerührt von diesem Schauspiel an, er hatte jedes einzelne Wort mitgehört. Seine Fähigkeiten im Umgang mit Blutmagie haben sich nicht im geringsten verschlechtert.
"Das muss der Imperator erfahren", murmelte er und rief eine der Mägde, das sie ihm sein Zimmer zeigen sollte.
Und bitte auch ihr Blut.

Nachdem sie die junge Magd, vergewaltigt und vollständig ausgeblutet, im Hinterhof fanden entschieden sie, die Reise über vorsichtig zu sein.
Die Frau wurde nähmlich ganz klar nach Art der Blutkrähen, eine Eliteeinheit der Blutdämonen, benannt nach dem gleichnamigen Aasvogel, ermordet.
Timänris und Octavian hatten ganz klar sich eine Menge zu erzählen, die Abende verbrachten Rolf und Octavian mit dem Schwertkampf. Nachdem sie sich beide, vom Schwertkampf ausgelaugt, etwas vom vorbereiteten Essen nahmen ging es auch meist gleich schlafen.
So gestaltete sich ihre gesamte Reise bis nach Ignia Imperia, der gleichnamigen Hauptstadt des Ignia Imperia.
Die Stadt ließ sich allerdings nicht wirklich Stadt nennen. Es ähnelte mehr einem vollständig besiedelten und gepflasterten Land, ein Staat im Staat sozusagen.
Die Stadtteile wurden in Mauerzirkeln aufgebaut, die sich immer höher schichteten. In der Mitte stand der Palast des ersten Fürsten.
Er bestand aus vier kleineren Türmen, welche hauptsächlich staatliche Einrichtungen beinhalteten und einem großen Turm. In der Mitte stand die Zitadelle des ersten Fürsten. Die Gebäude waren aus härtestem Marmor gebaut, die Außenwände makellos verputzt.
Sie alle waren meisterhaft verglast und durch Brücken miteinander verbunden.
Etwa zwei Stunden später, es war gegen Mittag, kamen sie am ersten Tor vorbei. In den Straßen der Stadt herrschte geschäftiges Treibe, jeder ging seinen Tätigkeiten nach.
Es dauerte wieder eine ganze Weile, bis sie vor den Toren des Palastbezirks standen. Eine Wache, in den Farben des Hauses Gaius gekleidet, versperrte ihnen den Weg. "Name und Titel bitte!", brüllte er in ihre Richtung, um den Lärm der Straßen zu übertönen.
Rolf räusperte sich und rief zurück:
"Rolf da Lorzam, in Begleitung meines Gefolges!"
Die Wache musterte Octavian und trat ihm in den Weg, nachdem Timänris und Rolf vorbeigeritten sind. Er musterte ihn von oben und sprach toternst:
"Es ist eine Anmaßung, als Nicht- Gardist oder Nicht- Mitglied der fürstlichen Familie, sich in den Farben des Hauses Gaius zu präsentieren! Wie kommt ihr dazu?" Octavian blickte zu Rolf, dieser bedeutete mit einem Kopfnicken, sein Geheimnis preiszugeben. Octavian holte tief Luft und fasste den Mut um es auszusprechen:
"Ich bin Octavian da Ignia, Sohn des Septimus da Ignia. Ich bin, auf Geheiß des ersten Fürsten, in Begleitung des Prinzen von Lorzam, Rolf da Lorzam hierher gekommen. Reicht es dir als Erklärung, Soldat?"
Die Wache machte erst ein verdutztes Gesicht im Anbetracht dieser Unverschämtheit, als sie jedoch anfing zu lachen und sich in Rolfs Richtung drehte, bemerkte sie erst deren ernste Gesichter.
Sie drehte sich wieder zu Octavian um, blickte ihm in die Augen und verstand. Fluchend kniete er sich hin, diese Szene blieb allerdings nicht von der Straße außer Acht gelassen.
Es herrschte Totenstille, als sich hunderte Bürger der Stadt niederknieten um dem Prinzen des Reiches zu huldigen. Sich nur schwer von dieser Szene losreißen könnend drehte sich Octavian vom Volk weg und ritt durch den Torbogen hindurch, dessen Tore sich langsam und schwer schlossen.
Im Palast angekommen wurden sie von Livrierten in einen kleinen Saal der Zitadelle gelotst, wo Sextus sie empfangen sollte. Dort angekommen blieb ihnen noch etwas Zeit um sich zu umzuschauen.
"Der wirkt auffallend groß, für einen 'kleinen Saal' ", bemerkte Rolf, der hoch an die Decke starrte.
"Ihr seid auch eine nicht gerade unauffällige Gruppe von Individuen."
Alle drehten sich in Richtung des Eingangs.
Vor ihnen stand Gaius Sextus.

Ignius Band 1- Ritter und DämonenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt