Mein Blut zirkulierte nicht mehr in meinem Körper, mein Herz stand still und mein Atem ging schnell und ruckartig. Die gesamte Umgebung war wie versteinert, kein Windhauch, kein Vogel der seinen Gesang von sich gab, kein Baum der sich bewegte. Ich starrte die Gestalt an und sie mich. Zu einem Teil war ich fasziniert und zu einem anderen Teil verspürte ich Panik in mir und den Willen so schnell ich nur konnte zu rennen, doch ich konnte nicht, meine Füße waren wie durch unsichtbare Wurzeln mit dem Boden verwachsen und meine Glieder waren schwer und fühlten sich betonartig an. Ich wusste, dass die Gestalt im Stande war mich in Sekundenschnelle umzubringen ohne, dass ich nur das Geringste dagegen unternehmen konnte, aber ich war wie geblendet von ihr. Majestätisch, mächtig und einschüchternd stand sie da und machte nichts anderes als mich anzustarren, die Zeit stand still und doch fühlte es sich so an, als würde Stunde um Stunde vorbei streichen.
Nach gefühlten Jahrhunderten entschloss ich mich mehr Mut zu fassen und einfach nur zu hoffen, dass es mit mir redete.
"Hallo? Wer bist du?" Fragte ich mit hörbar geknickter und panischer Stimme, aber ich versuchte meinen ängstlichen Ton durch eine aufrechte Statur und einen steinernen Blick wett zu machen.
Sobald ich die Worte aus meinem Mund laufen hatte lassen, vernahm ich wieder das seltsame knackende Geräusch von dem ich nicht wusste woher es herkam oder was es war. Ich versuchte ruhig zu bleiben, meine Gedanken zu sammeln und all meinen Mut zusammen zu nehmen, doch das gelang mir nur sehr schwer. Ich schaute in die silbernen Augen, die so stechend glitzerten, dass man sie für Sterne halten konnte. Immer noch gleich stand sie da und regte sich nicht, ihre Haut war bedeckt von einem schwarzen Mantel einem schwarzem Hemd der schwarzer Hose und ebenso von schwarzen Schuhen, die Hände der Gestalt bewegte sich Finger für Finger in wellenartigen Bewegungen, sie waren lang und dünn, aber dennoch sehr stolz und königlich. Ich wusste nicht ob ich es richtig sah, aber die Fingernägel schienen sehr lang und sehr spitz zu sein, was mich wieder an meinen Traum erinnerte, wie sie sich mit einem brennenden Schmerz in meine Halsschlagader bohrten. die Haut war schneeweiß und übersät von schwarzen Adern die sich quer über den gesamten Körper zogen bis hoch zur Schläfe. Sie hatte dunkle Haare die perfekt gemacht waren und dann eben noch die silbernen Augen, die einen in eine Art Trance versetzen.
Plötzlich fing mein Bein und ebenso auch mein Hals wieder heftig an zu schmerzen und ich krümmte mich und wimmerte während ich mein Bein hielt und meinen Hals abtastete ob er blutete, aber wie ich mir schon gedacht hatte war kein Blut vorzufinden. Nach ein paar Augenblicken rappelte ich mich wieder langsam auf nachdem der Schmerz wieder nachgelassen hatte und richtete meinen Blick sofort wieder auf die Gestalt, doch die Gestalt war verschwunden. Schnell und panisch drehte ich mich im Kreis und versuchte so gründlich wie ich konnte die Umgebung abzusuchen. Ich wusste, dass die Gestalt noch da war, ich wusste, dass sie mich beobachtet und jedes Mal wenn ich mich umdrehte spürte ich ihren Blick in meinem Nacken. Es schien als wäre die Gestalt immer da wo ich nicht hinschaute und ließ sich nur dann beobachten, wenn nur sie es wollte. Ich wusste, dass es Morris war, ich war mir sicher, ich erkannte ihn, auch wenn die Gestalt sehr verstümmelt aussah erkannte ich ihn, ich wusste dass es er war, wer sollte es sonst sein? Wer, wenn nicht er, versteckte sich hinter der Gestalt? Und wenn es niemand war, war es nur eine große Illusion? ein Gedankenspiel? Eine meiner Geschichten die so lebensecht war, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte?
"Komm raus und zeig dich! Ich weis, dass du es bist Morris! Ich weis dass du mich beobachtest! Komm raus und zeig dich!" Erschöpft, aber dennoch wutentbrannt schrie ich in die Wälder, drehte mich hektisch im Kreis und fuchtelte mit meinen Händen in der Luft herum, als würde ich gerade einem Flieger die Landeerlaubnis erteilen.
Ich gab schon fast auf, als sie plötzlich wieder da stand, wieder mit der selben Miene wie zuvor und mit der selben Haltung an der selben Stelle. Diesmal versuchte ich ein bisschen offensiver vorzugehen und ging langsam ein Schritt auf sie zu.
"Morris?" Egal ob ich wollte oder nicht, meine Stimme klang ängstlich und kindisch. Aber mein Körper fing an stärker zu werden und ich setzte einen weiteren Schritt der sich sicher und standfest anfühlte auf die Gestalt zu.
Es dauerte keine Sekunde, da war die Gestalt wieder verschwunden, aber diesmal wusste ich wo sie war, ich spürte ihren kalten Atem in meinem Nacken und es lief mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich wagte es nicht mich umzudrehen, geschweige denn sie anzuschauen oder mich zu bewegen. Ich spürte wie ihr rechter Zeigefinger über meinen Rücken strich und ihr Fingernagel eine leichte Kratzspur auf meinem Schulterblatt hinterließ. Dann spürte ich, wie sie sich weiter zu mir hinunter lehnte und ihr Mund direkt an meinem Ohr war.
"Warum suchst du mich?" Die dunkele und tote Stimme der Gestalt schallte durch meinen Kopf und auf der Stelle wurde mein Körper schockgefroren.
"M M Morris?" Mittlerweile war es mir egal wie meine Stimme klang, ich hatte Angst, panische Angst und es war mir egal ob sie es bemerkte. Meine Beine zitterten und mein Atem hatte schon lange aufgehört zu fließen.
"Hast du Angst?" Die Stimme hatte sich verändert und diese Stimme kannte ich, sie war warm und freundlich, aber dennoch stolz und einschüchternd. Schnell drehte ich mich um und sah in Morris sein Gesicht. Es sah warm und freundlich aus, seine Augen musterten mich und sein Mund war zu einem ganz leichten Lächeln verzogen.
Es klatschte und meine Hand brannte, sein Gesicht war schräg nach rechts gebogen und seine Backe färbte sich rot.
Wieder klatschte es und meine Hand tat noch mehr weh und auch seine Backe färbte sich noch röter.
Er lachte nur und schaute mich unbeeindruckt an.
Ich holte zu einem dritten Schlag aus, doch ehe ich sein Gesicht erreichen konnte packte er meine Hand, drehte sie um und mit ihr schleuderte er meinen gesamten Körper wie einen Ball einmal um 360 Grad durch die Luft und stellte mich dann wieder ganz sanft auf den Boden ab. Wieder grinste er und schaute mich nett und belustigt an.
Ich hatte so Lust ihm die Fresse zu polieren, aber aus irgendeinem Grund musste ich auch grinsen, auch wenn mir das was passiert war gründlich gegen den Strich ging. Dann musste ich wieder an die Gestalt denken und meine Miene verdunkelte sich sofort wieder und ich bekam erneut einen leichten Anflug von Angst.
"Du solltest jetzt nach Hause gehen!" Sagte Morris mit beruhigender, aber dennoch strenger Stimme.
Wie konnte er nur! Ich hatte gerade inoffiziell erfahren, dass er irgendein komisches Wesen war über das ich rein garnichts wusste und verlangte von mir, dass ich jetzt nach Hause gehen sollte!?
"Wenn du nicht gehen willst, werde ICH dich nach Hause bringen und glaub mir das wird nicht schön!" Sein Gesicht verdunkelte sich und ich meinte wieder ein paar von den schwarzen Adern auf seinem Gesicht zu sehen. Ich wusste nicht woher er wusste was ich dachte, aber ich wollte nicht widersprechen oder ihm auf die Nerven gehen, da ich die Ahnung hatte, dass das sehr schmerzhaft für mich ausgehen konnte.
"Wir sehen uns morgen um 7:00 Uhr hier! Dann werde ich dir mal ein bisschen was erklären! Aber bis dahin will ich, dass du nach Hause gehst!" Mit diesen letzten Worten verschwand er und zwar auf die schnellste Art und Weise die ich je gesehen hatte, er war einfach weg, wie in Luft aufgelöst.
Ich stand noch kurz da und wartete, dass mein Herz wieder anfing zu schlagen, meine Beine sich wieder bewegen ließen und mein Atem wieder halbwegs normal war, dann rannte ich in den Wald hinein und rannte wieder meinen Gedanken hinterher, die mir komischer Weise wieder einmal den Weg nach Hause zeigten.
Daheim angekommen, legte ich mich in mein Bett und schaute meine Wand an.
Was ist dort draußen im Wald vorgefallen? Was war das? Was ist er? Und warum habe ich mir diese Unterhaltung nur ganz anders vorgestellt?
Gedanken über Gedanken rasten durch meinen Kopf hindurch und quälten mein Gehirn aufs Übelste.
Ich konnte es nicht erwarten morgen mehr zu erfahren, mehr zu wissen, mehr zu kennen und mehr herauszufinden.
Ich lächelte. Das Lächeln wurde größer und größer und breitete sich zu einem Grinsen aus, dabei wusste ich nicht einmal warum ich so froh war, weil ich nicht gestorben bin? Weil ich nicht gefoltert wurde? Weil es Morris war und ich damit recht hatte? Oder einfach nur weil ich nun wusste, dass es übernatürliche Sachen gab?
Erschöpft von meinen Gedanken schlief ich ein und zum ersten Mal seit ein paar Wochen, schlief ich wieder seelenruhig und ohne einen lebensechten Traum der wieder irgendeinen Schmerz an einer meiner Körperstellen zur Folge hatte.

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Kill me!
FantasyWas mir widerfahren ist kann ich nicht beschreiben, ich kann nicht dran denken ohne Angst zu bekommen und dem Drang zu unterliegen mehr darüber zu erfahren. Irgendetwas hat mein Leben verändert und ich weis nicht ob ich glücklich darüber sein, ode...